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Jakob Schäuble (FDP) zu Staatstheater, Finanzlage und Sicherheit

Der Nachrichtenkanal O-T(h)öne führte ein langes und ausführliches Gespräch mit dem designierten Oberbürgermeisterkandidaten der FDP, Jakob Schäuble. Dies wurde in mehreren Teilen veröffentlicht. Lesen Sie heute den vierten und letzten Teil.

Staatstheater

O-T(h)öne: Derzeit lässt die Ingolstädter Kommunalpolitik den Luftballon „Staatstheater Ingolstadt“ steigen. Wie realistisch ist die Umsetzung der Idee?
Schäuble: Ich habe nichts gegen ein Staatstheater Ingolstadt, aber ich halte es für absolut nicht realistisch.
O-T(h)öne: Dies bedeutet, die Stadt Ingolstadt wird wahrscheinlich die Sanierungskosten des Stadttheaters von rund 200 Millionen Euro selbst tragen müssen, mit den Zuschüssen, die der Freistaat gewährt?
Schäuble: Wir sind gerade in der Erhebung der Kosten. Ich glaube, es ist sinnvoll, die Ergebnisse abzuwarten und dann darüber zu sprechen. Dass das ein ordentlicher Betrag sein wird, ist allein schon an der Größe des Bauwerks abzulesen.

