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Der falsche politische Zeitpunkt für eine Städtepartnerschaft mit Indien

Der falsche politische Zeitpunkt für eine Städtepartnerschaft mit Indien

Von Thomas Thöne

Zahlreiche Städtepartnerschaften hat Ingolstadt bereits: Carrara (Italien), Foshan (Volksrepublik China), Grasse (Frankreich), Győr (Ungarn), Kirkcaldy (Schottland), Kragujevac (Serbien), Manisa (Türkei), Moskau Zentralbezirk (Russland), Murska Sobota (Slowenien) und Opole (Polen). Schaut man sich die letzten zehn Jahre an, dann würden diese Partnerschaften, um es sehr diplomatisch auszudrücken, in der Gesamtheit deutlich mehr Aktivitäten vertragen. Jetzt soll eine weitere Städtepartnerschaft hinzukommen. Auserkoren ist Aurangabad, eine westindische Großstadt im Bundesstaat Maharashtra, mit etwa 1,2 Millionen Einwohner.

Der ehemalige Ingolstädter Oberbürgermeister, Christian Lösel (CSU), hatte im Juli 2019, wie es so seine Art war, über die Medien informiert, dass er eine Städtepartnerschaft mit einer Stadt in Indien anstrebt, er dazu auch einen Auftrag an den städtischen Kulturreferenten erteilt hat. Eine Vielzahl von Mitgliedern des Stadtrates musste damals diese Idee des mittlerweile abgewählten Stadtoberhauptes und dessen Weisung an die Verwaltung über die Medien zur Kenntnis nehmen. Eine Beschlussfassung des Stadtrates dazu gab es nicht.

Nun hat Oberbürgermeister Christian Scharpf (SPD) eine Absichtserklärung mit Aurangabad unterzeichnet, ohne dass der Stadtrat, als abschließend zuständiges Gremium, einen Beschluss zur Städtepartnerschaft gefasst hat, wie es aus dem Gremium verlautet. Der Ältestenrat des Stadtrates berät, empfiehlt, aber beschließt nicht. Wie man weiter aus Kreisen des Stadtrates hört, ist wieder einmal das Interesse von AUDI die Triebfeder für eine Städtepartnerschaft.

Man mag zu der Städtepartnerschaft mit Indien stehen, wie man will, aktuell ist es politisch der falsche Zeitpunkt diese voranzutreiben. Erst Anfang April hat der indische Regierungschef Modi dem russischen Außenminister Lawrow den roten Teppich ausgerollt. Die Kritik an Ölgeschäften mit Russland hält Indien für heuchlerisch. Im UN-Sicherheitsrat enthielt sich Indien jüngst bei der Resolution gegen Russlands Invasion in der Ukraine und wurde prompt dafür vom Aggressor gelobt. Wer jetzt glaubt, mit einer Städtepartnerschaft zwischen Ingolstadt und Aurangabad schafft die Ingolstädter Kommunalpolitik Wandel durch Annäherung, der soll doch bitte einmal nachdenken, wie krachend dies mit Russland und China bisher gescheitert ist.

Ein richtiges politisches Zeichen aus Ingolstadt wäre es, angesichts der russischen Invasion in der Ukraine und des Völkermordes dort, den „Bloodimir“ Putin zu verantworten hat, eine solche Absichtserklärung mit einer ukrainischen Stadt, die von den Zerstörungen betroffen ist, zu unterzeichnen. Dies mit dem Ziel, bei Kriegsende hier mit allen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten beim Wiederaufbau zu helfen und zu unterstützen. Gerne mit dem Vorbehalt, dass die Stadt dann noch auf ukrainischem Territorium liegt.

Dazu wäre Diskussion im Ingolstädter Stadtrat wichtig, die sinnvoller und notwendiger wäre, als langatmig darüber zu schwadronieren, ob ein Ingolstädter Fest "Stadtfest" oder "Bürgerfest" heißt.

Lesen Sie hierzu auch:
Ingolstadt plant Städtepartnerschaft mit westindischer Großstadt
und aus dem Jahr 2019: Was sagen Stadtratsmitglieder zur Städtepartnerschaft mit einer Stadt in Indien?

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