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Klinikum wird zum Mühlstein – und der Haushalt bröckelt

Das Klinikum Ingolstadt bleibt in kommunaler Hand. So zumindest lässt sich die knappe Antwort der Stadtverwaltung deuten: Ein Einstieg privater Investoren? „Überlegungen dahingehend sind uns nicht bekannt.“ Eine Absage klingt anders. Wer sparen muss, lässt sich Optionen offen – und gespart werden muss. Die Zahlen sind deutlich.

Das Nachrichtenportal T(h)öne hatte der Stadt Ingolstadt eine schriftliche Medienanfrage gestellt. Die Antworten der Stadtverwaltung bilden die Grundlage dieser Berichterstattung.

Laut Mittelfristplanung will die Stadt in den Jahren 2025 bis 2028 jeweils rund 19 Millionen Euro aufbringen, um die Defizite des Klinikums auszugleichen. Insgesamt summiert sich der Zuschuss in diesen vier Jahren auf knapp 77,5 Millionen Euro – aus dem laufenden Verwaltungshaushalt. Wie es danach weitergeht, will die Stadt erst ab dem zweiten Halbjahr 2026 entscheiden. Begründung: Die Krankenhausfinanzierung wird sich grundlegend ändern, das neue Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz macht Planungen derzeit kaum belastbar. Erst wenn klar ist, wie die sogenannten Leistungsgruppen zugewiesen und vergütet werden, könne man neu kalkulieren.

Millionen müssen fließen

Auch für die Generalsanierung des Klinikums sind die Planungen ambitioniert – und riskant. Die Stadt rechnet mit rund 100 Millionen Euro an Eigenmitteln bis 2035. Weitere 350 Millionen Euro für den somatischen Bereich soll der Freistaat Bayern über Fördermittel beisteuern. Ob und wann diese Mittel tatsächlich fließen, ist unklar.

Steigende Baukosten oder Förderlücken? Die Stadt will sie möglichst vermeiden – notfalls durch „Standardreduzierungen“ in der Bauausführung. Nur unvermeidbare Mehrkosten sollen durch zusätzliche Invest-Umlagen an die Stadt weitergereicht werden. Wie viel Qualität durch solche Sparmaßnahmen verloren geht, wird nicht beantwortet.

Parallel wurde das Klinikum beauftragt, Einspar- und Optimierungsmöglichkeiten zu prüfen. Ergebnisse erwartet die Stadt frühestens im zweiten Halbjahr 2026. Wieder ist die Begründung: Die Gesetzeslage sei noch zu unklar.

Keine konkreten Investorengespräche – und kein klares Nein

Die Frage nach einer möglichen Beteiligung privater Investoren wurde ebenfalls gestellt – präzise und schriftlich. Gibt es Überlegungen in Stadtverwaltung, Klinikleitung oder Aufsichtsrat, das Klinikum ganz oder teilweise an einen Investor zu verkaufen oder sich über private Mittel an der Finanzierung zu beteiligen? Die Antwort der Stadt: „Überlegungen dahingehend sind uns nicht bekannt.“ Zur Frage, ob es Gespräche, Prüfaufträge oder Modelle für eine Beteiligung Dritter gebe? Nur der Verweis: „siehe zuvor.“

Mehr Antwort gibt es nicht. Diese ist formal eindeutig – und lässt gleichzeitig viel offen. Kein Dementi, kein Ausschluss. In einer Stadt mit einem strukturellen Haushaltsloch wäre ein klares politisches Bekenntnis zur dauerhaften kommunalen Trägerschaft ein starkes Signal gewesen. Stattdessen: Verwaltungssprache im Konjunktiv.

Die Realität: Haushalt in der Schieflage

Die städtischen Zusagen zur Klinikfinanzierung stehen nicht im luftleeren Raum. Der Haushalt ist unter Druck. 30 Millionen Euro jährlich müssen eingespart werden. Die bislang beschlossenen Kürzungen bei den freiwilligen Leistungen – Jugend, Kultur, Klima – bringen gerade einmal 1,5 Millionen Euro. Der Rest bleibt vage.

Gleichzeitig fehlen auf der Einnahmeseite 25 Millionen Euro an Gewerbesteuer, 2,5 Millionen bei der Grundsteuer und bis zu zwölf Millionen jährlich bei der Einkommenssteuer. Während über 5.000 Euro fürs Jugendparlament gestritten wird, plant die Stadt beim Klinikum mit jährlich fast 20 Millionen.

Ingolstadt hält am Ziel fest, ein kommunales Klinikum zukunftssicher zu machen. Doch der Preis ist hoch – finanziell, politisch, gesellschaftlich. Die Planungen stehen auf unsicherer Grundlage, viele Antworten bleiben vage. Die größte Leerstelle: Die Frage, ob die Stadt langfristig tatsächlich auf eine rein öffentliche Lösung setzt. Denn: Wer nichts ausschließt, lässt Spielraum für alles.

Klar ist: Gesundheit gehört in öffentliche Hand. Doch in Ingolstadt bleibt offen, ob dafür dauerhaft genug Mittel, Wille und Transparenz vorhanden sind.

Transparenzhinweis: Das Nachrichtenportal O-T(h)öne stellte die schriftliche Medienanfrage am 2. Juni 2025 an die Stadt Ingolstadt. Die vorliegenden Angaben beruhen auf den schriftlich übermittelten Antworten der Stadtverwaltung.

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