Der Ingolstädter Stadtrat soll in der morgigen Sitzung nichtöffentlich über die Leitsätze zur Ausgliederung der psychiatrischen Versorgung aus dem Krankenhauszweckverband entscheiden. O-T(h)öne berichtete. Einen Tag später steht das Thema auf der Tagesordnung der Versammlung des Krankenhauszweckverbandes Ingolstadt, ebenfalls ohne die Öffentlichkeit.
Stadtratsmitglieder dürfen sich über Inhalte von nichtöffentlichen Sitzungen und den dazugehörigen schriftlichen Vorlagen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nicht öffentlich äußern.
Das Nachrichtenportal O-T(h)öne hat zwei allgemeine Fragen zur Ausgliederung der psychiatrischen Versorgung aus dem Krankenhauszweckverband an vier Stadtratsmitglieder gestellt. Stadtrat Böhms Antworten am Telefon wurden mit dessen Zustimmung aufgezeichnet. Die Stadträte Schäuble, Stachel und Wittmann antworteten schriftlich.
Welche Rahmenbedingungen, auch im Hinblick auf finanzielle Auswirkungen und den Immobilienbestand des Krankenhauszweckverbandes, sind Ihnen bei der Ausgliederung der psychiatrischen Versorgung als Vertreter der Stadt Ingolstadt aus städtischer Sicht wichtig?
Stadtrat Anton Böhm (SPD): Ich habe Verständnis für die Wünsche des Bezirks, da dieser hier eine nachgewiesene Kompetenz hat und große Erfahrungen bei den Verhandlungen mit den Krankenkassen. Bei finanziellen Auswirkungen für die Stadt Ingolstadt sehe ich weniger das Problem, da der Bezirk ja auch noch Verschuldungen mitgetragen hat, die es zu klären gilt. Ohne die Zustimmung der Stadt hat der Bezirk aufgrund der Mehrheiten keine Möglichkeit aus dem jetzigen Konstrukt auszusteigen. In Bezug auf das Immobilienvermögen besteht noch deutlicher Gesprächsbedarf, aber auch in Bezug auf das Personal. Es muss über Erbpacht geredet werden. Hier gibt es aus meiner Sicht noch Klärungsbedarf. Es muss weiter mit dem Bezirk verhandelt werden.
Stadtrat Jakob Schäuble (FDP): Die Rahmenbedingungen sind so zu setzen, dass der Stadt und Ihren Bürgern keine Nachteile entstehen. Besonders zu berücksichtigen sind hier die Grundstücke, damit die Mittel- und Langfristentwicklung des Klinikums am jetzigen Standort weiter möglich ist.
Stadtrat Hans Stachel (FREIE WÄHLER): Die Rahmenbedingungen sind immer unter dem Gesichtspunkt zu formulieren, dass der Stadt Ingolstadt aus dem Ausgliederungprozess, der vom Bezirk Oberbayern gewünscht wird, keine Nachteile entstehen. Dies gilt insbesondere für die Immobilien. Besonderes Augenmerk sollte daher vor allen Dingen allen Grundstücken gelten, die im Umfeld des Klinikums Ingolstadt angesiedelt sind.
Stadtrat Albert Wittmann (CSU): Nicht die Stadt will austreten, der Bezirk will es. Die Dienstleistungsbeziehungen des Bezirks nach einem Austritt müssen langfristig vertraglich geregelt sein. Die aktuellen Vertragsergebnisse sollten wegen der finanziellen Risiken vorgelegt und dann in den Fraktionen diskutiert werden können. Der mögliche Austritt darf nicht zu Lasten der Stadt gehen. Wir würden bei dieser Beschlussvorlage vertraglich gesicherte Positionen der Stadt vorschnell aufgeben. Die Grundstücke müssen für die Stadt langfristig gesichert werden (Erbpacht, Rückfall bei Aufgabe der Nutzung durch den Bezirk etc.).
Halten Sie die Entscheidung der Ausgliederung der psychiatrischen Versorgung zum jetzigen Zeitpunkt schon für sinnvoll, oder sollten aus Ihrer Sicht durch die Stadt Ingolstadt grundsätzlich noch weitere Verhandlungen inhaltlicher Art mit dem Bezirk erfolgen?
Stadtrat Anton Böhm (SPD): Jetzt im Stadtrat einen Beschluss zu fassen ist deutlich verfrüht. Es bedarf noch intensiver Gespräche und Nachverhandlungen mit dem Bezirk. Eine Entscheidung kann aller frühestens nach der Sommerpause fallen, ich denke später. Ich halte den Vorgang noch nicht für beschlussreif. Das Ganze ist noch nicht ausgereift.
Stadtrat Jakob Schäuble (FDP): Wir halten eine Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt für verfrüht. Die konstruktiven und vertrauensvollen Gespräche mit dem Bezirk und seinen KBO Kliniken müssen weitergeführt werden, damit konkrete Vorschläge auf dem Tisch liegen, um bei diesem medizinisch, strukturell, organisational und finanziell anspruchsvollen Thema die beste Entscheidung für die Bürger Ingolstadts treffen zu können.
Stadtrat Hans Stachel (FREIE WÄHLER): Zum jetzigen Zeitpunkt ist eine Entscheidung aus meiner Sicht noch nicht möglich, es Bedarf hierfür konkreterer Zahlen, aber auch sehr harte Verhandlungen in den unterschiedlichsten Bereichen. Für uns Stadträtinnen und Stadträte bedarf es sicherlich noch deutlich mehr Beratungen und Informationen für die Arbeit in den Fraktionen.
Wir benötigen belastbare Vorschläge, wie die langfristige Zusammenarbeit zwischen dem Klinikbetreiber KBO und dem Klinikum Ingolstadt geregelt werden kann. Eine Risikoerhöhung oder Verschiebung zu Lasten der Stadt Ingolstadt ist ausdrücklich zu verhindern.
Alle Überlegungen und Beratungen sind grundsätzlich vorberatend zu verstehen und können erst nach Abschluss aller Gespräche und Vertragsverhandlungen zu einem verbindlichen Ergebnis führen. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es aus meiner Sicht keine Entscheidung für oder gegen den Ausstieg des Bezirks Oberbayern aus dem Krankenhauszweckverband.
Eine Vertagung der Entscheidung in den Herbst 2024, oder auch auf einen späteren Zeitpunkt, ist zwingend erforderlich. Vorauseilender Gehorsam ist hier keinesfalls angebracht.
Stadtrat Albert Wittmann (CSU): Die Vorlage ist noch nicht ausreichend diskutiert und damit nicht entscheidungsreif!
Quelle: Eigene Berichterstattung.
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