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75. Geburtstag und 35 Jahre rechter Geist im Stadtrat

Am heutigen Freitag begeht Stadtrat Ulrich Bannert seinen 75. Geburtstag. Gleichzeitig feiert er laut Presseinformation der AfD ein politisches Jubiläum: 35 Jahre Stadtratstätigkeit in Ingolstadt. In der Mitteilung würdigt die AfD-Fraktion ihren langjährigen Mitstreiter als „Kommunalpolitiker mit Herz und Seele“. Die Feierlichkeiten finden zunächst privat statt, eine große Veranstaltung soll im Herbst folgen.

Vom REP zur AfD – Kontinuität statt Bruch

Bannert ist seit 1990 ununterbrochen im Stadtrat vertreten – damals noch für die Republikaner, später für die AfD. Sein Wechsel zur AfD fiel zeitlich zusammen mit dem Niedergang der REP-Strukturen in Bayern. Eine Wiederwahl für die alte Partei war kaum mehr denkbar. Bannert selbst begründete den Schritt mit dem „kameradschaftlichen Umgang“ innerhalb der AfD – und der Möglichkeit, „effektiv weiterzuarbeiten“.

Ideologisch bedeutete der Wechsel keinen Bruch. Im Gegenteil: Bannert vertritt bis heute zuverlässig rechte Positionen – lokalpolitisch verpackt, aber in Ton und Inhalt oft nah an der Bundesparteilinie. In den Pressemitteilungen seiner Fraktion liest sich das regelmäßig so.
Regenbogen unerwünscht – Nationalfarben bevorzugt

Jüngstes Beispiel: Die Regenbogenfahne, die im Juni erneut am Alten Rathaus in Ingolstadt gehisst werden soll, sorgt bei der AfD für Unmut. In einer Stellungnahme spricht die Fraktion von einer „politischen Ideologie“, die durch das Symbol vertreten werde. Man verweist auf die USA unter Donald Trump, wo Regenbogenflaggen an staatlichen Gebäuden verboten waren.

Antrag zur Deutschlandfahne als Gegensymbol

Als Alternative schlägt die Fraktion vor, das Rathaus und alle Schulen regelmäßig mit der Deutschlandfahne zu beflaggen. Ein entsprechender Antrag wurde dieser Tage an den Stadtrat gerichtet. Die Nationalfarben, so die Begründung, seien „ideologiefrei“ und „integrativ“. Insbesondere an Schulen sollte das Hissen pädagogisch begleitet werden – zur Förderung der nationalen Identität.

Symbolpolitik mit System

Die Reihenfolge der Mitteilungen – erst Kritik an der Pride-Flagge, dann Antrag auf Nationalbeflaggung – ist dabei kein Zufall, sondern politische Strategie: Sichtbarkeit für Minderheiten bekämpfen, nationale Symbole aufwerten. Das Muster ist bekannt – auch über Ingolstadt hinaus.

Flüchtlingsunterkunft als Angriffsfläche

Auch die Nutzung des ehemaligen Ara-Hotels als Unterkunft für Geflüchtete kommentiert die AfD gewohnt alarmistisch. Rund 100 Männer sollen dort untergebracht werden, einige mit psychischen oder körperlichen Beeinträchtigungen, so die AfD. In einer Besichtigung vor Ort sei aufgefallen, dass ein Aufzug zugemauert worden sei, heißt es. Die AfD vermutet mangelnde Barrierefreiheit und stellt Fragen zur „Zusammensetzung“ der Geflüchteten.

Spekulationen statt Fakten

Dabei bleibt es nicht: Es wird auch spekuliert, ob unter den Bewohnern „Straftäter“ seien, die wegen psychischer Erkrankung als schuldunfähig gelten könnten. Belege dafür liefert die Fraktion nicht. Stattdessen wurde vom örtlichen AfD-Landtagsabgeornetem eine parlamentarische Anfrage an die Staatsregierung eingereicht.

Demokratie im Klassenzimmer? Nur mit AfD

Am Christoph-Scheiner-Gymnasium fand kürzlich ein EU-Planspiel statt. Eingeladen waren verschiedene Parteien – die AfD war nicht dabei. Aus Sicht der Fraktion ein Verstoß gegen das sogenannte Kontroversitätsgebot. In ihrer Mitteilung heißt es, junge Menschen müssten auch mit „nicht-mehrheitsfähigen Positionen“ in Kontakt kommen, um sich ein eigenes Bild zu machen. Die Schule reagierte laut AfD auf ihr Kontaktangebot nicht.

Schulpolitik als Bühne

Die Debatte ist nicht neu – und wird von der AfD bundesweit geführt. Der Schulraum soll geöffnet werden, auch für Positionen, die Demokratiebildung systematisch infrage stellen. Im Namen der Meinungsfreiheit wird so der Versuch unternommen, Normalität für Positionen herzustellen, die genau diese Freiheit untergraben.

Der stille Wandel im Stadtrat

Ulrich Bannert sitzt inzwischen seit dreieinhalb Jahrzehnten im Ingolstädter Stadtrat – und seine Präsenz hat Wirkung gezeigt. Kritik an seinen Positionen ist leiser geworden, oder auch gar nicht mehr hörbar. In den Anfangsjahren wurde ihm häufiger widersprochen. Heute heißt es in CSU-Kreisen gelegentlich „der liebe Ulli“. Bei knappen Mehrheiten kam es sogar vor, dass vonseiten der CSU aktiv auf Bannert zugegangen wurde.

Politische Gewöhnung als Konstante – auch bei Medienvertretern

Nach 35 Jahren scheint Bannert selbst für Teile von Linken, SPD und Grünen politisch normalisiert – als hätte rechte Kontinuität durch bloßes Ausharren ihren Schrecken verloren. So auch bei so manchem lokalen Medium, das kritische Begleitung vermissen lässt – und damit genau jene demokratische Auseinandersetzung vermeidet, die im Umgang mit rechten Positionen heute nötiger ist denn je.

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