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Maulklinik geschlossen – Jetzt ist das Klinikum gefragt

Die Maulklinik ist geschlossen. Damit ist in Ingolstadt ein Teil medizinischer Versorgung weggebrochen. Ihr Wegfall ist kein Naturereignis, sondern Ergebnis politischer Entscheidungen und ökonomischer Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen. Mit der Schließung steigt der Druck dort, wo er schon vorher lag: im Klinikum Ingolstadt.

Dort kommen nun Patientinnen und Patienten an, die früher in der Maulklinik behandelt wurden. Andreas Tiete, Ärztlicher Direktor und Geschäftsführer, legte dem Stadtrat jüngst nüchterne Zahlen vor: rund 50.000 Fälle in der Notaufnahme pro Jahr, etwa die Hälfte davon stationär. Die Notaufnahme sei nicht „geschlossen“, wie behauptet wurde. Schwere Fälle würden jederzeit behandelt. Die zeitweisen Abmeldungen gegenüber der Integrierten Leitstelle (ILS) seien Steuerungsmaßnahmen, um Überlastung zu verhindern, Also eine Reaktion auf strukturelle Engpässe.

Die Maulklinik hinterlässt eine Versorgungslücke. Und solche Lücken füllen sich nicht automatisch. Sie werden gefüllt – oder bleiben offen. Das Klinikum versucht, sie zu schließen, während die politische Diskussion über die Notfallversorgung und die Abmeldungen des Klinikums bei der ILS weiterlaufen.

Das Klinikum verlegt Strukturen. Die Chest-Pain-Unit – zuständig für Patientinnen und Patienten mit Brustschmerz und Herzinfarktverdacht – wurde aus der Notaufnahme auf eine Intermediate-Care-Station verlegt. Intermediate Care bedeutet: ein Bereich zwischen Normalstation und Intensivstation, für Menschen, die engmaschig überwacht werden müssen, aber nicht intensivpflichtig sind. Dieser Schritt schafft Platz genau dort, wo die Erstentscheidungen fallen: in der Notaufnahme. Auch die hausärztliche Akutpraxis im Klinikum wird stärker eingebunden, damit Fälle, die hausärztlich behandelbar sind, nicht die Notfallversorgung blockieren.

Tiete sagte im Gespräch mit dem Nachrichtenportal O-T(h)öne, die räumliche Erweiterung der Notaufnahme soll schon am 17. November fertig sein. Doch neue Räume sind nichts ohne Menschen, die darin arbeiten. Geschäftsführer Jochen Bocklet kündigte rund zwanzig neue Vollzeitstellen an – Pflegekräfte, ärztlicher Dienst, Funktionspersonal. Die Frage ist nicht, ob diese Stellen gebraucht werden. Sie ist: ob sie besetzt werden können – und wann. Hier trifft Gesundheitspolitik auf den Arbeitsmarkt. Notfallversorgung beruht auf Zeit, Personal und Handlungsspielräumen. Wenn eines davon fehlt, gerät das System ins Rutschen. Genau deshalb ist im Klinikum Ingolstadt die Mitarbeiterschaft von der gesamten Geschäftsführung als Betriebskapital zu sehen, genauso zu behandeln und einzubinden.

Die Abläufe im Klinikum werden inzwischen über feste Steuerungslogiken stabilisiert: Auslastung wird gemessen, Dringlichkeit wird nach medizinischen Kriterien entschieden, nicht nach dem Druck im Wartebereich.

Das ist keine „Notfallstrategie“. Das ist Regelbetrieb. Unter Last. Ob sich dadurch die Wartezeiten spürbar verkürzen und Abmeldungen seltener werden, ist offen. Ob Ingolstädterinnen und Ingolstädter künftig seltener für eine Behandlung in Kliniken außerhalb der Stadt fahren müssen, ebenfalls. Diese Fragen sind nicht medizinisch. Sie sind politisch. Die Verantwortung liegt jetzt bei der Ingolstädter Kommunalpolitik. Nicht im Schockraum. Nicht bei der Pflege. Nicht an der Integrierten Leitstelle.

Wer Notfallversorgung künftig sichern will, handelt jetzt. Wer nur verwalten will, diskutiert. Und es wird gesehen, wer handelt – und wer vertagt. Von allen.

Transparenzhinweis: Eigene Berichterstattung.

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