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Der Nachrichtenkanal O-T(h)öne führte ein langes und ausführliches Gespräch mit dem designierten Oberbürgermeisterkandidaten der FDP, Jakob Schäuble. Dies wird in mehreren Teilen veröffentlicht. Lesen Sie heute den dritten Teil.
O-T(h)öne: Es gibt ein schon älteres Gutachten zur Entwicklung der Pflegesituation in Ingolstadt sowie Prognosen des zuständigen bayerischen Staatsministeriums. Wenn man beides betrachtet, haben wir hier vor Ort in die Zukunft gerichtet ein sehr großes Defizit bei diesem Thema. Schon jetzt ist es problematisch, einen stationären Pflegeplatz zu finden. Was sind Ihre Ideen, um die Pflegesituation in allen Bereichen in Ingolstadt zu verbessern?
Schäuble: Ich glaube, man muss auch da immer bei der Wahrheit bleiben: Einen Teil der Probleme werden wir kommunal nicht lösen können. Nehmen Sie den Personalschlüssel, was die Fachkraftquote in Pflegeheimen angeht. Das ist eine Katastrophe. Das ist aber nichts, woran wir kommunal etwas ändern können. Wir können uns beim Städtetag dafür einsetzen, und das finde ich auch richtig. Die Entscheidungen fallen in der Bundespolitik, und wir müssen mit dem leben, was dort beschlossen wird. Wo wir als Kommune uns engagieren können, ist einerseits Grundstücke für mögliche Interessenten bereitzustellen und andererseits innovative Pflege zu fördern, was wir ja auch tun. Speziell meine ich innovative Versorgungsformen, die zwischen stationärer und ambulanter Versorgung stehen. Ich glaube, das wird ein wichtiges Instrument in der Zukunft werden. Wir haben das Glück, dass viele Ältere im Vergleich zu früheren Zeiten noch relativ oder sehr gesund sind und oft mobil bleiben und mit Unterstützung, wie beim Kochen, gut klarkommen. Eine Mischform in der pflegerischen Versorgung hat aus meiner Sicht großes Potenzial, um die Selbstständigkeit im Alter zu erhalten, was für viele Betroffene sehr wichtig ist.
Ein Punkt, den wir als Kommune beeinflussen können, ist die Ausbildung. Mit dem Berufsbildungszentrum am Klinikum Ingolstadt haben wir einen wichtigen Einfluss darauf, wie viele Fachkräfte wir ausbilden und in welcher Qualität. Dort bilden wir exzellent aus. Das Ziel muss sein, noch mehr Fachkräfte auszubilden. Ich setze mich schon seit vielen Jahren dafür ein, dass das Ausbildungszentrum weiter gestärkt wird. Das spielt eine ganz wesentliche Rolle. Denn es scheitert nicht an den Grundstücken, dass hier niemand Pflegeheime baut. Es scheitert auch nicht am städtischen Zuschuss. Es scheitert letztendlich an der Frage: Kann ich das Fachpersonal gewinnen, um ein Pflegeheim zu betreiben?
O-T(h)öne: Sie haben gesagt, die Stadt bietet pro Pflegebett Zuschüsse und Grundstücke an, und trotzdem kommen keine Investoren. Muss die Stadt deshalb im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge selbst ein Pflegeheim zur Verfügung stellen? Andere Städte und sogar Gemeinden machen dies.
Schäuble: Das würde das Problem mit den Fachkräften nicht lösen. Die Stadt wäre dann ein Anbieter unter vielen und alle suchen das gleiche Pflegepersonal.
O-T(h)öne: Ist es nicht attraktiver, im öffentlichen Dienst, beim öffentlichen Arbeitgeber zu arbeiten, als bei privaten Anbietern?
Schäuble: Das macht keinen Sinn, wenn die Pflegekräfte fehlen.
