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Haushaltskonsolidierung der Stadt Ingolstadt - was nun? - Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass?

Haushaltskonsolidierung der Stadt Ingolstadt - was nun? - Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass?

Die "Frage der Woche" bei O-T(h)öne lautet:

Nach der jüngsten Sitzung des sogenannten "Konsolidierungsrates" des Ingolstädter Stadtrates, am 19.05.2021, wurden die unterschiedlichen inhaltlichen politischen Positionen zur Haushaltskonsolidierung durch viele Pressemitteilungen deutlich. Dies wirft Fragen auf: "Haushaltskonsolidierung was nun?", "Ist die angespannte Haushaltssituation tatsächlich alleine mit der Coronapandemie zu begründen?" und "Haushaltskonsolidierung nach dem Motto: "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass?"

Aus dem Ingolstädter Stadtrat wurden die Fraktionen und Gruppierungen von CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Freie Wähler, UWG, LINKE, ÖDP und die Ausschussgemeinschaft FDP/JU am 23. Mai um eine Antwort gebeten. Nachfolgend die ungekürzten und nicht redigierten Antworten, die O-T(h)öne erreicht haben:

Christian Höbusch, Fraktionsvorsitzender von BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN:

Es ist nicht der Weg der Stadtratsfraktion der Grünen, ihre Schwerpunkte, Vorstellungen und Ideen zur Haushaltskonsolidierung über Publikationsorgane zu kommunizieren. Wir wollen und werden gemeinsam mit den anderen Parteien und Gruppierungen des Stadtrates den vorgezeichneten Weg einer gemeinschaftlichen Anstrengung mit den Mitarbeiter*innen der Verwaltung weiter gehen. Miteinander sprechen, gemeinsam diskutieren, gemeinsam ringen, gemeinsam entscheiden. Gemeinsam für Ingolstadt.

Jakob Schäuble, Stadtrat, Ausschussgemeinschaft FDP/JU

Wir als FDP/JU haben im letzten Herbst einem Haushaltskompromiss zugestimmt. Dies war unter der klaren Maßgabe, dass ein echter Konsolidierungsprozess angestoßen wird. Leider zeigen Beispiele, wie die Senkung der Parkgebühren, dass der Ernst der Haushaltslage bei Oberbürgermeister Dr. Scharpf noch nicht angekommen ist.

Deswegen zeigen wir mit unserem Antrag zu einer Reform des City-Tickets, wie man gezielter und mit einem sparsamen Einsatz von Geld zum selben Ziel kommen kann. Dies zeigt, wie wir als FDP/JU den Weg der Konsolidierung begleiten wollen, kritisch, aber konstruktiv und zum Wohle Ingolstadts.

Wie muss es aus unserer Sicht jetzt weitergehen? Da sehen wir drei Punkte, die für den Erfolg entscheidend sein werden:

1.    Führungsverantwortung und der Wille zum Erfolg: Als Chef der Verwaltung muss der Oberbürgermeister auch die Führungsverantwortung übernehmen, den Prozess aktiv zu gestalten und den Willen zeigen, den Konsolidierungsprozess auch zu einem Erfolg zu machen.

2.    Konzentration auf wirksame Maßnahmen: Uns bringt es nicht weiter, wenn wir in großer Runde kleine Vorschläge zu Einsparungen diskutieren. Wir müssen die wichtigsten Haushaltsposten identifizieren. Wichtig ist auch, dass die Tochterunternehmen der Stadt bei dem Prozess der Konsolidierung intensiv eingebunden werden.

3.    Keine Steuererhöhungen: Der leichteste Weg zu einer geringeren Neuverschuldung ist der Griff in die Taschen der Bürgerinnnen und Bürger. In Zeiten der notwendigen wirtschaftlichen Erholung und Unsicherheit bei den Bürgern ein verheerendes Signal. Wir sprechen uns deswegen klar gegen jede Art der Steuererhöhung aus. Wichtiger ist es, für die Zukunft eine mittelstandsorientierte  Wirtschaftspolitik zu machen, die Ingolstadt auf breitere Füße stellt.

Unter diesen Voraussetzungen sind wir überzeugt, dass der Prozess der Haushaltskonsolidierung doch noch zu einem Erfolg werden kann.

