Der Nachrichtenkanal O-T(h)öne führte ein langes und ausführliches Gespräch mit dem Oberbürgermeisterkandidaten des Wahlbündnisses aus SPD, Grünen, Linken, ÖDP und UWG. Lesen Sie heute den dritten Teil.
O-T(h)öne: Der Stadtrat ist auch Kontrollorgan, er kontrolliert die Verwaltung und auch den Chef der Verwaltung, den Oberbürgermeister. Schafft man es tatsächlich, diese Kontrollfunktion als ehrenamtlicher Stadtrat richtig und gut auszuüben, angesichts der Komplexität der Verwaltung und der vielen Beteiligungsunternehmen?
De Lapuente: Als Oberbürgermeister muss man in manche Aufgaben auch hineinwachsen. Das ist bei Christian Scharpf auch so gewesen. Er war sehr nah am Oberbürgermeister in seiner Arbeit in München und hatte tiefe Einblicke, die ich auch mittlerweile habe, diesen tiefen Einblick.
O-T(h)öne: Christian Scharpf hat im Wahlkampf gesagt, er habe Oberbürgermeister gelernt.
De Lapuente: Er hat gelernt, genau, er hat quasi bei einem Oberbürgermeister sehr nah gearbeitet. Ich könnte jetzt auch sagen, ich habe vier Jahre lang sehr nah am Oberbürgermeister mitgewirkt und habe es da lernen können. Ich glaube, dass es eine große Herausforderung ist für eine Stadt, die so groß ist, die sicherlich viele Töchter, viele Beteiligungen hat, den Überblick zu behalten. Damit man den Überblick nicht verliert, muss es gut strukturiert sein. Ich glaube, mit dem Beteiligungsmanagement, mit den Beiräten, mit den Aufsichtsräten in unseren Beteiligungen besteht ein gutes Überwachungsorgan. Der Oberbürgermeister ist in vielen Beteiligungen der Aufsichtsratsvorsitzende. Was aber in dieser Amtsperiode gut war, dass eben nicht der Oberbürgermeister in jeder Beteiligung diesen Aufsichtsrat besetzen muss, sondern dass die Bürgermeisterinnen Deneke-Stoll und Petra Kleine einen Aufsichtsrat übernommen haben, damit dieser Verantwortungsbereich eben nicht nur von einem Oberbürgermeister betrachtet wird. Die Aufgabenaufteilung dieser Stadtspitze war genial, damit nicht einer mit dieser Last zusammenfällt und diese gar nicht mehr bewältigen kann, sondern die Stärken und Kompetenzen in dieser Stadtspitze gleichmäßig verteilt sind.
O-T(h)öne: Meine Frage zielte in eine andere Richtung.
De Lapuente: Dann probieren Sie es mal.
O-T(h)öne: Um im Verwaltungsrat der Sparkasse tätig zu sein, braucht es zwingend eine Finanzexpertise, die man nachweisen muss. Wäre es denn nicht sinnvoll und wichtig, dass Stadtratsmitglieder, die die Kontrollfunktion in der Stadt haben und in den Aufsichtsräten der Beteiligungsunternehmen, wo Millionen von Euro bewegt werden, auch eine gewisse Expertise nachweisen müssen? Ich denke an eine der letzten Sendungen „Hart aber fair“. Hier fiel die Aussage, die Krise bei VW habe auch damit zu tun, wie man den Aufsichtsrat. Dass dort eine Kulturministerin im Aufsichtsrat sitzt, die ja vielleicht von Kultur Ahnung hat, aber nicht von Automobilindustrie. Gibt es da nicht eine gewisse Analogie zu den Aufsichtsräten, die mit Stadträten besetzt sind?
De Lapuente: Naja, deswegen habe ich es ja gerade so eingeführt, dass die Stadtspitze sich die Aufsichtsräte quasi auch nach ihrer Kompetenz logischerweise aufteilt. Ich glaube, dass man schon in dieser Stadtspitze versucht, seine Kompetenzen in diesem Bereich mit einzubringen.
