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De Lapuente (SPD) zu Schulen, Sicherheit und Einsparungen

Der Nachrichtenkanal O-T(h)öne führte ein langes und ausführliches Gespräch mit dem Oberbürgermeisterkandidaten des Wahlbündnisses aus SPD, Grünen, Linken, ÖDP und UWG. Lesen Sie heute den fünften und letzten Teil.

O-T(h)öne: Was sind Ihre Vorstellungen und Visionen oder gar konkrete Ideen zum Thema Schulen?

De Lapuente: Wir müssen schnell schauen, dass die Mittelschule auf dem Rosner Gelände entsteht, ebenso die Realschule. Der Baugrund gehört der Firma Audi, es geht derzeit immer noch um den Grundstückstausch mit Audi. Dieser Grundstückstausch muss stattfinden, damit dort eine Mittelschule und eine Realschule realisiert werden können, das ist sehr wichtig. Das muss man beschleunigen. Die Kooperation mit dem Gymnasium Gaimersheim besteht, hier werden zusätzliche Plätze beschlossen. Eine weitere Kooperation wird mit dem neuen Gymnasium in Manching entstehen. Wir haben viele Schulen in den letzten vier Jahren saniert. Zum Thema Schule ist viel passiert. Diese Anstrengung darf, auch in Zeiten der Haushaltskonsolidierung, nicht zu Ende sein, wir müssen weiterhin in diesen Bereich viel investieren.

O-T(h)öne: Stadtrat Schäuble, ebenfalls OB-Kandidat, hat jüngst hier im Interview gefordert, die Verhandlungen mit dem Landkreis Pfaffenhofen erst einmal auf Eis zu legen, weil er der Meinung ist, die Stadt Ingolstadt müsse ein eigenständiges weiteres Projekt überprüfen. Wie stehen Sie zu dieser Aussage?

De Lapuente: Der Kulturreferent hat dem Stadtrat jüngst aufgezeigt, was alles geplant ist in den jeweiligen Einzugsgebieten. Die jetzigen Planungen sind ausreichend und bieten gute Lösungen für die nächsten 10 bis 15 Jahre. Natürlich muss man die Schülerzahlen weiter in den Einzugsgebieten im Auge behalten.

O-T(h)öne: Neben dem Luftballon-Universitätsklinikum hat die Kommunalpolitik den Luftballon Staatstheater steigen lassen. Wie realistisch ist die Umsetzung dieser Idee?

De Lapuente: Die Bretter sind dick, das ist uns allen bewusst. Unser Stadttheater Ingolstadt hat einen sehr guten Ruf, wir haben sehr tolle Schauspielerinnen und Schauspieler dort, und es ist ein geniales Haus. Es sind großartige Vorstellungen, die sich mit gesellschaftlichen Themen auseinandersetzen. Deswegen ist es so wertvoll. Die Aufwertung zu einem Staatstheater würde nochmals einen kräftigen Schub geben. Die Finanzierung müsste mit dem Freistaat natürlich diskutiert werden, denn der Freistaat müsste ein Staatstheater mitfinanzieren. Das wird allerdings in den nächsten fünf Jahren nicht umsetzbar sein. Ich gehe nicht davon aus, dass der Freistaat mehr Zuschüsse für die Sanierung geben wird. Ein Staatstheater halte ich eher nach der Sanierung für möglich.

O-T(h)öne: Von welchen Kosten gehen Sie bei der Sanierung des Stadttheaters aus?

De Lapuente: Ich halte eine Größenordnung von 80 bis 120 Millionen für eine realistische Zahl.

O-T(h)öne: Derzeit ist die Zahl von 200 Millionen Euro von Stadtratsmitgliedern zu hören.

De Lapuente: Ja, die hört man auch immer wieder. Wer heute hinter die Kulissen schaut, der sieht, dass es diesem Haus wirklich an die Substanz gegangen ist. Dieses Wohnzimmer unserer Stadt muss bald saniert werden, bevor es heißt, es muss geschlossen werden, da Sicherheit oder Brandschutz nicht mehr gegeben sind. Die hohen Sanierungskosten machen uns in dieser finanziell schwierigen Situation Bauchschmerzen. Wer meint, nach Ingolstadt kommen die Menschen nur, weil sie gern arbeiten, der irrt. Kultur ist wichtig, das Grün der Stadt, die Vereine, der Sport und auch das Theater. Dies alles trägt dazu bei, dass man hier gern in dieser Stadt wohnt, arbeitet und lebt.