Eva Bulling-Schröter, Sprecherin der Stadtratsgruppe DIE LINKE:

Kommunalfinanzen entscheiden darüber, wie viele freiwillige Leistungen es in einer Stadt gibt, mit ihnen steht und fällt, ob sich Menschen in einer Stadt wohl fühlen. Vorweg: Es gibt genügend Aufgaben, die eigentlich Bund und Länder zu tragen haben, diese werden aber oft einfach an die Kommunen weitergereicht. Um dem entgegenzuwirken, bräuchte es dringend eine Kommunalreform. Diese Forderung ist nicht neu, eine Novellierung an dieser Stelle wurde in den letzten Jahrzehnten immer wieder angemahnt. Die jeweiligen Koalitionen konnten sich jedoch scheinbar dazu nicht durchringen, das warten auf eine Umsetzung bleibt vergeblich.

Selbstverständlich wirkt sich die Corona-Pandemie auf die Gewerbesteuer aus. Aber: Ein großer Teil der wegfallenden Einnahmen wird durch den Bund kompensiert. Wie die Steuern unseres großen Konzernes vor Ort aussehen werden, lässt sich aktuell noch nicht mit Sicherheit vorhersagen. Deshalb wird im Konsolidierungsrat diskutiert, gewisse Steuern neu zu erheben oder zu erhöhen.

Für uns als Linke ist dies der richtige Weg: Eine sozial ausgewogene Zweitwohnungssteuer ist für eine Großstadt längst überfällig, genauso wie eine Erhöhung der Grundsteuer B. Wir können an dieser Stelle von einem Mehreinnahmenpotential im Millionenbereich ausgehen. Und es werden natürlich auch Kürzungen diskutiert.

Streichungen im sozialen Bereich, an Schulen oder bei Vereinen kommen dagegen für uns nicht in Frage. Die Aussage “Kleinvieh macht auch Mist“ ist zwar richtig, an dieser Stelle aber schlicht unangebracht, die sozioökonomischen Konsequenzen eines solchen Handelns können nicht mit minimalen materiellen Gewinnen gerechtfertigt werden.

Wir dürfen als Stadt in keinem Fall Wege suchen, diese Krise auf dem Rücken der Wenigverdienenden auszutragen. Statt die, eh schon Benachteiligten weiter zu rupfen, müssen endlich die Reichen zur Kasse gebeten werden.

Zu Guter Letzt: Ich gehe davon aus, dass in Sachen Konsolidierungsrat das Gejammer von gewissen Parteien lauter wird und jetzt von ihrer Seite Fundamentalopposition betrieben wird. Von Seiten CSU,JU, FW und FDP  wird betont, dass die neue Stadtratsmehrheit Geld „verschleudern“ würde. Dazu kann ich nur sagen: Es gibt viele Baustellen, heruntergekommene Schulen und notwendige Maßnahmen, die unter den letzten Stadtregierungen immer wieder aufgeschoben wurden. Jetzt werden sie angepackt - und das ist gut so!

Albert Wittmann, Stadtrat, Fraktion der CSU:

Nach der Presseerklärung von CSU, Junge Liste, Freie Wähler und FDP zur letzten Sitzung des Konsolidierungsrates war die Empörung des Oberbürgermeisters und seiner politischen Gefolgschaft groß. Neben Rechtfertigungen und politischer Aufgeregtheiten mangelte es nicht an Unsachlichkeit und durchsichtigen Angriffen, wie man sie sonst nur aus Wahlkämpfen kennt.

Tatsache ist, dass die rund 70 Vorschläge der Verwaltungsspitze sich in erster Linie aus gewöhnlichen Gebührenerhöhungen und dem Vorschlag, Immobilien der Stadt zu veräußern, zusammensetzten. Immobilien, welche aus vertraglichen Gründen, wie die Viehmarkthalle, oder wegen sozialer Mietbindungen gar nicht für Konsolidierungsbestrebungen disponibel sind. Ein besonders hilfreicher Vorschlag war dabei noch die Gründung eines städtischen Bestattungsunternehmens mit der Zielsetzung, damit Kosten zu sparen.  Der eigentliche Kern der Konsolidierungsvorschläge war allerdings die Einführung einer Zweitwohnungssteuer und die Erhöhung der Grundsteuern.

