Anzeige

Haushaltsrede von Hans Stachel - Fraktionsvorsitzender der FW-Stadtratsfraktion

Haushaltsrede von Hans Stachel - Fraktionsvorsitzender der FW-Stadtratsfraktion

(tt) Der Ingolstädter Stadtrat hatte in seiner heutigen Sitzung den Haushaltsplan der Stadt Ingolstadt zu verabschieden. Traditionell finden hierzu die Haushaltsreden der Vertreterinnen und Vertreter der im Stadtrat vertretenen politischen Parteien und Gruppierungen statt.

Die der Redaktion O-T(h)öne zugesendeten Reden werden, wie im vergangenen Jahr, ungekürzt und nicht redigiert veröffentlicht. Es gilt natürlich das gesprochene Wort.

Nachfolgend die Haushaltsrede von Hans Stachel - Fraktionsvorsitzender der Stadtratsfraktion der Freien Wähler (FW):

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Scharpf,
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Ingolstädter,

Weiter so - geht nicht! Das ist der Tenor meines Redebeitrages zum Haushalt 2021.
Meinen kleinen Begleiter hier am Rednerpult musste ich einfach mitbringen – den Wadlbeißer. Der Wadlbeißer vom Ingolstädter Stadtrat – wie mich ein netter Kollege kürzlich betitelte sagt Ihnen heute mehrfach: Weiter so – geht nicht!

Wer den uns ursprünglich vorgelegten und nicht den inzwischen kurzfristig angepassten Haushalt betrachtet erkennt es relativ leicht…

Zuführungen zum Verwaltungshaushalt von 76 Mio,

Entnahmen aus den Rücklagen in Höhe von ca. 160 Mio.,

gestiegene Personalkosten um ca. 17 Mio auf gut 168 Mio,

prognostizierte Neuverschuldung 2024 mit über 150 Mio.

Das sind Zahlen, die unsere ganze Aufmerksamkeit und höchste Vorsicht erfordern. Weiter so – geht nicht!

 Erforderlich ist es, die Zeichen der Zeit zu erkennen und den Menschen die Wahrheit zu sagen. Zum Geld ausgeben braucht es nicht viel Mut. Den Bürgern zu sagen, es sei alles in Butter, wir machen weiter wie bisher wäre kein Mut, das wäre Täuschung.
 
Unser OB sagte in einer Pressekonferenz wörtlich: „Wir müssen den Personalhaushalt künftig in den Griff bekommen.“ Wieso künftig? Ich sage – wir müssen ihn jetzt und immer im Griff haben. Durch die jüngsten Finanz- und Personalentscheidungen wurde die Situation sogar verschlimmert.
 
Konsolidieren, nachdem ein überzogener und überteuerter Haushalt beschlossen werden soll, ergibt keinen Sinn und ist die falsche Reihenfolge. Wir fordern daher, jetzt beim Haushalt müssen die Einsparungsvorschläge konkret auf den Tisch – ein deutlicher zweistelliger Millionenbetrag pro Jahr ist im Verwaltungshaushalt einzusparen.
 
Ich frage Sie: Wer trägt die Verantwortung für den Haushalt 2021? Der Stadtrat.  Werte Kolleginnen und Kollegen, das sind Sie und ich. Und der Wadlbeißer in mir stellt die Frage: „Wer trägt die Verantwortung für den uns vorgelegten Haushaltsentwurf?“
 
Ich erwarte schon, dass der Oberbürgermeister als derjenige, der in der Stadt und der Verwaltung den Hut aufhat, mit klaren Sparvorstellungen und auch mit gutem Beispiel vorangeht. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen, genau wie Bürgerinnen und Bürger, Orientierung und eine klare Führung und Ansage. Gerade in einer schwierigen wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Lage, - und die haben wir gerade, - ist es von großer Bedeutung, dass die entscheidenden Führungspersonen klare Ansagen machen.
Wir hier im Stadtrat sind aufgerufen, die Richtung vorzugeben. Und ich vertrete den Standpunkt, dass es einer Richtungskorrektur bedarf. Wer mehr ausgibt als er einnimmt und die glücklicherweise vorhandenen hohen Rücklagen in rasantem Tempo verbraucht, der macht einen Fehler.
 
