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Ingolstadt: Weihnachtsstimmung nur by Sponsor

Ingolstadt muss sparen. Und zwar so konsequent, dass plötzlich 20.000 Euro für die Weihnachtsbeleuchtung in der Innenstadt zum Politikum geworden sind. Was früher selbstverständlich war, soll nun über Sponsoren finanziert werden. Weihnachten nach Kassenlage – und die Fußgängerzone als Castingbühne für großzügige Geldgeber.

Oberbürgermeister Michael Kern (CSU) versucht die Kritik zu beruhigen. Über die städtische Pressestelle ließ er heute erklären, man könne sich die Altstadt „gar nicht anders als stimmungsvoll und adventlich beleuchtet“ vorstellen. Doch genau das ist der Punkt: vorstellen kann man sich viel. Zahlen müsste jemand anderes. „Solches Engagement zeigt, was möglich ist, wenn Stadt und Wirtschaft zusammenwirken“, so der OB. Das klingt weniger nach Weihnachtsbotschaft als nach Werbebroschüre.

Millionen fürs Holz – Lampen per Sponsor

Während also um Lichterketten gefeilscht wird, steigen die Kosten für das „Holztheater“ am Glacis von 6,077 Millionen Euro auf 7,2 Millionen Euro. Feuchtigkeitsschäden, Schadstoffe in der Bestuhlung, fehlende Technik, Grundverkabelung, teure Ausschreibungen – über 1,1 Millionen Euro Mehrkosten werden nachgeschoben, als wäre es ein Serviervorschlag. Hier findet man also Wege, verschiebt Mittel, schichtet Haushalte um. Für 20.000 Euro Adventsbeleuchtung hingegen – Sponsoren bitte vortreten.

Und vielleicht findet sich ja tatsächlich noch ein Retter im Glitzerstress. „Vielleicht hilft die Sparkasse. Der OB sitzt dort als Verwaltungsratschef praktischerweise direkt am Geldschalter. Ein kurzer Griff ins Lichter-Sondervermögen – und Weihnachten wäre gerettet.“ Einen Funken Ironie darf man sich erlauben – schließlich fordert die Stadt gerade von der Bürgerschaft Verständnis, während sie selbst mit zweierlei Maß misst.

Prioritäten statt Phrasen

Doch hinter all dem steckt eine ernstere Frage: Versteht die Stadtspitze – gemeinsam mit der Mehrheit des Stadtrates – überhaupt noch, was den Menschen wichtig ist? Für viele Bürgerinnen und Bürger ist die Weihnachtsbeleuchtung kein Luxus, sondern Atmosphäre, Erinnerung, Ritual, ein Stück Identität in einer ohnehin krisengeplagten Zeit. Dass so etwas zur Sponsoring-Ware wird, während anderswo Gelder millionenschwer nachfließen, hinterlässt mehr als schlechte Stimmung.

Weihnachten auf Sponsor-Basis, Theater auf Millionenbasis – und eine Stadtspitze auf dünnem Eis. Vielleicht ist das der neue Ingolstädter Dreiklang. Doch irgendwann wird auch das schönste Sponsorenlicht nicht mehr überdecken, was wirklich fehlt: Orientierung, Augenmaß und ein Funken Gespür für die eigene Stadt. Ingolstadt hat kein Beleuchtungsproblem. Ingolstadt hat ein Prioritätenproblem.

Transparenzhinweis: Eigene Berichterstattung unter Verwendung einer Pressemitteilung der Stadt Ingolstadt.

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