Finanzlage der Stadt Ingolstadt

O-T(h)öne: Wir haben eine sehr angespannte Finanzsituation bei der Stadt Ingolstadt. Diese wird sich durch die magere Gewerbesteuer in den Folgejahren nicht verbessern. Wie sind die ganzen Herausforderungen, vor denen die Stadt finanziell steht, wie das Defizit und die Generalsanierung des Klinikums, die Schulsanierungen, der Wohnungsbau, die Sanierung des Stadttheaters, hohe Ausgaben im Verwaltungshaushalt und rund 1,1 Milliarden Schulden in allen Beteiligungsunternehmen, zu bewältigen?
Schäuble: Wir haben in der kommunalen Finanzierung die Differenzierung zwischen dem Vermögenshaushalt und dem Verwaltungshaushalt. Der Vermögenshaushalt, in dem die Gebäude mit einfließen in der Kameralistik, darf über Schulden refinanziert werden, und wir werden auch einen Teil der Gebäude in Zukunft über Schulden refinanzieren müssen. Alles andere wäre nicht realistisch aus meiner Sicht. Wir müssen so viele Schulen und Kitas bauen, aber auch zum Beispiel die Erhaltung der Schillerbrücke dringend vornehmen, weil sonst ein Ersatz fällig wird, was viel, viel teurer wäre als die Sanierung. Sparen, ja, aber wir dürfen eine Kommune nicht kaputtsparen. Das ist ein schmaler Grat. Ich denke, wir müssen uns alles anschauen. Da wird es auch Einschnitte geben. Ich bin aber niemand der sagt, dass wir müssen auf Teufel komm raus die Null halten und dabei die Kommune kaputtsparen. Wir sind zu bestimmten Vorhaltungen als Kommune verpflichtet. Das sind z.B. die Schulen, die Feuerwehr und das Klinikum. Dann gibt es Vereine, die auch ganz wichtig sind für die Integration, für die Sozialisierung, um die Kinder in ihrem Fortkommen zu unterstützen. Ich glaube, das sind Themen, die so elementar sind, dass wir uns zwar anschauen müssen, ob wir bei manchen Sachen überzogen haben, ob wir Goldrandlösungen gewählt haben. Ich erinnere mich nur an ein paar Toiletten, die relativ teuer waren auf einem Sportgelände. Da müssen wir in Zukunft versuchen, so etwas pragmatischer zu bauen. Aber das wird nicht ausreichen, um keine Schulden machen zu müssen. Dafür ist das Bauvolumen zu hoch. Wir dürfen uns nicht kaputtsparen und langfristige Strukturen zerstören, die für die Stadt elementar sind. Wi müssen unsere eigenen Hausaufgaben machen und das Sparpotenzial sehr ernsthaft angehen, das gilt auch für die Töchter. Ich sehe aber auch das Land und den Bund in der Pflicht, die Refinanzierung der Kommunen zu verbessern. Es ist eine große Herausforderung, der wir uns stellen müssen. Das ist einfach so. Aber jetzt den Kopf in den Sand zu stecken und zu sagen, wir machen mal nichts, verschärft die Situation für die nachfolgende Generation und macht es auf keinen Fall besser. Wir müssen unserer Verantwortung gerecht werden. Manches kommt jetzt auf uns zu, weil in der Vergangenheit zu viel aufgeschoben wurde.
O-T(h)öne: In der finanziellen Konsolidierungsliste der Verwaltung steht im roten Bereich, das Tiergehege am Baggersee zu schließen. Wie vermittelt man der Ingolstädter Bevölkerung, dass mittlerweile 58,7 Millionen Euro in das Museum für Kunst und Design fließen, das nur von einem begrenzten Personenkreis genutzt wird, und gleichzeitig diskutiert wird, wegen notwendiger Sparmaßnahmen das Wildgehege am Baggersee zu schließen?
Schäuble: Der Bau des Museums für Kunst und Design wurde lange vor meiner Zeit als Stadtrat beschlossen. Mit dem heutigen Wissensstand würde man eine andere Bauvariante wählen, eine Überbauung, die technisch viel einfacher gewesen wäre, aber das ist vergossene Milch. Als ich in den Stadtrat gekommen bin, gab es auch noch die Möglichkeit, den Bau abzubrechen. Dann hätten wir alle Förderungen zurückzahlen und den Bau wieder zurückbauen müssen, was zu dem Zeitpunkt mindestens genauso teuer gewesen wäre, wie der Weiterbau. Deswegen gab es da keine vernünftige Wahlmöglichkeit mehr. Wir haben uns das natürlich zeigen lassen. Es ist unsere Aufgabe, zu kontrollieren und zu hinterfragen, um dann zu vernünftigen, pragmatischen Lösungen zu kommen. Wenn der Bau fertiggestellt ist, unabhängig von den Kosten, wird dies ein toller Bau. Ich freue mich auf die Eröffnung des Museums für konkrete Kunst und Design, ich mag das sehr. Ich gehöre zu dem „begrenzten“ Personenkreis, den Sie angesprochen haben. Ich glaube auch, dass Kultur ein ganz wichtiger Bestandteil in der Kommune ist. In Anbetracht der knappen Kassen müssen wir uns aber natürlich harten Entscheidungen stellen. Die ganz großen Themenblöcke, bei denen gespart werden kann, sind bekannt. Das sind z.B. Zulagen, die wir aktuell zahlen. Dazu wird es sicher eine Diskussion geben, aber es gibt auch noch viele kleine Themen.
O-T(h)öne: Welche Zulagen meinen Sie?
Schäuble: Die Zulagen für die Erzieherinnen, die wir aktuell zahlen. Das ist ein relativ großer Betrag für eine freiwillige Leistung.
O-T(h)öne: Was ist mit der Überführung der Servicekräfte im Klinikum in den Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes?
Schäuble: Ja, auch das war ein Thema. Aber das wird sicher nicht mehr rückgängig gemacht. Prinzipiell sind alle Themen aber nur im Gesamtpaket vernünftig zu diskutieren. Ich glaube, was wir nicht machen dürfen, und das habe ich vorher auch schon mal versucht zu betonen, ist, an der Zukunftsfähigkeit der Kommune zu sparen. Das Feuerwehrhaus Ringsee muss halt saniert werden. Das noch weiter zu schieben, ist überhaupt keine gute Option. Sie können versichert sein, dass ich mir nicht nur den Konsolidierungsplan angeschaut habe, sondern auch im Vorfeld den gesamten Haushaltsplan durchgearbeitet habe, das sind ein paar DIN-A4-Ordner. Am Ende, wenn die Kommune spart, wird es Entscheidungen geben müssen, die nicht jedem gefallen. Das gehört ganz klar zur Wahrheit dazu. Wenn wir uns die Finanzsituation anschauen, dann müssen wir uns auf Kerngebiete konzentrieren. Nehmen Sie die Donautherme, das ehemalige Wonnemar: In der jetzigen Situation würde niemand dieses Risiko nochmals eingehen, da dies außerhalb der Kernaufgabe der Kommune liegt. Der Stadtrat muss sich hinterfragen, was die Kernaufträge der Kommune sind. Was macht die Kommune in ihrer zukünftigen Leistungsfähigkeit aus? Es gibt auch noch Bereiche, da ist tatsächlich zu wenig Geld drin, obwohl wir sparen müssen.
O-T(h)öne: Welchen Bereich meinen Sie?
Schäuble: Zum Beispiel die Sprachförderung in Kitas. Ich glaube, dass das ganz elementar ist für die zukünftige Leistungsfähigkeit und auch für den Zusammenhalt in der Gesellschaft, dass Sprache verstanden wird. Da muss noch mehr getan werden. Nicht nur von der Kommune, da ist auch das Land aus meiner Sicht deutlich in der Pflicht. Der Bund hat das Programm nach Diskussionen weitergeführt. Wir müssen uns immer Gedanken darüber machen, wo wir die Mittel möglichst wirksam für die Gesellschaft einsetzen können. Es benötigt einen sorgfältigen Abwägungsprozess, dem wir uns aber stellen müssen.