Von Einsparungen in der Verwaltung, die man allein im letzten Jahr durch zusätzliches Personal um jährlich fast 20 Millionen € großzügig erweitert hatte, war nichts zu erkennen.
Den Gürtel enger zu schnallen und einzusparen, tut sicher weh. Das haben die Konsolidierungsmaßnahmen der letzten Jahrzehnte gezeigt, als es darum ging, die Auswirkungen von Wirtschafts- und Finanzkrisen in den Griff zu bekommen. Derzeit aber alles auf die Coronakrise zu schieben, ist zu billig und zu kurz gesprungen, zumal die Stadt Ingolstadt gut 70 Millionen an Ausgleichszahlungen für entgangene Gewerbesteuereinnahmen von Staatsseite erhalten hat. Wenn man weiterhin davon ausgehen kann, dass pandemiebedingte Ausgaben großteils ebenfalls von staatlicher Seite kompensiert werden, kann man nicht von den ganz großen finanziellen Belastungen sprechen.

Die Konsolidierung der städtischen Ausgaben ist eine herausfordernde Führungsaufgabe, der man sich mit Courage, Kraft und Kompetenz stellen muss, wenn man dabei erfolgreich sein möchte. Es ist nicht in erster Linie Aufgabe des Stadtrates, sich hier die Einsparvorschläge abzuringen, sondern wohl eher, die Vorlagen der Verwaltung zu prüfen und zu beschließen. Dies wird sicher auch geschehen, wenn man darin einen echten Sparwillen und entsprechend Potenzial erkennen kann. Bei Haushaltskonsolidierung durch Steuererhöhungen jedenfalls wird die CSU Fraktion nicht mitgehen - das haben wir in der Vergangenheit auch mehrfach betont.

Raimund Köstler, Sprecher der Stadtratsgruppe der ÖDP:

Die Ingolstädter Haushaltslage ist überwiegend von den Einnahmen aus der Gewerbesteuer geprägt. Hier zeichnen sich Corona, aber auch schon vorher der Dieselskandal, ab.

Der Konsolidierungsrat hat nun die Aufgabe die städtischen Finanzen mittelfristig wieder auf gesunde Füße zu stellen. Als Stadtrat müssen wir nun Mehrheiten für Einsparungen aber auch für Mehreinnahmen suchen. Dies erwarten die Bürgerinnen und Bürger nun von uns und parteipolitische Spielchen sind dabei fehl am Platz. Und es wird sich auch zeigen, wie wichtig Umweltschutz und Soziales bei einer nicht mehr so gut gefüllten Stadtkasse wirklich sind.

Diese einmalige Arbeit des Konsolidierungsrates darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine langfristige Finanzstrategie notwendig ist. Dabei ist die aktuelle Wirtschaftssituation, aber auch unterschiedliche mögliche Zukunftsszenarien als Grundlage zu nehmen. Anschließend muss der Stadtrat sich die Mühe machen und eine Priorisierung einzelner Themenfelder durchführen. Hierbei spätestens, werden die unterschiedlichen Ausrichtungen der Parteien eine Rolle spielen und jede Partei muss ihre Vision für Ingolstadt zeigen.

Christian De Lapuente, Fraktionsvorsitzender der SPD:

Die Haushaltslage der Stadt Ingolstadt ist angespannt. Die goldenen Zeiten der sprudelnden Gewerbesteuereinnahmen sind momentan vorbei. Bereits vor Corona war ein Rückgang spürbar und die Corona-Pandemie hat das mehr als verschärft. Aber was ist nun der richtige Weg, um aus der Krise zu kommen? Für uns Sozialdemokraten ist die Strategie „Rotstift“ die falsche Strategie. Wenn wir „gestärkt“ aus der Krise kommen wollen, dann mit Investitionsprogrammen. Es wäre das falsche Signal, wenn wir z.B. die baulich sanierungsbedürftigen Schulen jetzt nicht angehen würden oder Personal der Stadt Ingolstadt ausstellen.

Sparen ist mehr als wichtig, aber in der Krise ist es umso wichtiger, dass die Stadt Ingolstadt die wirtschaftliche Situation antreibt und nicht zum Erliegen bringt und trotzdem müssen unsere Einnahmen und Ausgaben genau betrachtet werden. Dafür gibt es einen Konsolidierungsrat, der in seiner letzten Sitzung über 90 Vorschläge erläutert bekam. Die Parteien, die diese Vorschläge kritisieren bzw. diese Punkte nicht weit genug gehen, haben selbst keine Vorschläge eingebracht. Der Haushalt für dieses Jahr wurde bereits beschlossen.

