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Freitag machte es in den sozialen Netzwerken die Runde, nun ist es offiziell: Die Privatklinik Dr. Maul schließt Anfang des kommenden Monats. Für die Mitarbeitenden war es ein Wechselbad der Gefühle – zwischen Hoffen, Bangen und der letzten Illusion, dass vielleicht doch noch jemand den Stecker wieder einsteckt. Die Hoffnung stirbt zuletzt, sagt man. In Ingolstadt stirbt sie jetzt mit.
Für Insider der Krankenhausszene kommt das Ende nicht überraschend. Wer die geplante Krankenhausreform der Bundesregierung, Mindestmengen, Ambulantisierung und Vorhaltepauschalen kennt, wusste: Für kleine Spezialkliniken wird die Luft dünn, für private Träger zuerst. Dennoch ist dieses Ende nicht nur das Schicksal eines Hauses – es ist ein Spiegelbild dessen, wie Krankenhausversorgung, Politik und Markt aktuell zusammenspielen. Während sich Bürgerinnen und Bürger mit ehrlicher Sorge engagierten und mit einer Petition um den Erhalt kämpften, inszenierten Teile der Ingolstädter Kommunalpolitik sich im Krisenlicht. Es gab Worte statt Wege, Gesten statt Konzept – und während Transparenz beschworen wurde, tagte der Stadtrat hinter verschlossenen Türen. Die Öffentlichkeit zeigte Haltung, die Politik spielte Verfahren. Am Ende stand der Ruf nach Rettung, aber kein tragfähiger Plan, wie sie aussehen könnte.
Insolvenz und Inszenierung
Die Klinik meldete Eigeninsolvenz an, der Betrieb lief vorerst weiter. Doch statt klarer Entscheidungen begann ein politisches Schaulaufen. SPD und CSU in Ingolstadt lieferten Forderungen, aber keine belastbaren Modelle. Besonders die Sozialdemokraten machten scheinbaren Druck und verlangten den Kauf der Klinik durch die Stadt und den Freistaat Bayern – ohne vorher Fakten, Finanzrahmen oder rechtliche Basis zu klären. Es war Symbolpolitik für die Schlagzeile, nicht für die Sache.
Eine Bühne für Profilierung, während im Hintergrund längst feststand, dass diese Klinik unter den neuen Rahmenbedingungen kaum überlebensfähig sein würde. Dies selbst nachdem der Freistaat Bayern längst erklärt hatte, dass ein Kauf nicht zur Debatte steht. Ein staatlicher Einstieg sei nicht vorgesehen, die Versorgung sei aus Sicht des Ministeriums auch ohne die private Klinik gewährleistet. Dass dieser zentrale Punkt in der kommunalpolitischen Erzählung kaum vorkam, war kein Versehen. Es war politisches Kalkül. Man wollte Forderungen erheben, ohne Verantwortung zu übernehmen.
Sitzungen hinter Milchglas
Was folgte, war ein demokratisches Trauerspiel. Die entscheidenden Sitzungen des Stadtrats fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Bürgerinnen und Bürger, die sich um die Maulklinik sorgten, mussten draußen bleiben. Während öffentlich Beteiligung beschworen wurde, entzog man die Debatte genau der Öffentlichkeit, die man vorgab mitzunehmen. Transparenz wurde zur Worthülse mit Ausschlussklausel.
Auch das Klinikum Ingolstadt sollte nochmals prüfen – ergebnisoffen, wie es hieß. Am Ende blieb es bei einer formalen Prüfung, die kaum überraschte: zu teuer, zu riskant, zu wenig Zukunftsperspektive. Wie schon bei der ersten Prüfung. Doch statt das Ergebnis offen zu kommunizieren, blieb auch der Ingolstädter Oberbürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzende des Klinikums, Michael Kern (CSU), bei jener Polit-Rhetorik, die den Schaden klein und die eigene Rolle sauber halten soll. Es ist die Sorte Sprache, die sagt: Wir haben gekämpft – nur leider ohne Absicht, etwas zu gewinnen.
Reformdruck als Ausrede – oder Realität, der man sich verweigert hat
Die Bundesreform ist hart. Sie zwingt kleinere Häuser in die Knie. Aber während die Reform auf Bundesebene längst Realität war, behandelte die Kommunalpolitik sie wie eine Kulisse. Man tat so, als ließe sich mit Empörung die Gesetzeslage überspielen. Statt die Wahrheit zu benennen – dass die Strukturreform der Klinik das Genick brechen würde –, spielte man lieber Verantwortungs-Pingpong: Der Bund solle, das Land müsse, der Träger hätte, das Klinikum vielleicht. Am Ende war jeder nicht zuständig – und deshalb niemand verantwortlich.
Die Leidtragenden
Zurück bleiben die Mitarbeitenden. Menschen, die jahrelang Dienst geleistet haben, sollen nun mitgenommen werden, wie es so kalt heißt. Wohin, weiß keiner. Auch für die Region ist der Verlust spürbar: weniger Wahlfreiheit, weniger Angebot, weniger Versorgungssouveränität. Eine Stadt, die sich gern modern gibt, verabschiedet eine Klinik, ohne einen Plan zu benennen, wie die Lücke geschlossen werden soll. Während also von Berlin bis München Strukturen umgebaut werden, hat Ingolstadt gezeigt, wie man es nicht macht: erst Schweigen, dann Verwässern, dann Inszenieren – und am Ende abtauchen.
Schluss mit Schonung
Die Klinik Dr. Maul verschwindet. Zurück bleibt ein leerer Bau und eine politische Leistung, die man beim Namen nennen muss: Der Oberbürgermeister und einige Stadtratsmitglieder haben es versäumt, ehrlich zu sprechen, rechtzeitig zu führen und transparent zu entscheiden. Stattdessen gab es Floskeln und verschlossene Türen. Nicht zu vergessen die durchschaubaren Aktionen von Stadtratskandidaten zur Kommunalwahl 2026.
Gesundheitsversorgung ist keine Kulisse für Wahlkampf und Symbolpolitik. Wer retten sagt, ohne zu handeln, trägt Verantwortung für das Scheitern. Wer Transparenz fordert und Türen schließt, trägt Verantwortung für den Vertrauensverlust. Und wer die Realität der Reform nicht ausspricht, trägt Verantwortung für die Täuschung. Die Klinik ist bald Geschichte. Das politische Versagen bleibt.
Transparenzhinweis: Eigene Berichterstattung.
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