Lange Wartezeiten bei der Stadtverwaltung

O-T(h)öne: Es gab in jüngster Zeit Kritik, dass das Verwaltungshandeln in der Stadtverwaltung zu lange dauert. Was sind Ihre Lösungsansätze, damit die Verwaltung ein effizienter Dienstleister wird?
Schäuble: Wenn wir das Thema Personalausweise nehmen, da hatten wir eine deutliche Fallzahlsteigerung, bedingt durch Gesetzesänderungen, die nicht bei der Kommune lagen. Deswegen ist da auch personalmäßig nachgelegt worden. Dies mit einer Stadtratsmehrheit, was ich auch richtig finde, wenn es eine klare Aufgabenmehrung gibt. Das ist eine Pflichtaufgabe, der wir auch gerecht werden müssen. Wir dürfen Mitarbeiter nicht überfordern, und das war ganz sicher der Fall bei den Fallzahlsteigerungen, die wir hatten. Gleichzeitig denke ich, es gibt viel Potenzial, was die Abläufe angeht. Ein Teil liegt bei der Kommune, ein Teil liegt auch beim Bund und wurde jetzt auch verbessert. Nehmen wir das Thema Personalausweis. Früher war es so, Sie haben ein digitales Foto gemacht, dann haben Sie das ausgedruckt, dann eingescannt und auf den Personalausweis gedruckt. Das ist ein Prozess, der offensichtlich nicht besonders effizient ist. Ebenso konnten Personalausweise früher nicht einfach nach Hause geschickt werden, was jetzt der Fall ist. Das heißt, wir haben im Bereich der Digitalisierung und der Prozesse durchaus noch Potenzial, die Vorgänge zu beschleunigen. Wir haben dazu auch ein großes Antragspaket geschrieben in der Digitalisierungsstrategie. Da ist jetzt vieles in der Umsetzung, aber das braucht einfach Zeit, bis es Wirkung entfaltet. Wir benötigen eine Verschlankung und Vereinfachung der Arbeitsprozesse in der Verwaltung. Wir müssen die Mitarbeiter entlasten durch digitale Prozesse und ihnen nicht noch mehr Arbeit aufdrücken.

Sicherheit und gefühlte Sicherheit

O-T(h)öne: Wie würden Sie als Oberbürgermeister der Stadt Ingolstadt das Thema Sicherheit und gefühlte Sicherheit angehen?
Schäuble: Ich fühle mich in Ingolstadt tatsächlich sehr sicher, das geht nicht jedem so, und es ist auch wichtig, das zu erkennen, zu respektieren und zu versuchen, Abhilfe zu schaffen. Das mit nur einer Maßnahme zu tun, wird dem Thema nicht gerecht. Es können Maßnahmen wie Beleuchtung sein, die manchmal einen enormen Zuwachs an subjektivem Sicherheitsgefühl erzeugen. Im Klenzepark haben wir das entlang der Mauer, in den Tiefgaragen ist das ein großes Thema. Das kann punktuell auch Videoüberwachung sein. In Tiefgaragen wissen wir aus Studien, dass das sehr sinnvoll sein kann und auch objektiv verbrechensmindernd wirkt. Das können Aufklärungskampagnen sein oder die Sicherheitswacht, die durch Ingolstadt geht und uns da unterstützt. Ich glaube, es braucht ein ganzes Bündel an Maßnahmen, um das subjektive Sicherheitsgefühl weiter zu verbessern.

O-T(h)öne: Ich hätte jetzt die Bitte, dass Sie Sätze, die ich beginne, spontan ergänzen.
Von Christian Lindner habe ich gelernt…

Schäuble: wie wichtig ist es, die Finanzsituation in einer Regierung im Blick zu behalten?
O-T(h)öne: Am Ministerpräsidenten Markus Söder schätze ich…
Schäuble: ich bin kein Fan von Markus Söder.
O-T(h)öne: Stadtrat Christian Lösel ist für mich…
Schäuble: wertvoller Impulsgeber im Bereich Künstliche Intelligenz.
O-T(h)öne: Dass bisher keine OB-Kandidatin in Sicht ist…
Schäuble: das ist jeder Partei überlassen und von daher obliegt es mir nicht andere dafür zu kritisieren, wie sie aufstellen.
O-T(h)öne: Die Angst vor einer tiefgreifenden Wirtschaftskrise…
Schäuble: ist berechtigt und nachvollziehbar und deswegen müssen wir als Kommune alles dafür tun, dass wir in Ingolstadt Standortbedingungen haben, die das möglichst abschwächen.

Quelle: Eigene Berichterstattung.

Anmerkung der Redaktion: Das Gespräch wurde am Freitag, dem 4. Oktober, aufgezeichnet.

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