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Antworten Ingolstädter Politiker zur Zukunft des Nahverkehrs

Antworten Ingolstädter Politiker zur Zukunft des Nahverkehrs

(tt) Die "Frage der Woche" bei O-T(h)öne lautet:

„Der Aufsichtsrat der Ingolstädter Verkehrsgesellschaft GmbH (INVG) hat jüngst eine „ÖPNV Initiative 2020 Plus“ beschlossen, mit teilweisen Verbesserungen bei Taktzeiten und der Linienführung. Sind diese Maßnahmen ausreichend für einen attraktiven öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) der INVG? Falls nicht, welche weiteren Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht notwendig?“

Die CSU-Fraktionsvorsitzende im Ingolstädter Stadtrat, die Oberbürgermeisterkandidatin der GRÜNEN und die  Oberbürgermeisterkandidaten der SPD, der Bürgergemeinschaft (BGI), der FREIEN WÄHLER, der Unabhängigen Demokraten (UDI), der ÖDP, der FDP und  LINKEN wurden am 15. Dezember um eine Antwort gebeten.

Nachfolgend die bewusst ungekürzten und redaktionell nicht bearbeiteten Rückäußerungen, in der Reihenfolge des Eingangs der Beantwortung.

O-T(h)öne bedankt sich für die Beantwortung des Fragenkomplexes bei allen politischen Akteuren, die mitgewirkt haben.

Dr. Christian Scharpf, Oberbürgermeisterkandidat der SPD:

„Die beschlossenen Verbesserungen sind nur ein erster Schritt in die richtige Richtung, aber auch nicht mehr. Über viele Jahre wurden zahlreiche Vorstöße der SPD, Verbesserungen im ÖPNV herbeizuführen, von der Rathausmehrheit abgeschmettert. Vor allem die Einführung alternativer Massenverkehrsmittel wurde komplett verschlafen. Drei Monate vor der Kommunalwahl wird plötzlich die „Liebe" zum ÖPNV entdeckt. Nicht sehr glaubwürdige Politik; ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Die SPD hat ihre umfangreichen Vorschläge bereits ausführlich vorgestellt. Sie sind unter folgenden Links abrufbar:
https://www.christian-scharpf.de/post/der-öffentliche-nahverkehr-in-ingolstadt, https://www.christian-scharpf.de/post/regio-bahn-ingolstadt, https://www.christian-scharpf.de/post/zukunft-der-mobilität-für-ingolstadt"

Raimund Köstler, Oberbürgermeisterkandidat der ÖDP:

Die ÖDP begrüßt ausdrücklich Maßnahmen, um den ÖPNV in Ingolstadt voranzubringen. Unser langes Anprangern einer fehlgeleiteten Sparpolitik beim ÖPNV hat nun endlich Erfolg. Wir freuen uns über die Einsicht, dass nur ein verbessertes Angebot die Verkehrswende voranbringen kann. Dies ist ein wichtiger Schritt für den Klimaschutz. Scheinbar ist hier endlich kurz vor der Wahl Handlungsbedarf erkannt worden.

Besonders freue ich mich über die Annahme unseres Vorschlags, das Angebot bei den Nachtlinien zu verbessern. Wir vermissen aber beim Maßnahmenpaket weitere wichtige und notwendige Verbesserungen, die durch uns und die anderen Oppositionsparteien seit Jahren gefordert werden. Beispielhaft sei hier jene Verbindung der beiden Stadtteile im Westen erwähnt, die schon seit vielen Jahren im Zusammenhang mit Überlegungen zu Linienführungen über die Staustufe und zuletzt mit einer Seilbahn immer wieder für Diskussionen gesorgt hat. Hier wäre unser pragmatischer Vorschlag die Einführung einer Express-Buslinie zwischen unseren beiden städtischen Haupt-Wachstums-Achsen, den Stadtteilen Nordwest und Südwest. Manche Maßnahmen des beschlossenen Pakets erscheinen dagegen überstürzt. Ob jetzt wirklich ausgerechnet die Linien 21 und 70 am dringlichsten einer Taktverkürzung bedürfen, ist fraglich: Selbst das Beratungsunternehmen GEVAS hat bei seinen Empfehlungen in der INVG-Situationsanalyse 2019 die Linie 70 nicht erwähnt. Ein Ausbau der Linie 21 wird empfohlen, aber vor allem wegen des Südastes zum im Aufbau befindlichen IN-Campus. Und dieser Südast ist noch nicht Teil des vorliegenden Ausbauprogramms.