O-T(h)öne: Ein städtischer Anbieter hat im Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes in der Regel mehr Leistungen als andere Träger. Bei den Kitas funktioniert es ja. Auch da haben wir Fachkräftemangel, und der Stadtrat hat mehrheitlich eine Zulage für Erzieherinnen beschlossen.
Schäuble: Wir können gerne darüber diskutieren, wie man die Wirksamkeit einer solchen Maßnahme überhaupt messen kann. Ich glaube, das ist extrem schwierig. Wir haben einige Erzieherinnen gefunden. Ob das jetzt an der Zulage liegt, sei mal dahingestellt, da die Region insgesamt nachgezogen hat. Das Gehalt von Erzieherinnen und Pflegekräften ist in den letzten Jahren auch deutlich gestiegen. Das hat dazu geführt, dass wir vollere Ausbildungsjahrgänge haben und das Problem sich ein wenig entspannt hat. Das allein auf die Zulage zurückzuführen, halte ich für gewagt.
O-T(h)öne: Also bleibt für die Pflegebedürftigen nur das Prinzip Hoffnung?
Schäuble: Das würde ich so überhaupt nicht sehen. Es spielt am Ende keine große Rolle, ob Sie ein städtisches Heim haben oder andere Organisationsformen. Es gibt ja auch jetzt Institutionen, die gut zahlen und trotzdem Pflegekräfte suchen. Aus meiner Sicht ist das Thema für die Kommune, das zu tun, was wir bereits tun: Bereitstellung von Grundstücken, Förderung und Ausbildung. Man muss ehrlich sein: Wir werden nicht darum herumkommen, in der Geschwindigkeit, in der das Problem auf uns zukommt, Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben, um die Pflegesituation in der Region zu verbessern.
O-T(h)öne: In Ingolstadt haben wir die Situation, dass wesentlich mehr Wohnungen benötigt werden, als auf dem Markt zur Verfügung stehen. Die Finanzsituation der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft (GWG) ist angespannt. Es wird dort nicht möglich sein, nochmals solche Sonderbauprogramme aufzulegen, wie zu Zeiten von Oberbürgermeister Lösel. Was sind Ihre Ideen, um preisgünstigen Wohnungsbau in Ingolstadt zu ermöglichen und den Wohnungsbau insgesamt voranzubringen?
Schäuble: Die GWG läuft unter Volllast. Der Planungshorizont ist noch weit gesteckt, und die für die aktuelle Struktur ausgelastet. Das ist unabhängig vom Finanziellen, der Eigentümer würde sicher nochmals Eigenkapital bereitstellen, wenn das benötigt würde. Die Stadt ist Haupteigentümer, daran wird es nicht scheitern. Um aber noch mehr bauen zu können brauchen sie die Kapazitäten sowohl auf dem Baumarkt, bei der GWG und noch mehr Grundstücke. Um die Explosion der Baukosten zu stoppen, können wir versuchen gewisse Erleichterungen zu schaffen und innovative Bauformen zu fördern. Die GWG baut oft mit einem hohen Standard, aber auch wirklich innovativ. Wenn wir die Kindergärten in der Gustav-Adolf-Straße nehmen, dann sehen wir, dass dort in toller baulicher Qualität zu guten Kosten gebaut werden kann. Wir müssen das auf den Wohnungsbau übertragen. Da sehe ich noch Potenzial. Aber wir müssen bei den Quadratmeterpreisen in Ingolstadt auch weiter darüber reden, dass wir den Platz auf den Grundstücken möglichst optimal ausnutzen – und das gilt auch für die Höhe.
O-T(h)öne: Das heißt, Nachverdichtung und künftig höher bauen?
Schäuble: Ja, das wird ein Teil davon sein.
O-T(h)öne: Und der andere Teil?
