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Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg äußerte sich der Experte für Zufahrtsschutz, Francis Seijas, kritisch zu den eingesetzten Betonpollern. Er betonte, dass improvisierte Lösungen ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstellen und Trümmerteile sowie mitgerissene Objekte das Verletzungsrisiko für Menschen in der Schutzzone erhöhen können.
Ein weiterer UN-Sachverständiger, der anonym bleiben möchte, wies darauf hin, dass viele der aufgestellten Betonleitschienen nicht den geltenden DIN-Normen entsprechen. Er erklärte, dass diese Leitschienen, sofern sie überhaupt geprüft wurden, nicht normkonform aufgebaut gewesen seien. Um wirksam zu sein, müssten sie mindestens in einer Reihe von 30 bis 60 Metern Länge fest verkettet und am Anfang und Ende mit dem Untergrund verbunden sein. Andernfalls könnten sie im Anprallfall mehr Menschen gefährden als schützen.
Der Zugfahrtschutz-Experte Christian Schneider äußerte sich im ZDF-„heute journal“ kritisch über das bestehende Sicherheitskonzept in Magdeburg. Er betonte, dass der Anschlag bei Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik hätte nicht stattfinden dürfen. Schneider erklärte, dass die Verantwortlichen in Magdeburg diese Standards offensichtlich nicht beachtet hätten. Er wies darauf hin, dass ein ordnungsgemäßes Zufahrtsschutzkonzept, das den technischen Normen entspricht, solche Vorfälle verhindern kann. Der Fachmann hob hervor, dass improvisierte Lösungen ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstellen können. Er betonte, dass unzureichende oder falsch installierte Barrieren im Ernstfall mehr Menschen gefährden als schützen könnten. Um wirksam zu sein, müssten Zufahrtssperren den geltenden DIN-Normen entsprechen und korrekt installiert werden.
Auch am Beispiel Ingolstadts stellt sich die Frage: Wie sicher ist der Weihnachtsmarkt in der oberbayerischen Stadt? Das Nachrichtenportal O-T(h)öne hat Anfang Januar bei der Ingolstädter Stadtverwaltung das Sicherheitskonzept des örtlichen Weihnachtsmarktes hinterfragt. Im Fokus stehen die Einhaltung technischer Normen, die Wirksamkeit der Zufahrtssperren, die Zusammenarbeit mit Experten sowie die regelmäßige Überprüfung der Maßnahmen. Die vollständigen Fragestellungen finden Sie am Ende des Artikels.
Das Kulturamt und das Ordnungsamt der Stadt Ingolstadt antworteten heute wie folgt und verwiesen in ihrer Antwort auf die wichtige Rolle der Polizei bei der öffentlichen Sicherheit: (ungekürzt und nicht redigiert)
Bei Planung und Vorbereitung von Großveranstaltungen gelten der sicheren Durchführung der Veranstaltung und dem Schutz der Besucherinnen und Besucher höchstes Augenmerk. Ziel ist es, durch sorgfältige Vorbereitung, vorausschauende Konzepte und regelmäßige Überprüfung der Maßnahmen eine bestmögliche Sicherheit zu gewährleisten. Dabei fließen die neuesten Erkenntnisse und Entwicklungen bei Schutzkonzepten ebenso ein wie die Bewertung der jeweils aktuellen Lage durch Polizei und Sicherheitsbehörden.
Bei Großveranstaltungen des Kulturamts gibt es aufgrund der abstrakten Gefährdungslage seit etlichen Jahren detaillierte Sicherheitskonzepte, die kontinuierlich fortgeschrieben, verfeinert und aktuellen Entwicklungen angepasst werden. Dies gilt sowohl für den Christkindlmarkt als auch für alle anderen Großveranstaltungen des Kulturamts. Neben dem regelmäßigen und kontinuierlichen Austausch zwischen Kulturamt, Polizei, Sicherheitsbehörde und Rettungsdienst finden mehrmals im Jahr gesonderte Sicherheitsbesprechungen statt, bei denen die genannten Akteure und weitere Ämter (wie z. B. das Verkehrsmanagement) die Veranstaltungen sowie die Sicherheits- und Gefährdungslage besprechen. Auf Grundlage dieser Informationen werden die jeweiligen Sicherheitskonzepte fortgeschrieben und angepasst.
Das Kulturamt als Veranstalter reicht das Sicherheitskonzept vor jeder Veranstaltung bei den zuständigen Behörden ein. Polizei, Feuerwehr, Sicherheitsbehörde und Rettungsdienst erteilen ihr Einvernehmen mit dem Sicherheitskonzept oder fordern entsprechende Anpassungen. Die Mitwirkung der Behörden soll sicherstellen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften beachtet werden und Festsetzungen, z. B. die Anzahl der erforderlichen Ordnungskräfte, sich an den sicherheits- und ordnungsrechtlichen Bedürfnissen ausrichten und unabhängig von wirtschaftlichen Erwägungen getroffen werden. Das Sicherheitskonzept des Christkindlmarktes wurde den zuständigen Behörden zum Einvernehmen vorgelegt.
