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Es braucht mehr Christian Paulings im Ingolstädter Stadtrat

Es braucht mehr Christian Paulings im Ingolstädter Stadtrat

Von Thomas Thöne

Er ist erfrischend anders: Christian Pauling, Stadtrat der Linken in Ingolstadt, seit der Kommunalwahl 2020. Das trifft nicht nur auf seine Kleidung im Stadtratsplenum zu, die Jeans und das T-Shirt, sondern auf die Art und Weise, wie er Politik macht. Er bewegt sich nicht nur in den Blasen der Kommunalpolitik, in der sich vielfach Mandatsträger für die Entscheidungen auf die Schultern klopfen und sich in ihren Entscheidungen gegenseitig bestätigen. Er versucht wirklich, insbesondere bei der Jugend, das Ohr am Wähler zu haben, vielfach über Social-Media-Plattformen.

Es lohnt sich auch Christian Pauling bei seinen Redebeiträgen im Stadtrat zuzuhören. So auch in der jüngsten Plenumssitzung. „Die repräsentative Demokratie hat sich teilweise durch gesellschaftliche Entwicklung überholt, die musste ergänzt werden, durch direkt demokratische Mittel. Natürlich haben repräsentative Vertreter auch die Demokratie untergraben, dadurch, dass Sie Entscheidungen getroffen haben, welche die Bevölkerung nicht nachvollziehen konnte. Hier gab es eine Entfremdung. Da muss man sich an die eigene Nase greifen", so liest der Jungstadtrat altgedienten Damen und Herren in der Sitzung schon einmal die Leviten, wenn diese wieder einmal meinen, dass die repräsentative Demokratie immer und überall den Mehrheitswillen der Bevölkerung vertritt. Sprich, dass sowieso immer alles richtig ist, was der Stadtrat beschließt.

„Die Bürgerbeteiligung ist ein Korrektiv unsere Entscheidungen zu überprüfen, ob wir als Stadtrat wirklich im Sinne der Bürgerinnen und Bürger entscheiden“, lässt Pauling die Alteingesessenen wissen.  

Warum soll nicht auch ein Stadtrat ein Bürgerbegehren fordern, wenn er das Gefühl hat, dass seine Stadtratskolleginnen und -kollegen bei Entscheidungen falsch liegen und nicht im Sinne der Bürger entscheiden, konterte der Linken-Stadtrat jüngst auf Äußerungen aus der Stadtratsgruppe der JU, in der kritisiert wurde, dass Stadtratsmitglieder Mitinitiatoren von Bürgerbegehren sind.  

Ein Bürgerbegehren in eine Stadtratsentscheidung zu bringen, gelingt nicht ohne Aufwand, so etwas schüttelt man nicht aus dem Ärmel, wenn das Quorum erreicht wird, ist Pauling überzeugt. „Da muss man sich eigentlich schon zugestehen, dass das Ganze zumindest grundsätzlich seine Berechtigung hat“.

Gute Bürgerbeteiligung kostet enorm viel Geld, weiß Pauling, er verweist gleichzeitig auf Ergebnisse der Verwaltungswissenschaft, dass Bürgerbeteiligung der Verwaltung Arbeit und damit Geld erspart. Dies dadurch, dass die Durchsetzbarkeit von Projekten gesteigert wird und dass Protest eigentlich von der Statistik her viel weniger wahrscheinlich ist.

Hart geht der Linken-Stadtrat mit den bisherigen Bürgerbeteiligungen ins Gericht: Wir müssen uns fragen, wie konnte es passieren, dass es in dem Maße Bürgerbeteiligung gab, zum Beispiel zum Thema der Kammerspiele und der jetzt ein Bürgerbegehren, das erfolgreich ist, diese Entscheidung wieder aufrollt. Da stelle sich für ihn die Frage, was war das vorher für eine Bürgerbeteiligung? „Scheinbar hat sie ihren Zweck nicht erfüllt. Wenn es so großen Zweifel der Bevölkerung gibt, dann scheint hier entweder falsch kommuniziert worden zu sein oder es war keine richtige Beteiligung, sondern eine Werbeveranstaltung und Manipulation. Es gab eine Bürgerbeteiligung, die war sinnlos, das waren Werbeveranstaltungen, nicht alle, aber es waren definitiv welche dabei“, nimmt Pauling kein Blatt vor den Mund. Auch in diesem Fall müssten sich Beteiligte an die eigene Nase fassen.

Bei seinen Wortmeldungen setzt Pauling nicht auf Effekthascherei. Man nimmt ihm seine Überzeugungen ab. Seine Redebeiträge stehen dem gesamten Stadtratsgremium gut an, da er kritisch hinterfragt, auch den Stadtrat selbst mit seinen Entscheidungen. Besonders hinterfragt er die Stadtratsmitglieder, die glauben, dass ein Stadtrat immer und überall den Mehrheitswillen der Bevölkerung vertritt. In diesem Punkt bräuchten wir wesentlich mehr Christian Paulings im Ingolstädter Stadtrat.

Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Möglicherweise werden bei der Kommunalwahl 2026 Mandatsträger mit dem Wissen und Demokratieverständnis von vorgestern abgewählt, dafür schaffen es Kandidatinnen und Kandidaten vom Schlag eines Christian Pauling in das Kommunalparlament.

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