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Klinikfusion: Eine Kreistagsfraktion hat die Nase voll

„Endlich ist es offen ausgesprochen, dass wesentliche Teile der Ingolstädter Stadtpolitik mit den Ergebnissen des PwC-Gutachtens fremdeln“, sagt Anton Haunsberger, Kreisvorsitzender der Freien Wähler im Landkreis Eichstätt.

Der CSU-Kreisverband Ingolstadt hatte sich klar gegen eine Fusion ausgesprochen. Haunsberger verweist darauf, dass eine Zusammenführung „noch nicht beschlossen“ sei, aber „das logische Ziel des Gutachtens“. Gemeint ist das erste Klinikgutachten von PwC. Ein weiteres soll zeitnah vergeben werden.

Seit der Vorstellung der sogenannten „regionalen Medizinstrategie“ im Januar 2024 brodelt es. Zu wenig Information, zu schnelle Beschlüsse, private Anbieter außen vor – kurz: der klassische Fall von „wir regeln das schon“, so Haunsberger. Besonders im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen war die Empörung groß, so der FW-Chef im Eichstätter Kreistag. Ursache: Die private Ameos-Klinik kam nicht vor – damals eine politische Entscheidung. Trotzdem segneten die Kreistage und der Ingolstädter Stadtrat im Frühjahr 2024 das Modell ab – Ingolstadt im Zentrum, die Landkreise als Speichen.

Die Landkreise liefern – die Stadt zögert

Eichstätt und Pfaffenhofen legten los, so Haunsberger. Kösching wurde zum Erweiterten Ambulanten Versorgungszentrum, die Kliniken im Naturpark Altmühltal gründeten eine Tochter-GmbH, die MVZ in Eichstätt und Beilngries kamen dazu. Neuburg-Schrobenhausen sicherte seine Klinik. Alles finanziert, verbucht, in den Jahresverlusten enthalten.

Und Ingolstadt? Zieht die Bremse. „Von dort war zu hören, dass man nicht für die Defizite der Landkreise einstehen möchte – was übrigens auch umgekehrt gilt“, sagt Haunsberger. Ein Satz, der sitzt.

Ein Bezirk geht – Vertrauen gleich mit

Dann der Paukenschlag, so der FW-Fraktionsvorsitzende: Der Bezirk Oberbayern steigt aus dem Zweckverband aus. Die Deckungsbeiträge aus der Psychiatrie sind weg. Eine Lösung? fragt Haunsberger. Er liefert die Antwort gleich mit: Keine. Dafür ein Sanierungsprojekt, das nach einer Zahl mit neun Nullen riecht – eine Milliarde Euro für die Generalsanierung des Klinikums. „Sollen dafür die Landkreise mitzahlen, die schon hunderte Millionen investieren?“, fragt Haunsberger. Die Antwort liegt in der Luft.

In der Fusionsphase, die vor allem von Landrat Anetsberger vorangetrieben wird, kippt die Stimmung. „Wir müssen über weitere Kooperationspartner außerhalb der Region 10 nachdenken“, fordert Haunsberger. Der Landrat soll einen „Plan B“ vorlegen. Denn: „Eine weitere Erhöhung der Kreisumlage muss vermieden werden.“ Und das Defizit? Muss runter – dringend.

Gesprächsverweigerung als Stilfrage

„Es wäre sinnvoll gewesen, nach der gemeinsamen Sitzung im Stadttheater die Verwaltungsräte aller Gebietskörperschaften zu einer Klausurtagung einzuladen“, sagt Haunsberger. „Hier hätten viele Probleme, die erst heute öffentlich werden, besprochen werden können – ohne Porzellan zu zerschlagen.“

Doch Porzellan liegt genug in Scherben. Keine gemeinsamen Verwaltungsratssitzungen, kein Vertrauensaufbau. Haunsberger, der selbst Erfahrung aus Due-Diligence-Prozessen mitbringt, weiß, wie’s laufen müsste: „Da treffen sich Erwerber und Verkäufer regelmäßig, um alle Entscheider zu informieren. Bei Kommunen wären das die Verwaltungsräte gewesen. Das hat nicht stattgefunden.“

Vier Rezepte gegen den Fusionsrausch

Ganz raus wollen die Freien Wähler nicht. Aber sie wollen, dass erst geheilt wird, bevor fusioniert wird. Erstens: Das zweite Gutachten? Auf Eis, bis sich die Politik einig ist. Zweitens: Verwaltungsräte, endlich an einen Tisch. „Reden hilft, Schweigen nicht.“ Drittens: Fusion ja – aber ohne Bückhaltung. „Auf Augenhöhe“ heißt das im Papier, übersetzt: gleiche Macht, gleiche Verantwortung. Und viertens: Erst den eigenen Laden sortieren. Eichstätt muss seine Notaufnahme stärken, Kösching aufrüsten und notfalls mit Weißenburg, Kelheim, Neumarkt oder Neuburg kooperieren. Ingolstadt wiederum soll seine überlaufene Notaufnahme entlasten. Die INakut-Praxis war ein Anfang – aber nur das.

Diagnose: Misstrauen

„Kooperationen sind selbstverständlich“, sagt Haunsberger. „Aber sie funktionieren nur, wenn alle Partner auf Augenhöhe handeln – und nicht, wenn einer die Richtung vorgibt.“

Eine Region will fusionieren – und stolpert über ihr eigenes Misstrauen.

Transparenzhinweis: Die Berichterstattung erfolgt unter Verwendung einer Pressemitteilung der Freien Wähler im Landkreis Eichstätt.

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