Das Wahlbündnis aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke, ÖDP und UWG – ein Zusammenschluss, der ursprünglich als „Vereinte Opposition“ nur ein Ziel hatte: Die Abwahl des früheren CSU-Oberbürgermeisters – plant nun eine ganz eigene Abschiedszeremonie der Stadt für den scheidenden Ingolstädter Oberbürgermeister Christian Scharpf (SPD). Laut einem Whistleblower aus dem Kreis des Bündnisses laufen die Vorbereitungen bereits seit dem Tag, an dem Scharpf öffentlich sein vorzeitiges Ausscheiden ankündigte, um in München die Stelle des Wirtschaftsreferenten anzutreten.
Fast wäre diese geplante Abschiedsveranstaltung ins Wasser gefallen, als die dramatisch angespannte Finanzlage der Stadt Ingolstadt die Runden machte. Ein besonders pikantes Detail: Ein ehemaliger Oberbürgermeister hatte dieser Tage aus „Spargründen“ auf seinen eigenen Geburtstagsempfang durch die Stadt verzichtet. Das übte Druck auf das Bündnis aus. Doch Scharpf wäre nicht Scharpf, wenn er nicht eine kreative Lösung parat hätte, als er dies mitbekam. Sein Vorschlag: Warum nicht den festlichen Abschied mit einem Benefizkonzert verbinden, um nicht nur die Stadtkasse, sondern auch gleich die eigenen Feierlichkeiten zu finanzieren?
Die Antwort des Wahlbündnisses? Spontan und konsequent: Man organisiert das Benefizkonzert. Um die Kosten niedrig zu halten, wurden lokale Metzgereien, Bäcker, Getränkehändler und Supermärkte kontaktiert – in der Hoffnung auf großzügige Sachspenden. Allerdings, und das sei fairerweise gesagt, ohne die Möglichkeit, eine Spendenquittung auszustellen. Denn ein Wahlbündnis, so lernt man hier, ist eben kein gemeinnütziger Verein. Gesucht wird noch eine kostenlos zu nutzende Eventhalle. 10.000 Menschen sollten laut Stadtrat Achim Werner schon hineingehen, da Scharpf nach seiner Einzelmeinung der beliebteste Oberbürgermeister nach Peter Schnell war.
Doch der eigentliche Knüller: Es werden keine professionellen Künstler auftreten, sondern die Stadtratsmitglieder des Wahlbündnissses höchstpersönlich. Sie schwingen sich an Instrumente wie Schlagzeug, E-Gitarre, Saxophon, Trompete und sogar Harfe, um Scharpf einen gebührenden musikalischen Abschied zu bereiten. Auf Wunsch des scheidenden Oberbürgermeisters wird auch er selbst singen – na klar! Laut dem Whistleblower soll Scharpf die Show mit dem karnevalistischen Evergreen „Wer soll das bezahlen?“ eröffnen, gefolgt von „Money for Nothing“ und dem passenden Schlussakkord „I Need a Dollar“.
Ebenfalls angekündigt: Christian Lange, einstiger Frontmann der „Vereinten Opposition“, von dem man seit seinem letzten Frontalangriff in der Tageszeitung auf einen möglichen CSU-Kandidaten wenig gehört hat. Er wird „Ich muss noch kurz die Welt retten“ performen – ironischerweise. Und der ewige SPD-Finanzexperte Achim Werner wird, passend zu seiner Einschätzung von Scharpf als „Diamant der Stadtgesellschaft“, das Lied „Diamonds Are Forever“ zum Besten geben.
Den wohl stimmungsvollsten Moment dürfte aber der Auftritt des GRÜNEN-Fraktionsvorsitzenden Christian Höbusch bieten, der mit „Alles klar auf der Andrea Doria“ das sinkende Schiff der Stadtkasse thematisch treffend in Szene setzen wird. Nicht weniger bissig wird es, wenn SPD-Fraktionschef Christian De Lapuente mit „Alles im Griff auf dem sinkenden Schiff“ die Lage der Stadt kommentiert. Auch die gleichberechtigte GRÜNEN-Fraktionsvorsitzende Barbara Leininger nimmt mit „Steh auf, wenn du am Boden bist“ kein Blatt vor den Mund.
Als Überraschungsgast tritt der frisch gekürte Kulturreferent mit dem augenzwinkernden „Hey Boss, ich brauch mehr Geld“ auf, gefolgt von einem ernsthafteren Ton, wenn Stadtrat und Hausarzt Anton Böhm das „Narrenschiff“ und „Sei wachsam“ anstimmt – ein klarer Fingerzeig auf die schlingernde Stadtpolitik, in der er selbst mit seinen Vorstellungen zu Klinikumsthemen mehrmals gegen Scharpf verlor.
In einer etwas sentimentalen Geste singt die zweite Bürgermeisterin Petra Kleine „So wie Du warst“ als Abschiedslied für Scharpf, während CSU-Bürgermeisterin Deneke-Stoll, die Scharpf in ihrer Fraktion oft den Rücken freigehalten hat, mit „Goodbye, My Love, Goodbye“ für einen würdigen Abschluss sorgt, was natürlich nur politisch gemeint und zu verstehen ist. Die CSU-Frau ist nicht offizielles Mitglied des Wahlbündnisses, aber bei diesem jedoch hochgeschätzt. Sie übrerreicht dem OB von der CSU, auf Vorschlag des Alt-Bürgermeisters Albert Wittmann, einen Gutschein für einen vierwöchigen Schnellkurs in Finanz- und Wirtschaftspolitik – ob als ironischer Seitenhieb oder gut gemeinter Ratschlag, bleibt offen.
Das Highlight des Abends? Alle Stadtratsmitglieder des Wahlbündnisses schließen sich zum gemeinsamen Finale zusammen und singen „Muss i denn zum Städtele hinaus“ – ein Abschied mit Augenzwinkern, das die etwas unbequeme Situation für das Bündnis, dass Scharpf vorzeitig seinen Hut nimmt, mit einem musikalischen Augenzwinkern beendet.
Doch hinter den Kulissen brodelt es noch. Die Debatte, ob Scharpf trotz seiner verkürzten Amtszeit den Ehrentitel „Alt-Oberbürgermeister“ verdient, ist noch lange nicht entschieden. Vorschläge wie „83%-Alt-OB“ oder „5/6-Alt-OB“ kursieren bereits und zeigen, dass der Humor in Ingolstadt trotz klammer Kassen noch immer nicht zu kurz kommt.
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