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Kern (CSU) hat keine Kritik an Beschäftigten der Stadt geübt

Von Thomas Thöne

Man stelle sich einmal vor, der ehemalige Oberbürgermeister Christian Lösel (CSU) hätte mit einem Brief, in seiner Eigenschaft als Oberbürgermeister, so auf die damalige Nominierungsrede des SPD-Oberbürgermeisterkandidaten Christian Scharpf reagiert, wie Scharpf dies dieser Tage gegenüber dem Oberbürgermeisterkandidaten der CSU, Michael Kern, getan hat. Man stelle sich einmal vor, Lösel hätte dieses Schreiben über die städtischen Mitarbeiter in der Pressestelle an die Medien verteilen lassen, wie dies Scharpf getan hat.

Ein Aufschrei wäre durch die damalige vereinte Opposition von SPD, GRÜNEN, Bürgergemeinschaft und ÖDP gegangen. Nicht nur das: Die Gruppierungen hätten auf die Neutralitätspflicht des Stadtoberhauptes im Wahlkampf hingewiesen. Bei einem Verstoß gegen die Neutralitätspflicht kann es zur Ungültigerklärung der Wahl des Oberbürgermeisters kommen. Es ist also ein schmaler Grat, auf dem Oberbürgermeister Scharpf gerade politisch balanciert.

Als Privatmann steht es Scharpf frei, alles zu äußern, was im Rahmen der freien Meinungsäußerung rechtens ist. Als Stadtoberhaupt muss er im Wahlkampf jedoch die Spielregeln einhalten. So wies etwa die SPD in Karben im letzten Wahlkampf öffentlich darauf hin, dass ein Bürgermeister die Gültigkeit der Kommunalwahl aufs Spiel setzt, wenn er sich nicht an diese Regeln hält.

Es war schon während der Amtszeit von Scharpf bemerkenswert, dass er über die Pressestelle auf politische Meinungsäußerungen der CSU reagierte. So etwas hatte es zuvor im Ingolstädter Rathaus nicht gegeben.

Subtil wird kolportiert, Kern habe gegen städtische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Position bezogen. Eine solche Aussage ist jedoch mehr als weit hergeholt. Das kann man machen, wenn man nicht verstanden hat, was Kern gesagt hat, wenn man ihn bewusst missverstehen will, oder wenn man seine Aussagen so auslegt, dass er im Wahlkampf Schaden nimmt.

Die entscheidende Passage aus Kerns Rede war: „Das OB-Zimmer im Rathaus war, überspitzt gesagt, eher das Rasthaus: vom OB kaum Zukunftskonzepte, keine Vision, keine leidenschaftliche Idee für das Ingolstadt der Zukunft. Mit dieser Trägheit muss es ein Ende haben. Wir als CSU machen aus dem Rasthaus wieder ein Rathaus, einen Ort der Entscheidung.“

Diese Aussage richtete sich eindeutig nicht gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt. Wer den Rest der Rede objektiv liest und nicht einseitig politisch in seinem Sinne interpretiert, erkennt, dass keinerlei Angriffe oder Kritik an den Beschäftigten der Stadt Ingolstadt oder denen in den Beteiligungsunternehmen geäußert wurden.

Die Kritik von Kern galt dem Chef der Verwaltung, dem Stadtoberhaupt Christian Scharpf. Die Art und Weise der Kritik, wie Kern sie äußerte, bewegt sich absolut innerhalb eines normalen politischen Diskurses. Kern ist auch nicht als Hardliner bekannt – im Gegenteil. Es wäre geradezu absurd, wenn Kern in einer Nominierungsveranstaltung der CSU, bei der auch CSU-Mitglieder anwesend waren, die in der Stadtverwaltung arbeiten, diese Beschäftigten kritisieren würde.

Es drängt sich vielmehr der Eindruck auf, als wolle Scharpf, kurz vor seiner Abreise nach München ins Amt des Wirtschaftsreferenten, noch kräftig im Wahlkampf mitmischen. Das kann ihm niemand absprechen, solange er dies als Privatperson tut – das ist sein demokratisches Recht.

Die Rollenverteilung bei der SPD scheint ebenfalls klar zu sein: Scharpf hält die CSU in Schach. Er übernimmt die „Abteilung Attacke“, während Christian De Lapuente der brave OB-Kandidat „zum Anfassen“ ist, der demnächst seine Visionen für Ingolstadt vorstellen wird.

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