O-T(h)öne: Bis wann liegen die konkreten Zahlen zur Sanierung des Stadttheaters endlich auf dem Tisch?

De Lapuente: Mitte nächsten Jahres soll dies dem Stadtrat vorgelegt werden.

O-T(h)öne: Die Finanzlage der Stadt Ingolstadt ist sehr angespannt. Die Steuerschätzung von Oktober ist eine schlechte Nachricht für die Politik insgesamt. Der Gewinneinbruch des VW-Konzerns um 64 Prozent ist eine Hiobsbotschaft für die Ingolstädter Kommunalpolitik in Bezug auf die Gewerbesteuer. Wie sind die ganzen finanziellen Herausforderungen, vor denen die Stadt steht – wie das Defizit des Klinikums, dessen Generalsanierung, die Schulsanierungen, die Schulneubauten, der Wohnungsbau, die Sanierung des Stadttheaters, die hohen Ausgaben im Verwaltungshaushalt und rund 1,1 Milliarden Schulden in den Beteiligungsunternehmen – zu bewältigen?

De Lapuente: Die Herausforderung ist groß. Ich möchte beginnen mit dem Thema Volkswagen. Mich bedrückt das natürlich, als Gewerkschafter bin ich sehr nah an der Arbeit des Betriebsrats dran, es gibt einen engen Austausch. Wenn man die Zahl von 64 Prozent Gewinneinbußen hört, dann ist das natürlich schrecklich, und das muss auch wieder anders werden. Man muss aber auch sagen, es sind trotzdem noch 1,6 Milliarden Gewinn da. Die Hoffnung ist, dass dieser Gewinn auch in diesen Konzern wieder so investiert wird, dass er sich aus dieser schwierigen Situation wieder rausgraben kann und zur alten Stärke zurückfindet. Das ist die große Hoffnung, die man nicht verlieren darf. Momentan ist die Situation bedrückend. Die Haushaltslage der Stadt Ingolstadt ist wegen der fehlenden Gewerbesteuer dramatisch. Wir versuchen jetzt, eine Haushaltskonsolidierung herbeizuführen. Der Oberbürgermeister möchte diese noch in den Stadtrat einbringen, bevor er Ingolstadt am 1. März des nächsten Jahres verlässt. Ich glaube, dass das gut ist, damit dieses Thema vielleicht nicht in diesen kommunalpolitischen Wahlkampf mit reingeht.

O-T(h)öne: Den Haushalt 2025 und die Konsolidierung anzugehen ist auch seine Aufgabe, das ist ja keine freiwillige Leistung des Stadtoberhauptes.

De Lapuente: Da er die Stadt verlässt, könnte er sagen, sollten diejenigen, die dann Verantwortung tragen, die Suppe selbst auslöffeln. Das tut er eben nicht, sondern er nimmt sich die Zeit mit vielen Gesprächen, um Lösungen zu finden, wie wir aus dieser schwierigen Situation einen gesunden Haushalt für 2025 hinbekommen.

O-T(h)öne: Wenn VW tatsächlich Werke schließt, so wie diskutiert wird, wirkt sich das durch Abschreibungen auf den Gewinn aus. Das kann zu zusätzlichen Problemen bei der Gewerbesteuer führen. Ganz konkret, wie wollen Sie als Oberbürgermeister die Finanzprobleme der Stadt lösen? Das Prinzip Hoffnung löst die Finanzprobleme nicht.