Warum gehen wir in den letzten Stadtratssitzungen und vermutlich auch heute, immer wieder fragliche dauerhafte Verpflichtungen ein, obwohl wir es uns auf Grund der Einnahmen nicht leisten können? Ja wir sind sogar – wohlgemerkt gegen unsere Stimmen- bereit die Zeche für unsere Partner, den Bezirk Oberbayern zu bezahlen, nur weil es denen nicht ins Konzept passt. Es passt aber auch nicht in unser städtisches Finanzkonzept. Wer sich die Frage nach gerechter Bezahlung als Arbeitgeber stellt, und das ist ein wirklich wichtiger Aspekt, der muss sich auch die Frage stellen, wie er es mit den Menschen hält, die er an anderer Stelle unter fremder Fahne für sich arbeiten lässt. Viele würden Hurra schreien, für eine Entlohnung nach TV-S und städtischer Zulage.

Oft reden wir von weichen Standortfaktoren, die angeblich unglaublich wichtig sind, von Neugestaltung und Attraktivierung des öffentlichen Raumes, von einem lieben, teuren und gesellschaftlich wichtigen Kulturleben. Aber die Bereitschaft dafür, die „Kulturkonsumenten und Kulturliebhaber“ selbst tiefer in die Tasche greifen zu lassen ist gering. Wenn Kinopreise die Orientierungsgröße für hochwertige Theaterangebote sind, haben wir schon einen großen Kulturwandel vollzogen. Allerdings in die falsche Richtung! Wir versuchen weiterhin auf Kosten anderer, zukünftiger Generationen, der Umwelt, des Klimas und der vielen Menschen im Niedriglohnbereich unser Leben zu versüßen. Weiter so geht nicht!
 
Ich begrüße ausdrücklich die Überlegungen unseres Oberbürgermeisters, aktiv in eine Aufgabenkritik zu gehen und viele Dinge zu hinterfragen, ob alles was unsere Verwaltung leisten muss und ob alles was wir uns leisten, wirklich notwendig ist. Der häufige politische Reflex, in schwierigen Zeiten nach neuen Steuern oder Steuererhöhungen zu schreien, ist absolut verfehlt, solange man nicht wirklich alle Anstrengungen unternommen hat zu sparen, zu rationalisieren oder auch zu verzichten, in dem man Aufgaben und Angebote kürzt oder streicht.

Da Wadlbeißerhunde einen guten Riecher haben, sage ich Ihnen heute schon voraus: Es dauert nicht mehr lange, dann wird der Ruf nach Steuererhöhungen kommen, und zwar genau von vielen, die heute diesem Haushalt zustimmen werden.

Höchste Anerkennung habe ich für das große ehrenamtliche Engagement in unserer Stadt, egal ob in Kultur, Sport, Sicherheit oder Sozialem. Deshalb sollten wir auch weiterhin genau in diesen ehrenamtlichen Bereich investieren. Ich wähle das Wort investieren ganz bewusst, nicht fördern. Wir investieren in unsere Stadtgesellschaft, denn jeder investierte Euro im Ehrenamt hat definitiv eine Rendite, die vielfach höher ist.

Im Sommer waren wir noch so gutgläubig, dass es im Herbst 2020 nochmals die vereinbarte Möglichkeit gibt, die unbesetzten Stellen zu hinterfragen. Das war ein Fehler. Daraus lernen wir: Stimme niemals zu, wenn die Beschlusslage ein Zugeständnis ist, um des lieben Friedens willen, im Glauben auf eine 2. Chance, zu einem späteren Zeitpunkt.

Wir haben es keineswegs nur auf den Verwaltungshaushalt abgesehen – nein. Um die notwendigen Einsparungen zu erreichen müssen wir bei den Investitionsprojekten die Fülle und den Zeitplan korrigieren. Ich erzähle Ihnen hier nichts Neues. Wir sehen eine Realisierung der Kammerspielpläne an dem vorgeschlagenen Standort extrem kritisch und ein Festhalten an den Plänen für dieses zweite Theater zeigt symbolisch, dass der Spargedanke noch nicht angekommen ist. Investitionen mit Rendite kann man gerne auch mit Krediten finanzieren, wenn man später bereit und in der Lage ist diese wieder zu bedienen und die Schulden zu tilgen, z.B. den möglichen Rückkauf der Stadtwerke.Mehr Mittelstandsförderung würde nicht schaden und im Gegensatz zu gesteigertem Konsum heute, unsere Situation in der Zukunft sichern. Wohlstandsschulden einer zukünftigen Generation aufzuhalsen ist unredlich und verstößt auch gegen das Nachhaltigkeitsprinzip.

