Der Nachrichtenkanal O-T(h)öne führte ein langes und ausführliches Gespräch mit dem Oberbürgermeisterkandidaten des Wahlbündnisses aus SPD, Grünen, Linken, ÖDP und UWG. Lesen Sie heute den vierten Teil.
O-T(h)öne: Es gibt ein schon älteres Gutachten zur Entwicklung der Pflegesituation in Ingolstadt sowie Prognosen des zuständigen bayerischen Staatsministeriums. Wenn man beides betrachtet, haben wir hier vor Ort in die Zukunft gerichtet ein sehr großes Defizit bei diesem Thema. Schon jetzt ist es problematisch, einen stationären Pflegeplatz zu finden. Was sind Ihre Ideen, um die Pflegesituation in allen Bereichen in Ingolstadt zu verbessern?
De Lapuente: Die Situation ist so, wie Sie sagen. Ich bin ja gerade auf Zuhör-Tour unterwegs und war auch schon bei der Diakonie, bei Herrn Müller. Ich habe mich ein bisschen aufsatteln lassen, wie dort und bei anderen momentan die Situation bei den Pflegeplätzen ist. Es ist einfach viel zu wenig für die Ingolstädter Verhältnisse und auch das dazugehörige Personal dafür zu bekommen ist dann die andere Seite der Medaille. Leerstehende Einrichtungen helfen uns auch nicht weiter, auch da können wir mehr machen, um Personal zu gewinnen.
O-T(h)öne: Was kann eine Stadt tun?
De Lapuente: Eine Stadt hat versucht die Heilig-Geist-Stiftung zu retten. Es gibt einen guten, absehbaren Weg, dass die Stiftung in der Form nicht verloren geht, sondern dazu beiträgt im Bereich der Pflege tätig zu bleiben. Es ist gelungen die Stiftung auf gesunde Füße zu stellen.
O-T(h)öne: Mit einem hohen Verlust an stationären Pflegeplätzen.
De Lapuente: Aber sonst wäre alles auf der Kippe gestanden. Ich glaube, man hat einen Weg gefunden, dass die Stiftung nicht komplett ihre Türen schließen muss und wir waren deswegen da ganz froh. Und trotzdem.
O-T(h)öne: Wie kann eine Stadt, Diakonie, Arbeiterwohlfahrt, Caritas oder andere Pflegeheimbetreiber motivieren, mehr Pflegeeinrichtungen zu schaffen?
De Lapuente: Mit Bauland oder mit einem Erbpachtvertrag Fläche zur Verfügung zu stellen, vielleicht auch die komplette Bebauung. Am leichtesten ist es natürlich, dass es diejenigen tun, die auch die meiste Erfahrung damit haben. Es ist keine reine städtische Aufgabe. Wir können jedoch diejenigen, die es betreiben, unterstützen mit Fläche oder Gebäuden.
O-T(h)öne: Die Stadt bietet derzeit schon für Investoren vom Pflegeheimen Zuschüsse und Grundstücke an, und trotzdem gibt es über Jahre hinweg keine weiteren Pflegebetten. Muss die Stadt deshalb im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge nicht irgendwann dann auch die Entscheidung treffen, wir müssen das selber machen, um die Pflege unserer älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger sicherzustellen? Andere Städte und Gemeinden gehen diesen Weg.
De Lapuente: Wir haben echt tolle Profis hier in Ingolstadt wie die Diakonie und die Caritas. Ich glaube, dass man mit diesen nochmal tiefer ins Gespräch gehen müsste, um zu klären, wie man sie motivieren könnte, Bauvorhaben in der stationären Pflege anzugehen. Ich denke an den Bienengarten, der ja auch nochmal im Gespräch mal war und aus heutiger Sicht nicht bebaut wird von der Diakonie. Wir als SPD haben ja einen Antrag der Pflegekonferenz gestellt, alle Akteure an einen Tisch zu holen, wie wir diese Pflegesituation hier in Ingolstadt langfristig und kurzfristig auf einen besseren Weg bekommen. Ich glaube natürlich, dass die ambulante Pflege eine deutliche Rolle spielen wird, auch zukünftig. Es gibt viele Menschen, die auch zu Hause weiterhin wohnen wollen und mit der ambulanten Pflege sicherlich die Möglichkeit haben, nicht direkt in eine Pflegeeinrichtung zu gehen, sondern zu Hause gepflegt zu werden oder nur kurzfristig in ein Pflegeheim zu gehen. Das wird zukünftig eine größere Rolle spielen.
O-T(h)öne: Die Pflegekonferenz hat es in Ingolstadt schon mal gegeben, zu Zeiten eines CSU-Stadtrates und Bezirksrates Rudolf Geiger. Die ist über Jahre gelaufen und ist dann wegen Ineffizienz von Seiten der Stadt eingestellt worden. Warum soll es jetzt funktionieren?
De Lapuente: Weil die Not sehr groß ist. Ich glaube, dass es den Akteuren, auch den Krankenkassen, die schwierige Situation sehr bewusst ist. Man muss sehen, welche Maßnahmen die Stadt mit unterstützen kann, um hier Pflege deutlich besser voranzubringen.
