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Nach den hitzigen politischen Auseinandersetzungen im Vorfeld der gestrigen Stadtratssitzung zur Referentenwahl sucht die CSU Geschlossenheit. Ihr stellvertretender Kreisvorsitzender Christopher Hofmann verteidigt den Kurs seiner Partei entschieden, auf Nachfrage des Nachrichtenportals O-T(h)öne. Die CSU habe, so Hofmann, „politische Vernunft vor parteipolitische Eile“ gestellt.
Es sei darum gegangen, „Optimierungspotenziale zur Straffung in der Verwaltung zu identifizieren, bevor man sich vorab mit Tatsachen festlegt und Spitzenpositionen gegebenenfalls unnötigerweise für Jahre zu besetzen“. Die CSU-Stadtratsfraktion habe, so Hofmann weiter, „einen Antrag auf Verschiebung der vorgezogenen Referentenwahlen ins nächste Jahr gestellt, um die notwendigen Optimierungspotenziale zur Straffung in der Verwaltung zunächst identifizieren zu können, ohne sich vorab mit Tatsachen festzulegen und Spitzenpositionen gegebenenfalls unnötigerweise für Jahre zu besetzen“.
„Dieser Antrag war aus meiner Sicht unverändert richtig“, sagt Hofmann. „Ich bedaure, dass er mehr aus ideologischem Kalkül als aus sachlich orientierten Bewertungen keine Mehrheit gefunden hat. Aber das ist Demokratie – und eine aktuell in Verantwortung stehende Mehrheit hat sich dagegen entschieden.“
Dass sich die CSU zu diesem Antrag bekannt habe, sei, so Hofmann, „ein starkes Zeichen“. Es zeige, „dass wir die Bedenken unserer Bevölkerung ernst nehmen“.
Reform statt Reflex
Im Vorfeld der Stadtratssitzung hatte Hofmann gemeinsam mit CSU-Fraktionsvize Thomas Deiser in einem Video öffentlich für die Verschiebung geworben. Ingolstadt stehe, sagte er darin, „vor immensen Herausforderungen – wahrscheinlich den größten seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs“. Angesichts eines Haushaltsdefizits, das sich binnen weniger Wochen von 30 auf bis zu 90 Millionen Euro jährlich vergrößert habe, sei es „das falsche Signal“, jetzt neue Spitzenposten zu vergeben. Eine Verschiebung der Referentenwahlen sei aus seiner Sicht ein Gebot der politischen Vernunft, um Reformen in Ruhe vorzubereiten und den künftigen Stadtrat nicht vor vollendete Tatsachen zu stellen.
Kein Fraktionszwang – kein Bruch, kein Drama
Für Gesprächsstoff sorgte das Verhalten einzelner CSU-Stadträte in der Sitzung. Die beiden Kommunalpolitiker Hans Achhammer und Matthias Schickel verließen kurz vor der Abstimmung den Sitzungssaal. „Die Information, dass zwei Stadträte unmittelbar vor der Abstimmung den Saal verlassen haben, ist richtig“, sagt Hofmann. „Ich persönlich bedaure das zwar, deute dieses Verhalten jedoch so, dass beide Stadträte – die ja beide bei der Kommunalwahl 2026 nicht mehr antreten – zwar nicht für den Antrag gewesen sein mögen, aber sich auch nicht gegen die eigene Fraktion stellen wollten. Das ist kein Präzedenzfall, sondern passiert im Stadtrat regelmäßig, und am Ende des Tages gibt es auf dieser Ebene keinen Fraktionszwang, und jeder Stadtrat muss selbst entscheiden, wofür er steht.“
Auch die beiden JU-Stadträte Veronika Hagn und Markus Meyer, beide zugleich Vorsitzende von CSU-Ortsverbänden, stimmten gegen den CSU-Antrag. „Beide Stadträte gehören nicht der CSU-Fraktion an, sondern bilden mit der FDP eine Ausschussgemeinschaft“, erklärt Hofmann. „Dass sowohl Markus Meyer als auch Veronika Hagn zusammen mit der FDP gegen die Meinung der CSU-Fraktion stimmen, ist auch nicht das erste Mal der Fall. Auch für diese beiden Stadträte gilt, dass sie am Ende selber entscheiden müssen, wofür sie stehen, und beide haben ja ebenfalls bereits öffentlich bekannt gegeben, nicht mehr bei der Kommunalwahl 2026 zu kandidieren.“
Dass Hagn und Meyer in ihrer Funktion als Ortsvorsitzende in den jüngsten Kreisvorstandssitzungen gefehlt hätten, in denen die CSU-Basis über den Antrag beraten hatte, bezeichnet Hofmann als „bedauerlich“. „Sie hätten sich dann selbst ein Bild machen können, wie die Stimmung in der Partei zu diesen Themen ist“, sagt er. „In dieser Frage steht die Partei einstimmig.“
Kampf um die Deutungshoheit
Seit der Sitzung ringen die politischen Lager in Ingolstadt um die Deutungshoheit über die Vorgänge innerhalb der CSU. Politische Mitbewerber versuchen seither, die Ereignisse als Beleg für eine Zerstrittenheit der CSU zu deuten. Besonders aktiv zeigt sich dabei Stadtrat Achim Werner – auf Facebook. Werner, der erst kürzlich aus der SPD-Stadtratsfraktion ausgeschieden ist, war lange Jahre SPD-Fraktionsvorsitzender und deren Landtagsabgeordneter. Er kandidiert bei der Kommunalwahl im März kommenden Jahres nun auf der Stadtratsliste der LINKEN.