Schäuble: Nachverdichtung ist wichtig. Die GWG am Laufen zu halten und möglichst gut auszustatten, halte ich auch für einen ganz wichtigen Punkt. Ich sehe da aktuell keine großen Defizite. Die Grundstücke sind vorhanden, ebenso die Planungen. Das Land Bayern hat ja von der Südbau ein Projekt an der Stinnesstraße aufgekauft und macht das jetzt als Bayernheim. Ein solches Vorgehen halte ich für die Kommune nicht für erfolgsversprechend, da die Wohnungen ja so oder so entstehen. Wir müssen auch den Privaten die Möglichkeit geben, und da sind genossenschaftliche Bauformen für mich durchaus denkbar. JU und FDP haben einen Antrag gestellt, dass die Stadt auf eigenen Grundstücken selbst baut und die Wohnungen dann günstig weitergibt. Die GWG wäre dazu in der Lage. Ich glaube, das sind Modelle, die man weiterverfolgen muss. Die Wahrheit ist aber auch: Ganz niedrige Preise sind in der Region – mit einer hoffentlich weiter funktionierenden Wirtschaft – nicht zu erwarten. Wir müssen versuchen, so günstig wie möglich anzubieten, aber Ingolstadt ist eine Großstadt. Wenn wir uns mit dem Umland vergleichen, wie das oft gemacht wird, dann gelten die Vergleiche aus der Vergangenheit nicht mehr.
O-T(h)öne: Was ist Ihre Position zum Thema Schulbauten?
Schäuble: Ich glaube, dass wir da einen enormen Aufholbedarf haben. Das sehen wir auch in unseren Bauaktivitäten, sowohl jetzt als auch für die Zukunft. Diese werden von Schulbauten dominiert. Wenn wir uns das Apian-Gymnasium anschauen, wo zwei meiner Jungs sind, dann sind dort jetzt die meisten Toilettenanlagen saniert, eine fehlt noch. Das gilt auch für andere Schulbauten in Ingolstadt, wie die Grundschule Hundszell. Die Toilettenanlage war, wie soll man es nennen, interessant. Auch in Haunwöhr war es einfach, sagen wir es wie es war, grauenhaft, das konnte ich selbst in Augenschein nehmen. Wir haben nicht nur viele Schulbauten auf den Weg gebracht, sondern gleichzeitig dafür gesorgt, dass kleinere Teilsanierungen unproblematisch vorgenommen werden können. Ich glaube, das ist auch ein ganz wichtiger Baustein.
O-T(h)öne: Was ist für die Zukunft noch erforderlich? Weiter sanieren?
Schäuble: Sanieren ist schon ein ganz wichtiger Bestandteil. Wir haben jetzt die neue Realschule, die interimsmäßig zuerst einmal in die alte Wirtschaftsschule kommen wird. Ich glaube, das ist ein wesentlicher Weg. Wir arbeiten aktuell sehr viel mit Containern. Wir sollten in Zukunft versuchen, auf Jahrzehnte hinaus zu planen, wann jemand umzieht und wie dann die Räumlichkeiten zwischengenutzt werden können, sodass wir zu einem gesamtheitlichen Konzept kommen. Die Sanierungsabstände sind immer recht ähnlich, also auch das kann man planen. Wir sind Sachaufwandsträger, und da müssen wir auch viel im Bereich der Digitalisierung tun. Dass die Digitalisierung das Allheilmittel ist, wie das Kind auf dem iPad schreiben lernt, das glaube ich persönlich nicht. In den weiterführenden Klassen ist es trotzdem ganz wichtig, dass man lernt, mit der Digitalisierung umzugehen und diese zu handhaben. Neben der Gebäudesituation müssen wir gleichzeitig in die technische Ausstattung investieren. Das muss Hand in Hand gehen. Wir müssen die Gebäude auch im Bestand erhalten, das halte ich für absolut richtig.
Quelle: Eigene Berichterstattung.
Anmerkung der Redaktion: Das Gespräch wurde am Freitag, dem 4. Oktober, aufgezeichnet.