O-T(h)öne: Bei meiner Fragestellung geht es ja nicht um die Stadtspitze, sondern es geht…
De Lapuente: Ja, aber es sind ja alle in den Aufsichtsräten.
O-T(h)öne: Es geht bei der Fragestellung um die Mitglieder des Aufsichtsrates. Jedes einzelne Aufsichtsratsmitglied hat ein eigenes Stimmrecht und muss die Kontrollfunktion ausüben und darlegen können. Der Oberbürgermeister hat dabei nur eine Stimme. In der Frage ging es nicht um die Qualifikation von Herrn Scharpf, Frau Deneke-Stoll oder Frau Kleine. Es geht um die fachliche Qualifikation der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder.
De Lapuente: Da ist es ja wirklich so, dass wir bei Beginn der neuen Amtsperiode 2020 natürlich versucht haben, unsere Stadtratsmitglieder in diese Aufsichtsräte so zu platzieren, was diese auch schon mitbringen aus ihrem Leben. Natürlich macht es Sinn, dass ein Anton Böhm in einem Aufsichtsrat des Klinikums sitzt.
O-T(h)öne: Sie sprechen jetzt für die SPD?
De Lapuente: Genau, ich nenne Beispiele aus der SPD-Stadtratsfraktion. Natürlich sitze ich im COM-IN-Aufsichtsrat, da ich Themen angreife, die ich überblicke. Deswegen glaube ich schon, dass die Fraktionen schon immer die Aufsichtsräte so besetzen, was diese mitbringen. Vielleicht ist es auch ganz gut, dass es oft Menschen sind, die aus dem richtigen Leben kommen, dass sie nicht nach dem BWL-Studium dann irgendwo was leiten und in einen Aufsichtsrat mit drinsitzen, sondern Menschen, die aus einer Berufserfahrung wie Dr. Böhm, Kompetenz in einen Aufsichtsrat mit reinbringen, die man vielleicht an anderer Stelle so nicht hat, dieses Nahe, diese Praxis. Sie haben die Sendung „Hart aber fair“ zum Thema Volkswagen angesprochen. Ich glaube, dass es auch ganz wichtig ist, dass da Kolleginnen und Kollegen drinsitzen, die wissen, wie die tägliche Praxis in den Unternehmen läuft, die vielleicht nicht jede Zahl hinter dem Komma sofort kennen, aber die wissen, auf was es bei wichtigen Entscheidungen in den Unternehmen ankommt. Da ist es wichtig, dass die Kolleginnen und Kollegen die Belegschaft hinter sich stehen zu haben. Da bringen die Kollegen wirklich viel mit in ihrer Gremienarbeit.
O-T(h)öne: Wie wichtig ist für Sie eine freie, unabhängige Medienlandschaft in Ingolstadt, die auch investigativ in der Kommunalpolitik recherchiert und Politiker kritisch hinterfragt?
De Lapuente: Natürlich ist das wichtig. Die freie Pressearbeit darf kritisch sein. Sie muss aber ehrlich sein, das ist das Wichtige. Ich erlebe gerade, wenn man Richtung Amerika schaut, zu den dort anstehenden Wahlen, wie Presse auch sich sehr einseitig umschlagen kann. Deswegen muss Presse kritisch sein, aber sie darf Fakten nicht verwischen.
O-T(h)öne: Wenden wir uns dem großen Themenblock Klinikum Ingolstadt zu. Ein kommunales Unternehmen, das für die Bevölkerung sehr wichtig ist und über 3000 Mitarbeitende beschäftigt. Im Aufsichtsrat dort gab es heftige Diskussionen zu den Tarifverträgen der Servicekräfte, vor der jetzigen Anwendung des Tarifvertrages des Öffentlichen Dienstes. Besteht die Gefahr, dass aufgrund der Haushaltslage der Stadt die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter künftig wieder schlechter bezahlt werden?
