Anzeige

Antworten Ingolstädter Politiker zum Rückkauf der Stadtwerke

Antworten Ingolstädter Politiker zum Rückkauf der Stadtwerke

(tt) Die "Frage der Woche" bei O-T(h)öne lautet:

"48,4% der Stadtwerke Ingolstadt Beteiligungen GmbH wurden im Jahr 2001 an die MVV Energie AG verkauft. Wie stehen Sie zu einem Rückkauf der MVV-Anteile? Worauf basiert Ihre Haltung?"

Patricia Klein (CSU-Fraktionsvorsitzende), Petra Kleine (Oberbürgermeisterkandidatin der GRÜNEN), Christian Scharpf (SPD), Christian Lange (BGI), Peter Springl (Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler), Jürgen Köhler (Oberbürgermeisterkandidat der UDI), Raimund Köstler (ÖDP), Jakob Schäuble (Oberbürgermeisterkandidat der FDP)  und Christian Pauling (Oberbürgermeisterkandidat der LINKEN) wurden am 3. November um eine Antwort gebeten.

Nachfolgend die bewusst ungekürzten und redaktionell nicht bearbeiteten Rückäußerungen, in der Reihenfolge des Eingangs der Beantwortung. O-T(h)öne bedankt sich für die Beantwortung des Fragenkomplexes bei allen politischen Akteuren, die mitgewirkt haben.

Christian Lange, Oberbürgermeisterkandidat der Bürgergemeinschaft (BGI):

"Die BGI hat bereits im Juni 2015 den Antrag gestellt, dass die Stadt Ingolstadt bei den Stadtwerken wieder zu 100% Eigentümerin wird und die Anteile der Mannheimer Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (MVV) Energie AG zurückkauft. Die FW-Fraktion hatte im Juni 2015 als Ergänzung Fragen zum Rückkauf gestellt und nochmals im April 2018 einen Antrag auf Erteilung der erforderlichen Auskünfte zum Rückkauf gestellt. Leider wurde dieser Prüfungsantrag aus dem Frühjahr 2015 bis heute nicht durch die Verwaltung bearbeitet.

Am Ziel des Rückkaufs zum Ende des Jahres 2021 halten wir als BGI fest, da wir weiterhin die Stadtwerke als kommunalen Versorger sehen, der ausschließlich in kommunaler Hand sein sollte. Anderen Konzernen, die Anteile an unseren Stadtwerken kaufen, geht es nur um die Erzielung einer vernünftigen Rendite, die den Aktionären und Anteilseignern schmackhaft gemacht werden kann. Kommunale Stadtwerke sollten aber kein bloßes Investitionsobjekt für Dritte sein, da dadurch ihre Erträge in den Vordergrund gerückt werden und die Aufgabe der Daseinsvorsorge dahinter zurücktritt. Die Re-Kommunalisierung der kommunalen Energieversorger ist ein bundesweiter Trend, da der Einfluss der Investoren auf die Geschäftspolitik der Stadtwerke in manchen Bereichen negative Auswirkungen hatte. Auch Ingolstadt sollte sich aus unserer Sicht diesem Trend anschließen.

Für den 05.12.2019 hat der Oberbürgermeister dem Stadtrat eine ausführliche Berichterstattung zu diesen Anträgen zugesagt. Danach werden wir so schnell wie möglich mit dem Prozess der Vorbereitung des Rückkaufs beginnen müssen, um die Fristen bis Ende 2020 nicht zu versäumen."

Dr. Christian Scharpf, Oberbürgermeisterkandidat der SPD:

"Im Zuge des Neoliberalen-Mainstreams seit den 90er-Jahren haben viele Kommen den Fehler begangen und ihr Tafelsilber verscherbelt. So wurden etwa Wohnungsgesellschaften veräußert mit der Folge, dass Mieter nicht mehr geschützt und höheren Mieten der privaten Investoren ausgesetzt waren, und es wurden eben auch Stadtwerke ganz oder wie in Ingolstadt teilweise veräußert. Das war ein Fehler, den viele Kommunen mittlerweile auch eingesehen haben. Die Daseinsvorsorge gehört in städtische Hand! Gerade das Energiegeschäft ist eine „cash cow“, mit deren Erlösen Verlustbereiche wie öffentlicher Nahverkehr oder Schwimmbäder finanziert werden können. Dass die Finanzierung dieser Bereiche im Querverbund durch die Rechtsprechung aktuell gefährdet ist, ist ein anderes Thema. Der Querverbund muss zum Wohle der Bürger unbedingt erhalten bleiben; zur Not muss hier die Politik einschreiten und entsprechende Lösungen suchen.