De Lapuente: Wir haben ja erst eine Haushaltskonsolidierung hinter uns gebracht, als die Situation noch ein bisschen einfacher war. Wir hatten ein Papier mit Rot, Gelb und Grün, dieses Ampelsystem. Wir haben damals nur die grünen Dinge beschlossen, weil wir gesagt haben, die Lage reicht noch aus. Jetzt kommen die gelben und roten Dinge dran, da werden wir uns alle freiwilligen Leistungen der Stadt anschauen müssen. Es wird eine Wiederbesetzungssperre geben, das heißt, manche Stellen werden für eine bestimmte Zeit nicht besetzt, um Kosten einzusparen. Ich glaube, das sind alles Methoden, um den Haushalt gesund zu machen. Man muss einen guten Mittelweg finden, um die Ausgaben der neuen Situation entsprechend zu reduzieren. Der VW-Konzern hat im letzten Jahr noch gute Absatzzahlen gehabt. Der VW-Konzern hat die Gewinne von Audi genutzt, um die eigenen Löcher zu stopfen – zulasten von Ingolstadt und dem Haushalt.

O-T(h)öne: Audi ist Bestandteil des VW-Konzerns, die Stadt Ingolstadt bekommt die Steuern nicht von Audi, sondern vom VW-Konzern. Man muss darauf hinweisen, dass an jedem Arbeitsplatz bei Audi sieben bis acht weitere Arbeitsplätze in Ingolstadt und der Region hängen. Das hat ganz massive Auswirkungen, was so mancher offensichtlich noch nicht verstanden hat, auch in der Kommunalpolitik nicht.

De Lapuente: Ich bin mir dessen bewusst. Der Schulterschluss zwischen Belegschaft und Unternehmensleitung ist ein wertvoller. Die Betriebsversammlung vor zwei Wochen war auch eine wertvolle. Dort nochmal klarzumachen, wenn es jetzt nicht zum Schulterschluss kommt zwischen Unternehmensleitung und Belegschaft, werden es schwierige Zeiten. Ich bin überzeugt davon, dass sich bei Audi und auch im Volkswagen-Konzern wieder bessere Zeiten entwickeln werden.

O-T(h)öne: Ich höre von Ingolstädter Stadtratsmitgliedern überwiegend, wo nicht gespart werden soll. Wo konkret will die SPD jetzt aktuell sparen und wo Sie persönlich, wenn Sie Oberbürgermeister werden?

De Lapuente: Naja, ich möchte jetzt nichts versprechen, wo wir noch vor den Gesprächen sind. Das Ziel in unserer fairen Arbeit im Stadtrat ist, wenn wir eine Haushaltskonsolidierung ausrufen, dann rufen wir nicht schon quasi in die Öffentlichkeit, was wir uns alle so vorstellen können, sondern wir gehen in die Haushaltskonsolidierung. Der Finanzreferent, der die Zahlen im Blick hat, wird uns auch wieder Vorschläge erarbeiten, wo er sagt, da tut es mehr weh als da. Am Schluss kommt dieses politische Fingerspitzengefühl, wo Politiker, Politikerinnen und Politiker drüberschauen müssen und sagen, da wird gespart und da wird nicht gespart. Die freiwilligen Leistungen müssen wir sicherlich auf den Prüfstand stellen. Wir werden aber nicht alle freiwilligen Leistungen streichen können, weil, wenn wir im Bereich der Sportvereine, im Bereich der Kitas zu viel einsparen, dann merken wir das auch, was passiert mit den wichtigen Dingen in unserer Gesellschaft.

Bei der Einnahmenseite hat es in der letzten Stadtratssitzung das Thema Grundsteuer gegeben. Einige im Stadtrat wollten hier gar nichts verändern, andere wollten deutlicher erhöhen. Ich habe mich dann im Stadtrat dafür ausgesprochen, einen Mittelweg zu finden. Ich versuche immer, Kompromisslösungen zu finden. Ich glaube, das ist auch die Rolle eines Oberbürgermeisters. Wenn Sie mich jetzt konkret fragen, wäre es natürlich zu früh, vor der Haushaltskonsolidierung irgendeinen Schwur einzugehen, weil meine Erfahrung ist, wenn ich jetzt sagen würde, genau das machen wir, dann wäre das zum Scheitern verurteilt. Wenn man den gemeinsamen Weg findet, dann gehen die anderen Parteien auch mit.

O-T(h)öne: In der finanziellen Konsolidierungsliste der Verwaltung steht im roten Bereich, das Tiergehege am Baggersee zu schließen. Wie vermittelt man der Ingolstädter Bevölkerung, dass mittlerweile 58,7 Millionen Euro in das Museum für Kunst und Design fließen, das von einem ganz begrenzten Personenkreis genutzt wird und gleichzeitig diskutiert wird, wegen notwendiger Sparmaßnahmen das Wildgehege am Baggersee zu schließen?