Auch im Bereich der Digitalisierung könnte ein echter Nutzen erzielt werden, wenn der Begegnungsverkehr unserer Busse gesteuert werden würde. Jede Anzeigentafel an den Bushaltestellen und auch die INVG-App wissen, wo genau unsere Busse unterwegs sind – aber leider nicht die Busfahrer selbst!

Bei engen Straßen und besonders in der Moritzstraße und Am Stein sollte immer nur ein Bus unterwegs sein. Wir reden lauthals über Digitalisierung und was das alles ermöglicht, und dann wissen die Busse erst voneinander, wenn sie mit der Schnauze voreinander stehen.

Christian Lange, Oberbürgermeisterkandidat der Bürgergemeinschaft (BGI):

Im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) hat Ingolstadt Nachholbedarf. Um diesen Nachholbedarf zu analysieren, orientiert sich die Bürgergemeinschaft Ingolstadt an Kommunen, die erfolgreich einen attraktiven ÖPNV in ihrer Stadt aufgebaut haben, wie zum Beispiel Innsbruck. Die Ingolstädter Verkehrsgesellschaft (INVG) bedarf einer Neuausrichtung in vielerlei Hinsicht.

Mittelfristig wollen wir den ÖPNV in Ingolstadt um eine Stadtbahn ergänzen. Daher werden wir uns dafür einsetzen, dass ab Mitte 2020 geprüft wird, wie eine Ringbahn für Ingolstadt wirtschaftlich vernünftig geplant werden kann. Dazu gehört für uns auch ein Park-and-Ride-System an den Stadtgrenzen in Kooperation mit den Nachbarkommunen zu schaffen, um die Benutzung der Stadtbahn möglichst attraktiv auch für Menschen aus der Region zu machen.

Das bestehende Bus-Angebot der INVG bedarf einer deutlichen Attraktivitätssteigerung in vielerlei Hinsicht: Ab 2022 wollen wir in Ingolstadt ein Stadtticket für 1,00 EUR am Tag einführen. Im Regionalen Verkehrsverbund werden wir darüber hinaus den Vorschlag machen, zur selben Zeit ein Regionalticket für täglich 2,00 EUR einzuführen. Das gesamte Netz der INVG werden wir von Experten überarbeiten lassen und durch ein „Spinnennetz-System“ mit Tangenten und Ringlinien sinnvoll ergänzen. So wird tagsüber auch die Taktung auf allen Linien der INVG mindestens auf einen 15-Minuten-Takt umgestellt. Bei den Investitionen werden wir einen radikalen Wandel der Beschaffungspolitik der INVG umsetzen und ab 2021 auch Elektrobusse anschaffen. Ebenso unterstützen wir die Idee einer Seilbahn und die Einführung von Ruf-Bussen zur Ergänzung des öffentlichen Nahverkehrs in unserer Stadt.

Christian Pauling,  Oberbürgermeisterkandidat der LINKEN

In meiner Wahrnehmung ist der öffentliche Nahverkehr in Ingolstadt aktuell keine wirkliche Alternative zum Auto. Das muss sich dringend ändern, nicht nur wegen der Klimaproblematik, sondern auch weil Lebensqualität, Gesundheit  und Infrastruktur unter dem überbordenden Individualverkehr leiden.

Es wird von rechter Seite gern ein vermeintlicher Kampf gegen das Auto beschworen, jedoch ist das Gegenteil der Fall. Nach Studien des Verkehrsforschers Prof. Carsten Sommer kostet der Individualverkehr die Kommunen bis zu dreimal mehr als der ÖPNV. Diese Kosten fließen über verdeckte Subventionen in den Autoverkehr und sind größtenteils nicht gegenfinanziert. Es gilt hier gerechtere Zustände zu schaffen. Es kann nicht sein, dass umweltbewusste Bürger*innen über ihre Steuern den SUV Wahnsinn in den Städten mit bezuschussen müssen.