De Lapuente: Das dürfen wir nicht zulassen, das ist unsere Aufgabe. Wir stehen jetzt vor den Haushaltskonsolidierungen, jeder Stein wird umgedreht. Wir müssen halt auch wissen, welche Steine wir umdrehen, aber auch wieder hinlegen und sagen, da ist kein Bedarf da. Aus der heutigen Sicht sehe ich da Sparbedarf an jeder Ecke, aber diesen Stein, den dürfen wir nicht aufheben. Die Menschen leisten hier einen tollen Job: Das Klinikum muss funktionieren und deswegen ist das Gutachten, auf das wir bestimmt noch zu sprechen kommen, der wichtigste Schritt, um nicht Geld bei den Beschäftigten zu holen. Ganz im Gegenteil, wir müssen die Einnahmen- und Ausgabensituationen an anderer Stelle des Klinikums verbessern und da ist das Gutachten sicherlich ein wertvoller Schritt.
O-T(h)öne: Jüngst ist das Thema Universitätsklinikum wieder aufgekommen. Das hat man vor 20 Jahren in den Gremien des Klinikums schon mal behandelt, danach ist es immer wieder aufgetaucht. Das ist also kein neues Thema. Die Politik hat es damals trotz eines Ministerpräsidenten und einer Sozialministerin aus Ingolstadt nicht geschafft, ein Universitätsklinikum zu bekommen. Wie realistisch ist tatsächlich, ein Universitätsklinikum nach Ingolstadt zu bekommen?
De Lapuente: Die Hoffnung stirbt zuletzt. Der Ruf darf auch nicht zu Ende gehen. Ich glaube, dass man langfristig immer noch dranbleiben sollte, aber die Hoffnung, dass das die nächsten 5-10 Jahre passiert, die sehe ich gerade nicht.
O-T(h)öne: Von welcher Zeitschiene gehen Sie aus?
De Lapuente: Wenn man den Ruf lang aufrechterhält, glaube ich, dass es vielleicht in den nächsten 15-20 Jahren etwas werden könnte. Ein wenig abhängig auch davon, wie die Gesundheitsreform wirkt. Lauterbach hat mutige Entscheidungen getroffen. Er hat klar gesagt, Krankenhausstrukturen sind ein Problem in diesem Land und wer sie sich jetzt nicht anpackt und auf Vordermann bringt, der wird langfristig ein Problem haben. Ich glaube, dass dieser Prozess nochmal entscheidend ist, ob Ingolstadt zukünftig Level-3-Klinikum wird.
O-T(h)öne: Sie haben das Gutachten zur Medizinstrategie der Region angesprochen. Das hat das Ziel der Zusammenarbeit in einem sogenannten Speichenmodell mit den Kliniken der umgebenden Landkreise. Eine Universitätsklinik hat eine völlig andere Ausrichtung als das Speichenmodell. Wie lässt sich das Universitätsklinikum und das Speichenmodell vereinbaren?
De Lapuente: Kurzfristig gar nicht, weil es ein anderes Modell ist und trotzdem wäre die Chance natürlich da, dass man die Kliniken aus diesem Speichenmodell mit in dieses Universitätsklinikum Ingolstadt einbindet. Das könnte funktionieren und funktioniert auch in anderen Städten. Aber aktuell ist die Zusammenarbeit, nach dem Gutachten, erst einmal anders ausgerichtet als regionale, strukturierte Zusammenarbeit der Kliniken.
O-T(h)öne: Wenn das Universitätsklinikum nicht kommt, ist dann das Ziel, dass das Klinikum Versorger der Stufe 3 wird?
De Lapuente: Muss es werden. Ich glaube, dass die Stufe 2 schon mal ganz deutlich macht, dass wir in Ingolstadt ein großes Haus haben, das einen guten Ruf hat. Dass die Leistungen, die dort abgebildet sind, so attraktiv sind, dass die Menschen auch zu unserer Klinik kommen. Wir haben ja oft das Problem, dass Menschen ein Riesenklinikum vor der Tür haben wollen, wenn es aber dann selbst eine Operation ansteht, dann setzt man das Internet ein oder fragt Freunde nach Erfahrungen zur Operation an der Hüfte oder am Knie. Da kann die Knie- oder Hüftoperation am Klinikum Ingolstadt noch so gut sein, dann fährt man nach Hamburg in die Klinik, weil da zwei Knie am Tag mehr operiert werden.