Bei diesen Sicherheitskonzepten, deren Struktur und Inhalte nicht gesetzlich vorgegeben sind, werden nicht nur das Thema Zufahrtsschutz, sondern auch weitere Bedrohungen betrachtet, z. B. durch Unwetter oder parallele Großveranstaltungen. Hier fließen stets auch Erkenntnisse zu potenziell neuen oder veränderten Bedrohungen ein.
Grundsätzlich werden die Zufahrten des Christkindlmarkts vor einer unerlaubten Einfahrt geschützt. Als Zufahrtsschutz-Sperren werden die hierfür üblicherweise eingesetzten Betonquader verwendet. Alternativen oder technische Neuerungen werden bei der Erarbeitung der Sicherheitskonzepte regelmäßig geprüft. Die Zufahrtsschutz-Sperren entsprechen nicht etwaigen DIN-Normen, da solche Vorgaben bisher weder vom Staat noch vom Land gesetzlich vorgeschrieben sind.
Nach jeder Großveranstaltung werden die jeweiligen Erfahrungen evaluiert und, falls nötig, Maßnahmen angepasst. Natürlich wird auch für den Christkindlmarkt 2025 das Sicherheitskonzept wieder evaluiert und bei Bedarf aktualisiert. Erkenntnisse aus dem Anschlag in Magdeburg werden dabei berücksichtigt und fließen bereits in die Sicherheitskonzepte kommender Großveranstaltungen ein, gegebenenfalls auch hinsichtlich der Zufahrtsschutz-Sperren.
Sicherheitskonzepte werden im Detail nicht der Allgemeinheit offengelegt. Die relevanten Akteure erhalten jedoch die notwendigen Informationen. Auch der Sicherheitsdienst des Christkindlmarktes wird in das Sicherheitskonzept eingeführt und entsprechend geschult. Eine generelle Veröffentlichung eines Sicherheitskonzepts ist nicht empfehlenswert, da potenzielle Täter Rückschlüsse ziehen könnten, wie eine Tat dennoch verwirklicht oder das Sicherheitskonzept umgangen werden kann.
Obwohl es in den letzten Jahren wieder vermehrt Diskussionen und Nachfragen gab, ob man die Sicherheitskosten reduzieren könnte, hat sich die Stadt Ingolstadt ausdrücklich dagegen ausgesprochen, da es keinerlei Hinweise darauf gibt, dass sich die Sicherheitslage deutlich verbessert hätte.
Nachfolgende Fragen richtete das Nachrichtenportal O-T(h)öne an das Presse- und Informationsamt der Stadt Ingolstadt.
Fragen zur allgemeinen Sicherheitslage und den eingesetzten Maßnahmen:
• Entspricht das Zufahrtsschutzkonzept des Ingolstädter Weihnachtsmarktes den geltenden technischen Normen, insbesondere den DIN-Normen für Zufahrtssperren?
• Welche spezifischen Maßnahmen wurden ergriffen, um eine Zufahrt von Fahrzeugen über die Tränktorstraße auf den Weihnachtsmarkt zu verhindern, speziell angesichts der abschüssigen Straßenführung?
• Wurden zusätzliche Schutzmaßnahmen an den Zufahrten aus Richtung des Platzes vor dem Haupteingang des Stadttheaters eingerichtet, um das Risiko eines Angriffs aus dieser Richtung zu minimieren?
• Sind die eingesetzten Betonpoller oder Barrieren zertifiziert und nachweislich für den Schutz gegen Fahrzeugangriffe geeignet?
• Bei den eingesetzten Schutzmaßnahmen handelt es sich offensichtlich um improvisierte Lösungen. Warum wurde darauf zurückgegriffen und keine dauerhafte Lösung angestrebt, auch zum Schutz des Wochenmarktes und sonstiger Veranstaltungen auf dem Theatervorplatz?
• Wurde das Sicherheitskonzept vor der Umsetzung von externen Sicherheitsexperten geprüft und bewertet?
• Wie wird sichergestellt, dass die Schutzmaßnahmen im Ernstfall nicht selbst zu einer Gefahr werden, beispielsweise durch umherfliegende Trümmer oder unzureichend befestigte Sperren?
Fragen zu den Lehren aus dem Anschlag in Magdeburg:
• Wird das Sicherheitskonzept nach den Vorfällen in Magdeburg überprüft und angepasst?
• Gibt es Überlegungen, verstärkte Zufahrtssperren oder alternative Schutzmaßnahmen einzusetzen, um die Sicherheit zu erhöhen? Wenn ja, welche?
Fragen zur Überwachung und Zusammenarbeit:
Fragen zu Transparenz und Kommunikation:
Fragen zur Zukunft der Sicherheitsplanung:
Quelle: Eigene Berichterstattung.