Werner nutzt die aktuelle Situation, um den innerparteilichen Zusammenhalt der CSU öffentlich in Frage zu stellen. Aus CSU-Kreisen wird dies als durchsichtiges Manöver gewertet – zumal im Ingolstädter Stadtrat Uneinigkeit bei Abstimmungen keine Seltenheit ist. Unterschiedliche Auffassungen innerhalb von Fraktionen und Gruppierungen kommen immer wieder vor.
Die aktuelle Spannung innerhalb der CSU dürfte allerdings auch auf eine unzureichende Abstimmung zwischen Oberbürgermeister Michael Kern (CSU) und der CSU-Fraktion zurückzuführen sein. Kern scheint die Stimmung in der Fraktion unterschätzt zu haben und setzte zuletzt offenbar auf eine Mehrheit mit dem rot-grün-linken Lager – jenem Bündnis, das bei der Oberbürgermeisterwahl im Frühjahr seinen Gegenkandidaten unterstützt hatte. Kerns Plan ging auf – nur zu welchem politischen Preis?
Kein Angriff auf den Oberbürgermeister
„Ich bewerte das ansonsten geschlossene Verhalten der CSU-Fraktion als äußerst positives Signal“, sagt Hofmann. „Es ging und geht hier niemals darum, den Oberbürgermeister zu brüskieren oder sich gegen ihn zu stellen. Die CSU Ingolstadt hat geschlossen ihre politische Meinung vertreten – das erwarten die Bürger von uns.“
„Eine vertane Chance“ aus CSU-Sicht
Nachdem der Stadtrat den CSU-Antrag abgelehnt hatte, äußerte sich Hofmann gestern auf Facebook. „Die CSU-Stadtratsfraktion hatte den Antrag gestellt, die vorgezogenen Referentenwahlen nicht durchzuführen, um die notwendigen Strukturüberprüfungen unvoreingenommen überprüfen zu können. Bedauerlicherweise fand dieser Antrag im Stadtrat keine Mehrheit. Als Demokraten akzeptieren wir dieses Ergebnis – aber ich sehe es unverändert als vertane Chance.“
„Dieser Ausgang zeigt aber auch, dass es entgegen der Aussagen – dass es sowieso egal wäre, wen man wählt – es am Ende doch einen Unterschied macht, wem man seine Stimme gibt“, schrieb er weiter. „Hier haben alle Ingolstädterinnen und Ingolstädter am 8. März 2026 erneut die Chance zu entscheiden, wem man sein Vertrauen gibt. Wir werden weiterhin den Finger in die Wunde legen, wenn wir der Überzeugung sind, dass etwas gegen das Wohlergehen unserer Bürgerinnen und Bürger läuft! Machen ist wie wollen – nur krasser 💪.“
Zwei Referenten gewählt
Der Stadtrat beschloss schließlich, wie berichtet, die Referentenwahl in geänderter Form durchzuführen. Gewählt wurden die Referenten für Personal und Bau. Der ursprünglich vorgesehene Tagesordnungspunkt zur Wahl des Wirtschaftsreferenten wurde dagegen von Oberbürgermeister Michael Kern (CSU) zu Beginn der Sitzung zurückgezogen – er stand damit nicht mehr zur Diskussion und Abstimmung.
Für Hofmann bestätigt der Verlauf der Sitzung den Kurs seiner Partei. Die CSU habe, sagt er, „keine Tatsachen schaffen wollen, bevor Klarheit herrscht“. Alles andere, so Hofmann, „wäre kein verantwortliches Handeln gewesen“.
Die gestrige Abstimmung im Stadtrat verdeutlicht, wie schwierig es für die Ingolstädter CSU ist, zwischen „Regierungstreue“ und eigenem Profil zu balancieren.
Transparenzhinweis: Eigene Berichterstattung.
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