O-T(h)öne: Wie lässt sich dagegen steuern?
De Lapuente: Indem man ein attraktives Bild abgibt als Klinikverbund, damit die Menschen, die eine Knieoperation benötigen, sagen, das mache ich in Ingolstadt, weil der Ruf einfach so gut ist. Da haben auch die Hausärzte Verantwortung. Der Hausarzt ist derjenige, wenn der Patient dort sitzt und fragt, wo soll ich denn meine Hüfte machen lassen? Wenn der Arzt sagt, geh zum Starnberger See, dann ist der Patient fort. Das ist so.
O-T(h)öne: Wobei ja gerade die Endoprothetik, wie Knie und Hüfte, nach dem Gutachten nicht mehr im Klinikum Ingolstadt durchgeführt werden soll, sondern in den kleineren Häusern in der Region.
De Lapuente: Das ist richtig, aktuell ist es noch nicht so. Trotzdem merkt man, dass auch Hausärzte natürlich aus ihren Erfahrungen, und das kann man denen gar nicht übel nehmen, aufgrund ihrer Patienten nach Starnberg oder anderswo hinschicken und uns diejenigen Patienten aus der Region fehlen. Das Ziel muss es sein, einen attraktiven Standort Ingolstadt zu haben mit Auswärtsstellen, wo gute Genesung, gute Erfahrungsberichte, Ärzte gerne hinschicken.
O-T(h)öne: Im Hinblick auf Ihre letzten Ausführungen zur Endoprothetik, befürchten Sie nicht, dass Patienten lieber für Hüft- und Knieoperationen an ein größeres, renommiertes Krankenhaus gehen als an eine Kreisklinik in der Region?
De Lapuente: Ich war vor zwei Wochen bei einem kleinen Ärztekongress und habe mir von den Ärzten den Krankenhausatlas erklären lassen, der darlegt, in welche Klinik man bei welcher Erkrankung gehen kann. Ich habe gelernt, dass es eben nicht immer nur die beste Klinik ist, wo die meisten Operationen gemacht werden, sondern in der Mitte steckt die Wahrheit. Die besten Erfahrungsberichte sind dort, wo nicht die wenigsten, aber auch nicht die meisten Eingriffe stattfinden. Die Kliniken, die sich im Mittelfeld bewegen, haben oft die beste Bewertung und die besten Genesungen und nicht die Kliniken, an denen die meisten Operationen durchgeführt werden.
O-T(h)öne: Ist der Qualitätsatlas der AOK denn nicht zuverlässig?
De Lapuente: Naja, er ist zuverlässig in dem, dass er sagt, wo die meisten gemacht werden, aber mehr kann man nicht herauslesen. Ich glaube, da ist auch die Stellschraube schon nochmal anzupassen, was man da herauslesen kann. Wenn man nur herauslesen kann, wo die meisten Operationen gemacht werden, ist das eine Information, die sicherlich für einen wichtig ist, aber das muss nicht automatisch heißen, dass diese Klinik das deutlich besser macht als andere.
O-T(h)öne: Ist dann Lauterbachs Ansatz der Mindestmengen falsch?
De Lapuente: Er gibt ja in seiner Reform nicht vor, dass es eindeutig sein muss, wo die meisten gemacht werden.
O-T(h)öne: Er gibt Mindestmengen vor.
De Lapuente: Genau, er gibt Mindestmengen vor, sodass man sagt, naja, eine Geburtsstation, die in der Woche nur zwei Kinder auf die Welt bringt, wird sich wirtschaftlich nicht rechnen, aber qualitativ wahrscheinlich auch nicht, sodass Mindestmengen vorgegeben werden. Ich glaube, dieser Ansatz ist gut. Aber was ich sagen will und das ist ganz wichtig, auch für das Interview: Nicht die, die die meisten machen, sind immer die besten. Ich glaube, es gibt viele Kliniken, die nicht an der Spitze der Fallzahlen sind und trotzdem eine hervorragende Leistung in der Qualität abbilden.