Auch im Nachtragshaushalt zum laufenden Jahr war ein kleiner Lichtblick mit Mehreinnahmen zu verzeichnen. Der Haushalt für 2022 wird Ende des Jahres aufgestellt. Bis dahin müssen die Vorschläge aus dem Konsolidierungsrat im Stadtrat diskutiert werden, damit sie in die Haushaltsplanung 2022 einfließen können. Die SPD Fraktion, nimmt ihre Verantwortung ernst und will gut aus der Krise kommen, und das geht nicht, wenn man als einzige alternative nur den Rotstift ansetzen will. 

Christian Lange, Vorsitzender der UWG-Stadtratsfraktion

Die Haushaltskonsolidierung wird in Ingolstadt nicht ausschließlich über die Ausgaben erreicht werden können. Es ist als Stadtrat auch unsere Pflicht darauf zu achten, dass wir die Einnahmen der Haushaltssituation anpassen. Die Diskussion um höhere Grundsteuern hat gerade begonnen und ich halte es für richtig, wenn wir jetzt diese Diskussion ergebnisoffen führen.

Da der Freistaat Bayern verpflichtet ist, die Grundsteuer grundsätzlich zu reformieren, werden wir in ein paar Jahren eine neue Grundsteuer bekommen, die sich mehr an der tatsächlichen Fläche des Grundstücks orientieren soll. Durch eine moderate Anhebung der Hebesätze in Ingolstadt können wir bei der Grundsteuer Mehreinnahmen erzielen, mit denen wir die Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer teilweise kompensieren können. Das darf kein Tabu sein.

Auf der Ausgabenseite sehe ich durch Investitionsverschiebungen und auch durch das kritische Hinterfragen von Ausgaben ebenfalls Potenzial. Wir befinden uns am Anfang dieses Konsolidierungsprozesses und ich appelliere an alle Fraktionen und Gruppierungen bei Ausgaben und Einnahmen nach Konsolidierungsmöglichkeiten zu suchen.

Hans Stachel, Fraktionsvorsitzender der FREIEN WÄHLER:

In schwierigen Haushaltssituationen, (Corona ist für die heutige Haushaltslage noch kein Grund) egal ob im Privaten, bei Firmen oder in der Kommune werden die Ausgaben und Aufwendungen genau durchforstet und nach Einsparpotential gesucht. Nicht alles was man sich gerne leisten würde und manches, was man sich bei vollen Kassen leistet, ist auch wirklich notwendig.

Da hilft es wenig von einstigen Zeiten zu träumen und nur von der Hoffnung zu leben, dass es wieder mal so wird.

Weniger großzügige freiwillige Leistungen, kostendeckende Gebühren und Streichung oder mindestens Verschiebung von nicht rentierlichen Investitionen sind der Anfang, aber auch die Senkung von liebgewonnenen Standards (bzw. teilweise überzogenen Standards bei der Gebäudeausstattung) müssen ohne Furcht angegangen werden.

Wichtig für alle Beteiligten Ämter, Behörden und Tochterunternehmen der Stadt aber auch der Bürgerinnen und Bürger ist, dass eindeutig der Sparwille erkennbar wird - vom OB, über die Referenten, dem Stadtrat und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Nur dann kann glaubwürdig gespart werden.

Eine „Rezession“ ist auch eine positive Reinigung des Systems von dem, was sich im Laufe der Jahre alles angehäuft hat - wo wir auch über unsere Verhältnisse gelebt haben. Nutzen wir diese Chance - auch wenn es anstrengend ist. Einfach die Steuern zu erhöhen ist sicher nicht der richtige Weg.

Wir Freien Wähler haben bereits mehrfach bei anstehenden Beschlüssen (Stellenplan, Haushalt, Nachtragshaushalt) vor Steuererhöhungen gewarnt, wenn wir so weitermachen. Mir wurde Pessimismus vorgeworfen und wenig Mut und Zuversicht - jetzt bewahrheitet es sich - ich hatte recht, hatte den Mut davor zu warnen und gegen großzügige Ausgabenpolitik zustimmen - und ich habe die Zuversicht, dass die Ingolstädterinnen und Ingolstädter die Wahlgeschenke durchschauen. Denn am Ende bezahlt der Bürger und Steuerzahler die Zeche.

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