Unter dem Gesichtspunkt des Haushaltens muss ich einen speziellen Bereich in der Kommunalpolitik ansprechen. Corona fordert uns seit einem ¾ Jahr heraus, mit unserer Gesundheit und mit sozialen Kontakten vorsichtig zu haushalten. Obwohl wir technisch alle viel dazugelernt haben, beim Reduzieren von Kontakten verhalten wir uns nach meiner Erfahrung nicht vorbildlich. Waren Videokonferenzen in der ersten Corona Welle noch das häufige Mittel der Wahl, sind wir mit dem neuen Stadtrat immer mehr von diesem Weg abgekommen. Auch heute sind wir hier wieder sehr lange beisammen. Trotz Corona, trotz Katastrophenfall, trotz eindringlicher Appelle Kontakte zu reduzieren, trotz voller Klinikbetten und steigender Todesfälle. Ich sage, wir werden gerade von einem falschen Demokratieverständnis getrieben, anstatt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Kolleginnen und Kollegen bestmöglich zu schützen und ein Signal des Vorbildes zu senden. Wir müssen mit der Gesundheit der Mitmenschen und mit unserer eigenen besser haushalten. Und wir müssen sparsamer haushalten, mit den uns zur Verfügung stehenden Finanzmitteln. Nach den von mir gemachten Ausführungen ist es sicherlich keine große Überraschung, dass wir als Freie Wähler Fraktion den vorgelegten Haushalt ablehnen werden. Nicht aus Gängelei, sondern aus Verantwortung für Ingolstadt, um darauf Aufmerksam zu machen, dass Disziplin und Sparsamkeit dauerhaft wichtiger sind. Weiter so geht nicht!

Ganz explizite Anerkennung verdient die Arbeitsleistung unseres Finanzreferenten Herrn Fleckinger und seines Finanzteams. Er ist in hohem Maß auf unsere Vorgaben angewiesen, welche Projekte er wann einplanen muss.

Und mit Blick auf den Wadelbeißer ein Hinweis: Hunde, die nicht laut bellen, können trotzdem beißen.
 
Lieber Christian --- Lange,---- lange schon gibt es die UW, die Unabhängige Wählerschaft in Ingolstadt.  Schon seit 1948. Das Herz älterer FW ler schlägt heute noch für die echte UW, die es nach wie vor gibt und mit uns engstens verbunden ist. Bei der Gründung der UWG kann es sich somit nur um die „Unberechenbare Wähler Gemeinschaft“ handeln, einer Gemeinschaft von teilweise heimatlosen, versprengten Personen, auf der wiederholten, wechselhaften Suche nach einer eigenen Identität. Eine Fake UW in Ingolstadt, als Namenstrittbrettfahrer. Mit der Bezeichnung UWG, ist eine UW zu viel an Bord. Dieser Umstand wird sicherlich noch für sehr viel Erheiterung und Verwirrung sorgen, denn die UW lebt! Weiter so geht, zumindest aus unserer Sicht, auch hier nicht!

Es ist mir ein echtes Bedürfnis zum Ende ein herzliches Dankeschön an alle Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates für den guten Umgang untereinander zu sagen.  Das ist für mich das Positivste der vergangenen Monate. Offenheit und Wertschätzung auch bei unterschiedlichen Meinungen und Differenzen, sind so wichtig und geben mir ein gutes Gefühl. Ich denke, es ist auch ein gutes Vorbild für gelebte Demokratie. Der gleiche herzliche Dank geht auch an unsere Stadtspitze, an Sie H. Oberbürgermeister Dr. Scharpf und Sie beide, Frau Bürgermeisterin Dr. Deneke-Stoll und Frau Bürgermeisterin Kleine. Ich glaube, so langsam haben wir alle unsere Rolle im neuen Stadtrat gefunden. 
Danke sage ich auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung, der städt. Beteiligungen und allen Medienvertretern. Danke auch an alle Bürgerinnen und Bürger, die sich an die Regeln in der Pandemie halten, damit wir baldmöglichst diese schwierige Zeit hinter uns lassen können. Besonders danke ich all jenen, die in der Corona Zeit die schwersten Lasten und Verantwortung tragen. Entweder durch ihren großen, unermüdlichen Einsatz im Gesundheits- und Sozialbereich, beim Gesundheitsamt, aber auch bei all jenen, die unter den Beschränkungen am meisten gelitten haben und noch immer leiden, egal ob menschlich durch Kontaktverlust in Heimen und Tagesstätten oder wirtschaftlich durch Schließungen, wie bei Gastronomen, Hoteliers, Veranstaltern und allen Kulturschaffenden, die es mit der Berufsausübung wegen Corona besonders schwer haben. Ihnen und uns allen wünsche ich frohe Weihnachten und ein hoffentlich besseres Jahr 2021."

Anzeige

Datenschutz

Diese Webseite verwendet Cookies. Einige Funktionen (z.B. eingebundene Videos) können ohne den Einsatz dieser Cookies nicht angeboten werden.

Weitere Infos zum Datenschutz