O-T(h)öne: Welche Abteilungen fehlen aktuell am Klinikum Ingolstadt?
De Lapuente: Das ist eine schwierige Frage, da müsste ich nochmal den stärkeren Überblick drauf bekommen. Ich weiß, dass viele Abteilungen einen guten Job machen, aber was fehlt, weiß ich nicht, das kann ich jetzt so nicht überblicken.
O-T(h)öne: Müssten Entscheidungen im Klinikum schneller fallen? Der Spatenstich für die psychiatrische Klinik war vor einigen Wochen. Die Planungen dazu begannen schon 2016. Warum dauert so etwas so lange?
De Lapuente: In diesem Krankenhauszweckverband sprechen natürlich auch viele Stimmen. Der Bezirk ist ja auch eine Stimme, die noch mit dabei ist. Ich finde, dass insgesamt Entscheidungsprozesse nicht nur im Klinikum viel zu lang dauern. Als junger Stadtrat, wenn man in dieses Gremium einzieht, muss man erstmal feststellen, dass alles irgendwie gefühlt seine Zeit braucht. Deswegen, ja, es könnte deutlich schneller gehen, aber die Entscheidungsprozesse mit so vielen Beteiligten brauchen auch ihre Zeit.
O-T(h)öne: Wie sieht denn das Konzept zur weiteren Generalsanierung am Klinikum aus?
De Lapuente: Ich habe jetzt nicht im Kopf, wie der Plan genau aussieht zur Generalsanierung – wir haben ja schon viele Dinge umgesetzt, den OP-Bereich, auch den Eingangsbereich. Im Zusammenhang mit dem Gutachten und dem Speichenmodell wird die Sanierung nochmal brisanter. Wir müssen dieses Krankenhaus in einen guten Zustand bringen. Wenn die Klinik Kösching wirklich die Notaufnahme schließt, ist die jetzige Notaufnahme am Klinikum nicht ausreichend. Wir müssen überlegen, wie wir kurzfristig damit umgehen. Containerlösungen waren schon einmal im Gespräch. Ich glaube, dass das aber nicht die günstigste Lösung und die beste Lösung für die Notaufnahme ist. Es besteht ganz großer Bedarf zu handeln. Der Abbau des Sanierungsstaus am Klinikum Ingolstadt muss schneller voranschreiten.
O-T(h)öne: Die Sanierung des Klinikums ist haushaltsrelevant für den Haushalt der Stadt Ingolstadt. Welche Kosten fallen denn schätzungsweise vom Beginn der Generalsanierung bis zur Fertigstellung an?
De Lapuente: Die Summe kann ich natürlich jetzt nicht nennen, aber es ist natürlich ein hoher Betrag. Es gibt zwei große Baustellen der Stadt, die uns natürlich Sorgen machen. Das ist der Betrieb des Klinikums und die Generalsanierung dort. Ferner steht beim Stadttheater Ingolstadt die Generalsanierung an. Beides muss gemacht werden. Ich glaube, das stellt keiner in Frage und auch in schwierigen finanziellen Zeiten muss die Stadt das anschieben.
O-T(h)öne: Wie wollen Sie als Oberbürgermeister verhindern, dass die Kosten der Sanierung sowohl beim Klinikum als auch beim Stadttheater so aus dem Ruder laufen wie beim Museum für Kunst und Design?