De Lapuente: Da gibt es ja keine Entscheidung von unserer Seite. Das Wildgehege wird aus meiner Sicht nicht schließen. Was soll man denn mit den Tieren machen? Natürlich könnte man da was sparen, aber das ist ein Ding, das ich sicher nicht befürworten werde. Ganz im Gegenteil, ich glaube, dass es den Menschen ganz guttut und auch in schwierigen Zeiten, raus aus den eigenen vier Wänden zu kommen. Da ist das Naherholungsgebiet am Baggersee mit den Tieren wichtig.

O-T(h)öne: Es gab in jüngster Zeit Kritik, dass das Verwaltungshandeln in der Stadtverwaltung zu lange dauert. Was sind Ihre Lösungsansätze, damit die Stadtverwaltung effizienter Dienstleister wird?

De Lapuente: Ich glaube, dass schon im Bürgeramt viel passiert ist. Ich glaube, dass ich dafür schon bekannt bin, bei Dingen, die mich ärgern, die Ärmel hochzukrempeln und versuchen, nach Lösungen zu suchen. Für uns als Stadträte war der Zustand im Bürgeramt, der sehr lang so war, sehr schwierig. Als Oberbürgermeister würde ich in einen konstruktiven Austausch auch mit den Ämtern gehen, wobei Lösungen schneller erkennbar sein müssen für die Bürgerinnen und Bürger. Als OB würde ich mir von der eigenen Verwaltung Schnelligkeit wünschen, dass man sehr bürgerorientiert ist und Prozesse beschleunigt. Die Menschen im Rathaus müssen deswegen keine 200 Prozent arbeiten, aber die Prozesse müssen besser werden.

O-T(h)öne: Wie würden Sie als Oberbürgermeister der Stadt das Thema Sicherheit und das Thema gefühlte Sicherheit angehen?

De Lapuente: Wir haben in der zurückliegenden Stadtratssitzung den Polizeibericht bekommen und haben feststellen dürfen, dass wir für eine Großstadt eine sehr gute Sicherheitslage haben. Dazu tragen die Polizistinnen und Polizisten bei und die Sicherheitswacht. Diese Sicherheit würde ich ausbauen. Ich halte es für wichtig in diesen schwierigen und herausfordernden Zeiten, dass sich die Menschen sicher fühlen und nicht sozial abgehängt. Umso wichtiger ist, dass wir auch nach der Zeit von Christian Scharpf einen Oberbürgermeister bekommen, der die Stadtgesellschaft zusammenhält. Dieser Zusammenhalt gibt Sicherheit für die Menschen. Es gibt nichts Schlimmeres als Frustriertheit. Wenn ich die Wahlergebnisse jüngster Landtagswahlen wahrnehme, dann sind Menschen, die frustriert sind, vielleicht auch nach rechts abgerutscht. Deswegen ist das Thema gefühlte Sicherheit, Polizei, alles, was dazu zählt, aber eine Stadtgesellschaft, die Sicherheit gibt und ein Oberbürgermeister, der dazu beiträgt, dass die Stadtgesellschaft nicht gespalten wird, sondern in seiner täglichen Arbeit das Miteinander sucht, wichtig.

O-T(h)öne: Ich bitte Sie, dass Sie Sätze, die ich beginne, spontan ergänzen.

Von Albert Wittmann habe ich gelernt…

De Lapuente: …dass er menschlich auch ganz nett sein kann.

O-T(h)öne: Am stellvertretenden bayerischen Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger schätze ich…

De Lapuente: …nichts.

O-T(h)öne: Die Partei Die Linke im Ingolstädter OB-Wahlbündnis ist für mich…

De Lapuente: …vernünftige Menschen, die hier agieren.

O-T(h)öne: Dass bisher keine OB-Kandidatin in Sicht ist…

De Lapuente: …ist eine Feststellung.

O-T(h)öne: Dass sich die Geschehnisse von 1933 in Deutschland wiederholen…

De Lapuente: …kämpfe ich tagtäglich dafür, dass es eben nicht so kommt.

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