Im Gegenteil. Die Kommune hat eigentlich ein großes finanzielles und ökologisches Interesse die Attraktivität des ÖPNV zu stärken. Die Verbesserung der Taktung ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, genau wie die Überlegungen zu "on demand" Services. Es muss sich jedoch auch etwas beim Preis tun, denn Preis und Angebot klaffen in Ingolstadt bisher weit auseinander. Mit der Initiative 365invg.de habe ich deshalb mit ein paar anderen jungen Menschen ein Bürgerbegehren angeschoben, dass eine Preissenkung für den ÖPNV fordert. Kinder, Studierende, Azubis und Bedürftige (bspw. Rentner mit geringem Einkommen) sollen ganz umsonst fahren dürfen. Das ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit und der sozialen Teilhabe, sondern schafft auch in der jungen Generation eine größere Affinität für den ÖPNV.

Hans Stachel, Oberbürgermeisterkandidat der FREIEN WÄHLER

Der öffentliche Nahverkehr kommt jetzt richtig in Fahrt“, freut sich FW-Stadtrat und OB-Kandidat Hans Stachel über das Investitionsprogramm, das die INVG vor wenigen Tagen vorgestellt hat. Rund zehn Millionen Euro will die Ingolstädter Verkehrsgesellschaft im kommenden Jahr ausgeben, um neue Busse zu kaufen, Taktverdichtungen auf verschiedenen Linien einzuführen und die Digitalisierung voranzutreiben. „Damit sind wir auf dem richtigen Weg, um den öffentlichen Personennahverkehr in Ingolstadt auf Großstadtniveau zu bringen“, stellt Stachel fest. Mit dem Investitionsprogramm setzt die INVG wesentliche Teile der ÖPNV-Strategie um, die CSU und FW gemeinsam erarbeitet und im Juli vorgestellt haben.
Neben der Modernisierung der Busflotte, wozu auch die Anschaffung von 16 Hybridbussen gehört, bewertet Stachel vor allem die geplante Taktverdichtung auf den Linien 70 und 21 sehr positiv. Auf der Linie 70 (Klinikum-Mailing) werden die Busse künftig (zwischen Regensburger Str. und Klinikum) alle zehn Minuten fahren, was es bisher im Ingolstädter ÖPNV nicht gab. Auf der Linie 21 Mailing - Rathausplatz kommen die Busse künftig alle 15 Minuten.

Besonders erfreut sind die Freien Wähler, dass mit der völlig neuen Linie 59 eine direkte Verbindung zwischen Etting und dem Klinikum eingeführt wird. Damit wird laut Stachel eine alte Forderung der Freien Wähler erfüllt. Die Linie 59 soll im Halb-Stunden-Takt verkehren und auch die Landesgartenschau sowie den neuen Bahnhof Ingolstadt Audi anfahren. Start ist am 24. April 2020, dem Eröffnungstag der Landesgartenschau.

Für die Zukunft plädieren die Freien Wähler noch für eine stärkere Nutzung der Bahnstrecken auch für innerstädtischen Fahrten, so wie dies u.a. von der ÖDP seit längerem angeregt wird. So gäbe es die Möglichkeit, zusätzliche Bahnhalte einzurichten, zum Beispiel auf Höhe der B16 in Zuchering. Auch für eine bessere Verbindung zwischen dem Süden und Norden Ingolstadts könnte das vorhandene Schienennetz genutzt werden. Ringlinien um die Altstadt, eine stärkere Nutzung des ÖPNV Knotens am Hauptbahnhof könnten neue Impulse für den Nahverkehr geben.

Eine stetige Optimierung der Anschlussverbindungen erscheint mir besonders wichtig. Aber bitte nicht alles auf einmal – eine permanente Evaluation, auch im Hinblick auf Nachhaltigkeit, ist erforderlich – und der Mut auch mal etwas auszuprobieren – und bei Nichterfolg kein Scherbengericht, sondern Korrekturen mit den neu gewonnen Erkenntnissen.

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