De Lapuente: Jetzt kriege ich gleich einen Frosch im Hals bei solchen Zahlen. Beim Museum für Konkrete Kunst könnte man jetzt in die Vergangenheit blicken, wer diesen Entwurf wollte. Es war bekannt, dass es schwierig wird, wenn man in den Boden mit reingeht. Dieses MKKD wird ein tolles Museum, das muss man ehrlicherweise sagen. Ich glaube, dass das auch ein Anziehungspunkt für Ingolstadt wird und dass wir viele Besucher von außerhalb bekommen. Das ganze Quartier G wird irgendwann mal einen tollen Eindruck bekommen. Es war aber erkennbar, dass dieses Modell des MKKD deutlich mehr Geld kostet, als prophezeit war. Wenn man nach unten gräbt, gerade an dieser Stelle, wo die ehemalige Gießerei war, an der Donau, ist es eben nicht so kalkulierbar wie ein Klinikum oder ein Stadttheater. Natürlich haben sich Baukosten über die letzten Jahre ganz anders entwickelt, als dies geplant war. Wir haben Gerhard Hoffmann mit an Bord, unser Referent fürs Thema Bauen, auch Ulrike Brandt, die mit dabei ist, die in ihren Planungen heute schon Kostensteigerungen mit einrechnen müssen, die man früher gar nicht in dieser Höhe mit eingerechnet hat.
O-T(h)öne: Noch einmal zurück zum Klinikum. Wann soll denn die Generalsanierung nach den jetzigen Plänen abgeschlossen sein?
De Lapuente: Die Zahl habe ich nicht im Kopf.
O-T(h)öne: In welchen Bereichen des Klinikums fallen im laufenden Betrieb die hohen Defizite des Hauses an und warum? Wenn ich mit Aufsichtsratsmitgliedern des Klinikums rede, habe ich den Eindruck, dass ihnen überhaupt nicht bekannt ist, wo die Defizite im Betrieb, nicht in der Generalsanierung, erwirtschaftet werden. Warum ist das so?
De Lapuente: Jetzt bin ich noch nicht im Aufsichtsrat vom Klinikum und habe auch manche Zahlen natürlich nicht zu Gesicht bekommen, logischerweise, wegen der Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsräte. Ich bekomme natürlich das Delta mit, das dort entsteht. Ich glaube, das ist Gesundheitswesen. Die Aufsichtsräte wissen das natürlich auch, dass es eine komplizierte Finanzierung ist, Fallpauschalen und alles, was eine Rolle spielt bei der Klinikumfinanzierung. Ich bin froh, dass dieses Lauterbacherische Gesetz davon Abstand nimmt, mit der reinen Fallpauschale die Finanzierung eines Krankenhauses vorzusehen, sondern mit Vorhaltepauschalen und alles mit einrechnet, dass sich ein Krankenhaus vielleicht ein wenig besser finanziert. Das wird aber das Ingolstädter Klinikum nicht alleine retten, sondern ganz im Gegenteil. Wir brauchen Synergieeffekte, die vielleicht entstehen mit den anderen Häusern, um die Kosten in den Griff zu bekommen.
O-T(h)öne: Wie stehen Sie zum Thema Privatisierung des Klinikums? Das heißt, wenn die finanziellen Defizite weiter davon galoppieren, entweder einen privaten Investor mit ins Boot zu holen oder zu sagen, wir als Kommune verkaufen das Klinikum. Es gibt vermutlich Konzerne, die bereit wären, dieses Klinikum in Ingolstadt zu übernehmen.
De Lapuente: Naja, man darf sich vor nichts verschließen, das ist immer mein Credo, aber trotzdem, mein Herz schlägt für ein kommunales Klinikum, das soll es auch bleiben. Ich glaube, private Unternehmen, die einsteigen, haben ein anderes wirtschaftliches Interesse als eine Stadt. Gesundheit darf auch etwas kosten. Die Frage ist, ob man es sich in dieser Größenordnung, wie es momentan ist, als Kommune langfristig noch leisten kann. Ingolstadt hat die goldenen Zeiten hinter sich und hat die Verluste des Klinikums immer tragen können. Es muss kein Null-auf-Null-Klinikum werden, trotzdem müssen wir die Kosten in den Griff bekommen. Ich glaube, wenn wir dieses Gutachten umsetzen, diesen neuen, den gemeinsamen Weg gehen, dass wir die Kosten als kommunales Haus auch in den Griff bekommen, ohne einen privaten, wirtschaftsgetrimmten Investor ins Klinikum zu holen.
Quelle: Eigene Berichterstattung
Anmerkung der Redaktion: Das Gespräch wurde am 31. Oktober aufgezeichnet.
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