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Klinikfusion und der große Fehler der Politiker

von Thomas Thöne

Man kann Machtspiele betreiben. Man kann Fehler machen. Aber was bei der geplanten Klinikfusion passiert, ist beides – gleichzeitig, teuer und mit Ansage.

Seit Jahren wird über die Zukunft des Klinikums Ingolstadt und eine mögliche Fusion mit den kommunalen Kliniken in den Landkreisen Eichstätt, Pfaffenhofen und Neuburg-Schrobenhausen und Mainburg diskutiert – und am Ende hat man vor allem eines geliefert: ein Lehrstück in politischer Selbstverblendung.

Erst ein Gutachten beauftragen, dann Strukturen diskutieren, wenn’s brenzlig wird, das Papier schreddern – oder wenigstens so tun – und ein neues bestellen.

Alle wollen die Mehrheit – keiner das Risiko

Die CSU Ingolstadt will, dass die Stadt im beabsichtigten Klinikverbund die Mehrheit behält, eine ähnliche Aussage ist aus der SPD-Stadtratsfraktion auch zu hören. Von Kreisräten ist zu hören: wir sind vier kommunale Gebietskörperschaften, Ingolstadt nur eine. Ergebnis: ein politisches Wunschkonzert, bei dem jeder Dirigent sein will und kein Orchester spielt. Das Ganze nennt sich dann „regionale Zusammenarbeit“. Tatsächlich ist es ein Machtpoker mit OP-Besteck. Alle wollen die Kontrolle und das Sagen für die eigenen Kliniken behalten.

Politik ohne Architektur

Bevor man den ersten Gutachter losschickte, hätte man klären müssen, wer in einem gemeinsamen Konstrukt überhaupt das Sagen hat. Mehrheitsverhältnisse, Sperrminoritäten, rote Linien – alles Fehlanzeige. Man ließ Gutachter planen, wo eigentlich Juristen, Kommunalpolitiker und Aufsichtsräte hätten Nägel mit Köpfen machen müssen.

Was nicht verhandelbar ist, wurde nie festgelegt. Kein Beschluss, keine Vereinbarung, kein Plan.
Hauptsache, die Präsentation glänzte. Das Ergebnis: ein Gutachten, das auf dem Papier funktioniert, aber politisch implodiert. Zu verbindlich für eine Kooperation, zu weich für eine Fusion – und in jedem Fall zu gefährlich, das politische Sagem im Ingolstädter Klinikum zu verlieren.

Also kam die CSU zur naheliegenden Diagnose: Wenn uns das Modell die Kontrolle nimmt, ist das Modell krank. Therapie: symbolisch geschreddert.

Falsche Diagnose, falsches Rezept

Wer eine Fusion will, braucht ein anderes Gutachten als jemand, der nur Kooperation will. Das ist Grundlagenwissen, kein Geheimnis. Aber in Ingolstadt wollte man beides – gleichzeitig, weil man sich nie entscheiden konnte, ob man gestalten oder verwalten will.

Der Gutachter hat brav gerechnet, nur ohne verbindliche, rechtssichere politische Einigkeit über das Ziel. Fusion? Kooperation? Wahlkampffolie? Am Ende war’s von allem ein wenig – und von nichts genug. Und jetzt soll ein neues Gutachten her. Diesmal „zielgerichtet“.

Pferd von hinten, Sattel aus Gold

Währenddessen läuft der Zähler weiter. Über 1,5 Millionen Euro sind schon ausgegeben, so ist aus der Politik in der Region zu hören – für Gutachten, Juristen, Steuerberater. Mit dem neuen Auftrag dürfte die Zwei-Millionen-Grenze fallen. Nicht eingerechnet sind die tausenden Arbeitsstunden in Kliniken, Verwaltungen und kommunalen Amtsstuben.

Wahlkampf im OP-Saal

Natürlich hat das jetzt auch alles mit der Kommunalwahl im März 2026 zu tun. Gesundheitspolitik als Bühne, nicht als Konzept. Die CSU will Stabilität demonstrieren, die SPD Verantwortung, beide zusammen: Lautstärke. Und das Klinikum? Spielt unfreiwillig den Patienten in einem politischen Rollenspiel, bei dem Diagnose und Therapie längst vertauscht sind.

Fazit

Die CSU will Herr im eigenen Haus bleiben. Die SPD beabsichtigt mitzureden. Die Landkreise wollten Gleichberechtigung. Und alle zusammen haben vergessen, dass man erst ein Haus bauen muss, bevor man sich über den Schlüssel streitet.

Was bleibt, ist ein kommunalpolitisches Lehrstück über die Kunst, Verantwortung zu simulieren, ohne sie zu übernehmen – über Politiker, die den Pelz waschen wollen, ohne dass er nass wird. Doch so trocken bleibt nur, wer nie wirklich anpackt.

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