O-T(h)öne: In Ingolstadt haben wir die Situation, dass wesentlich mehr Wohnungen benötigt werden, als auf dem Markt zur Verfügung stehen. Die Finanzsituation der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft (GWG) ist angespannt. Es wird dort nicht möglich sein, nochmal solche Sonderbauprogramme aufzulegen wie zu Zeiten von Oberbürgermeister Christian Lösel. Was sind Ihre Ideen, um preisgünstigen Wohnungsraum in Ingolstadt zu ermöglichen und den Wohnungsbau insgesamt voranzubringen?
De Lapuente: Die GWG hat in den letzten vier Jahren viele tolle Projekte entwickelt, auch bei OB Scharpf noch, auch wenn oft keine Förderung mehr mit dabei war. Die GWG hat über 7.000 Wohnungen im Bestand, die hervorragend dazu beitragen, dass es bezahlbaren Wohnraum gibt. Die sind alle belegt. Wir haben dort auch Sanierungsbedarf, trotzdem baut die GWG immer wieder größere Projekte, wie an der Schillerstraße, die großen Hochhäuser. Was dort entstanden ist, sind tolle Projekte der GWG.
O-T(h)öne: Die allerdings von der vorherigen Wahlperiode vom Aufsichtsrat beschlossen wurden.
De Lapuente: Natürlich, aber es sind jetzt alle fertiggestellt. Die GWG-Wohnungen, die jetzt beschlossen worden sind, mit der Deneke-Stoll an der Spitze im Aufsichtsrat, die werden auch erst in den nächsten sechs, sieben, acht Jahren eröffnet werden. Der Bau von Wohnungen dauert im Bereich der GWG mit Ausschreibung europaweit, dauert, wenn ein Beschluss gefasst wird, zwischen sechs und neun Jahre. So entstehen Wohnungen, und trotzdem ist die Liste nicht leer, was gerade gebaut wird, sondern es entstehen tolle Projekte. Nur so kann es funktionieren, den Wohnraum zur Verfügung zu stellen, mit einer starken GWG, aber auch Private hierher zu holen.
Wir haben es momentan in Ingolstadt mit dem Symptom zu tun, dass viel Büroraum freisteht. Diese Chance muss man ergreifen. Ich höre gerade, wo überall, auch von Audi, dass Unternehmen aus vielen Gebäuden rausgehen. Durch die Homeoffice-Lösung hat sich einfach in den letzten vier Jahren eine andere Kultur im Arbeitsleben entwickelt, sodass Räumlichkeiten leerstehen. Es muss geprüft werden, ob Wohnraum dort zur Verfügung gestellt werden kann. Wir reden gerade vom Kaufhof-Gebäude, das ja jetzt in städtischer Hand ist. Wohnen in der Innenstadt hat einfach wieder ein ganz neues Flair bekommen, wie am ehemaligen Ingobräu-Gelände.
O-T(h)öne: Wohnen im Kaufhof?
De Lapuente: Vielleicht in den oberen Bereichen. Natürlich wünscht man sich unten immer was ganz Tolles mit rein, Einzelhandel, Gastronomie, aber vielleicht auch oben wohnen. Ich glaube, dass die Innenstadt einen tollen Wohnraum bietet und dass Menschen sich gerne in die Innenstadt ziehen. Alles, was am Ingobräu-Gelände entstanden ist, ist Wohnraum, der zusätzlich in der Innenstadt reingekommen ist. Ich glaube, das sind tolle Projekte, und wir dürfen nicht nachlassen. Natürlich fragen wir, wie sich gerade die Wirtschaft hier entwickelt. Ist es vielleicht irgendwann so, dass man Angst haben muss, dass hier Wohnraum leer steht? Das glaube ich nicht. Ich glaube, Ingolstadt hat immer noch eine starke Wirtschaft und auch einen starken Magnet hier wohnen zu wollen. Dazu gehört, dass man sich hier wohlfühlt. Wohnen, Kultur, Vereine, alles, was dazu zählt. Aber der bezahlbare Wohnraum spielt eine große Rolle.
O-T(h)öne: Reicht das, was die GWG tut?
De Lapuente: Es reicht nie. Deswegen sind alle Anstrengungen notwendig. Auch das neue Projekt von Bayernheim, das am Kaufland entsteht, ist eine wertvolle Entwicklung für Ingolstadt, bei der die GWG mit beteiligt ist. Die Anstrengungen dürfen bei der GWG nie nachlassen, sondern sie müssen dranbleiben, beim Bauen. Natürlich kann die GWG aber auch nicht alles bauen, weil sie das Personal nicht hat. Ferner ist zu beachten, was sie finanziell stemmen kann, aber ich glaube, ein Stückchen mehr geht immer. Man kann ganz zufrieden sein mit dem, was die GWG tut.
Quelle: Eigene Berichterstattung.
Anmerkung der Redaktion: Das Gespräch wurde am 31. Oktober aufgezeichnet.
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