Durch den Verkauf etwa der Hälfte der SWI-Anteile gehen der Stadt Ingolstadt somit auch 50% der Gewinneinnahmen verloren und sie hat damit weniger Finanzmittel, etwa zum dringend notwendigen Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs, zur Verfügung. Die Stadt Ingolstadt hat seit dem Anteilsverkauf auch nicht mehr die politischen Einflussmöglichkeiten auf die Stadtwerke: So haben die Stadtwerke München zum Beispiel den Auftrag vom Stadtrat bekommen, dass bis 2025 ganz München mit Ökostrom versorgt und bei der Wärmeversorgung bis 2040 der Münchner Bedarf an Fernwärme CO2-neutral gedeckt wird. Diese politischen Einflussmöglichkeiten auf das eigene Unternehmen sind bei einem Verkauf von Anteilen natürlich sehr beschränkt. Wenn es sich finanziell irgendwie darstellen lässt, bin ich deshalb unbedingt für den Rückkauf der Stadtwerke-Anteile."

Hans Stachel, Stadtrat, Fraktion der Freien Wähler:

Die Stadt Ingolstadt hat generell die Möglichkeit, die Stadtwerke zurückzukaufen, oder genauer gesagt, den rund 48-prozentigen Anteil, den die Stadtwerke Mannheim halten. Die Stadt kann den entsprechenden Konsortialvertrag zum 31. Dezember 2021 kündigen, mit einer Frist von einem Jahr. Das will aber wohl überlegt sein. Der Preis, also der Anteil am Unternehmenswert - vermute ich, wird des Weiteren aller Voraussicht nach strittig sein und wird nachträglich von Gutachtern ermittelt werden müssen.

Aber davon abgesehen, muss einer derartigen Transaktion auf jeden Fall eine gründliche Abwägung des Für und Wider vorausgehen. Dafür spricht, dass die Stadt nach einem Rückkauf wieder allein und ohne Mitsprache von außen die Energieversorgung in Ingolstadt gestalten kann. Das heißt, sie hat auch politisch den vollen Zugriff auf die Entscheidungen der Stadtwerke. Für einen Rückkauf zum jetzigen Zeitpunkt spricht außerdem, dass die Zinsen äußerst günstig sind. Die Tilgung eines Darlehens, das die Stadt für den Rückkauf aufnehmen könnte, ließe sich z. B. über 20 Jahre bequem aus den Gewinnen der Stadtwerke bezahlen.

Diese Rechnung geht aber nur auf, wenn die Gewinne der Stadtwerke auch in Zukunft so „sprudeln“ wie in den vergangenen Jahren. Dahinter muss ein dickes Fragezeichen gesetzt werden. Der Energiemarkt ist bereits stark reguliert, und daran wird sich nichts verbessern - Durchleitungsgebühren, EEG-Abgabe, CO2-Bepreisung, u. s. w. . Mittel- und langfristig ist davon auszugehen, dass sich der Wettbewerb auf dem Energiemarkt noch verschärfen wird, womit sich die Frage nach der Wettbewerbsfähigkeit und künftigen Gewinnen stellt.

Aus meiner Sicht ist eine abschließende und zuverlässige Antwort auf die Frage des möglichen Rückkaufs der Stadtwerke heute nicht sicher möglich. Die damit verbundenen Unsicherheiten sind einfach noch zu groß. Die Freien Wähler haben vorausschauend veranlasst, dass die Stadtverwaltung Informationen zum möglichen Stadtwerkerückkauf im letzten Sitzungsdurchlauf 2019 des Stadtrats gibt. Vielleicht sehen wir dann klarer."

Raimund Köstler, Oberbürgermeisterkandidat der ÖDP:

"Die ÖDP Ingolstadt steht seit Jahren für den Rückkauf der Stadtwerke Ingolstadt. Gerade vor dem vom Stadtrat beschlossenen Programm der „Nachhaltigkeitsagenda Ingolstadt“ ist es notwendig, auch den dafür erforderlichen politischen Handlungsspielraum für die Stadt Ingolstadt zu schaffen. Der schnelle Ausstieg aus atomaren und fossilen Energien ist durch den Rückkauf der Stadtwerke zu ermöglichen. Für die lokale Umsetzung der Energiewende sind die Stadtwerke wieder zu 100 Prozent in öffentliche Hand zurückzuführen."

Anzeige

Datenschutz

Diese Webseite verwendet Cookies. Einige Funktionen (z.B. eingebundene Videos) können ohne den Einsatz dieser Cookies nicht angeboten werden.

Weitere Infos zum Datenschutz