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Neubau der Kammerspiele - Wo liegt die finanzielle Schmerzgrenze im Stadtrat?

Neubau der Kammerspiele - Wo liegt die finanzielle Schmerzgrenze im Stadtrat?

Die "Frage der Woche" bei O-T(h)öne lautet:

„In der jüngsten Sitzung des Ingolstädter Stadtrats wurde viel über eine finanzielle Schmerzgrenze für den Bau der Kammerspiele gesprochen. Statt der zunächst veranschlagten 30 Millionen Euro wurden zuletzt 40 Millionen Euro angesetzt. Wo liegt bei Ihnen die Schmerzgrenze, bei den durch die Stadt Ingolstadt zu tragenden Kosten zum Bau der Kammerspiele, einschließlich der etwa vier Millionen Euro, die bisher für Planungen ausgegeben wurden?“

Aus dem Ingolstädter Stadtrat wurden die Fraktionen und Gruppierungen von CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Freie Wähler, UWG, LINKE, ÖDP und die Ausschussgemeinschaft FDP/JU am 1. August 2021 um eine Antwort gebeten. Nachfolgend die ungekürzten und nicht redigierten Antworten, die O-T(h)öne erreicht haben:

Christian Höbusch, Fraktionsvorsitzender von BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN:

Die notwendige Ersatzspielstätte für das Kleine Haus des Theater Ingolstadt ist eine Herzensangelegenheit für die Stadtratsfraktion der GRÜNEN. Und deshalb machen wir GRÜNE es uns nicht leicht. Bis Ende des Jahres wird die INKoBau den Stadtrat nach Abschluss der laufenden Prüfungen umfassend informieren. Die Fraktion der GRÜNEN wird sich bis dahin nicht an nicht ausreichend fundierten Spekulationen beteiligen. Das gebietet der Respekt gegenüber unseren (Mit)Bürger*innen, den Theaterbesucher*innen und Theatermacher*innen, den weiteren Kulturschaffenden, gegenüber der INKoBau, der Stadtverwaltung und unserem Auftrag für konstruktive, kritische und konkrete Kommunalpolitik.

CSU-Stadtratsfraktion:

Die CSU-Stadtratsfraktion teilte mit, dass diese an der aktuellen Frage der Woche, aufgrund der Ferien und der sitzungsfreien Zeit, nicht teilnimmt.

Sepp Misslbeck; Stadtrat der UWG-Fraktion

Die letzte Stadtratssitzung vom 29.6.2021 war doch ein denkwürdiger Tag, da über den Tagespunkt Kammerspiele eine geschlagene Stunde diskutiert wurde - ohne klare Erkenntnisse oder ein Ergebnis.

50 Stadträte, aber ohne einen einzigen Architekten mit Fachkenntnissen wurde „Querbeet“ nicht nur der Standtort, sondern auch das Projekt „Kammerspiele“ in Frage gestellt.

Zur Historie: In der Sommersitzung 2019 (Stimmenergebnis 49:1) war ich der einzige der schon damals nicht gegen die Ersatzspielstätte Kammerspiele, sondern ausschließlich gegen den Standort plädiert habe.

Durch das Finanzdesaster des MKKD in der sich die Kostenentwicklung von ursprünglich 19 Mio. über 25 und 35 Mio. zum derzeitigen Stand von nahezu 50 Mio. katapultiert hat, haben sich eine große Anzahl von verunsicherten Bürgern gegen die Kammerspiele geäußert. Der Stadtrat auch mit Zustimmung des Oberbürgermeisters fordert nun die Verwaltung auf über Alternativstandorte nachzudenken und vorzuschlagen.

Status: Entscheidend wird es wohl sein, dass Herr Fall, als verantwortlicher Geschäftsführer der InKo-Bau nach 1,5 Jahren gewissenhafter Analyse zu dem Projekt klare, glaubhafte und nachhaltige Zahlen und Fakten liefert, die dem Stadtrat dann auch zu einer klaren Entscheidung zwingen.

Jeder Kulturfreund befürchtet, dass die derzeit genannten und besser gesagt „gehandelten“ Kosten von 39 Mio. unrealistisch sind.

Der gewählte Stadtrat hat die Aufgabe bzw. die Verpflichtung auch bei 50 bzw. 60 Mio. Investitionskosten entweder mehrheitlich JA zu sagen oder aber sich für eine selbst gesetzte Obergrenze von 45 Mio. zu entscheiden: Bei all den zukünftigen Aufgaben und Themen im sozialem Bereich und anstehende, wachstumsbezogene notwendige Investitionen im Bau von Kindergärten und Schulen, - vor allem aber auch im  Erhalt von bestehenden Schuleinrichtungen und Sportstätten, stellt sich für uns alle (Stadtrat und Bürger) die politische Frage: können wir in dieser Größenordnung den Wünschen der Kulturfreunde nachkommen oder uns auf den Ursprungsgedanken einer „Ersatzspielstätte“ zu erinnern und diesem Gedanken nachzukommen??

Bei einer Obergrenze von 45 Mio. muss man den Mut haben und die innere Überzeugung sich selbst und den verunsicherten Bürgern dieser Stadt gerecht zu werden.

Angela Mayr, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FREIEN WÄHLER:

Für die FW-Stadtratsfraktion gibt es nach momentanem Stand der Diskussion und Beschlusslage noch keine zahlenmäßige „Schmerzgrenze“. Zu der hier gestellten Frage ist von unserer Seite aus klarzustellen, dass vor der Entscheidungsfindung alle durch den Bau der Kammerspiele veranlassten Kosten aufgelistet sein müssen – egal ob sie von der Stadt Ingolstadt oder einer der Töchter der Stadt aufzuwenden sind.

Hierzu gehören nach unserer Meinung die reinen Baukosten für das Gebäude, soweit sie gemäß der Zuweisungsrichtlinie des Freistaates Bayern nicht zuweisungsfähig sind. Zu berücksichtigen dabei ist, dass beim Bau der „Kammerspiele“ im ersten Schritt für das Stadttheater eine Ausweichspielstätte erhalten soll, die nach der Sanierung des Hämer-Baus wieder reduziert würde. Diese Vorgehensweise widerspricht der Bindungsfrist von 25 Jahren für die Verwendung.

Auch die Ausgleichszahlung für die Auflösung von Tiefgaragenplätzen an die IFG, etwaige Rückzahlungsansprüche der Regierung von Oberbayern für die Zuschüsse der Tiefgaragensanierung vor etwa 10 Jahren sind abzuklären und einzustellen, inklusive hierauf entfallender Steuersätze und Verzinsungen.

Mögliche Umbaukosten für die Tiefgarage West wegen Neuplanung von Ein- und Ausfahrten und hierdurch ausgelöste Erfordernisse für Sicherheits- und Brandschutzkonzepte sind ebenfalls zu berücksichtigen.

Derzeit verlaufen in der Tiefgarage West auch Entwässerungskanäle und Sammelkanäle neben der bestehenden Pumpzentrale. Kosten, die für die Verlegung oder Optimierung dieser Anlagen möglicherweise über die IN KB oder die Stadtwerke getragen werden, sind ebenso wie die oberirdischen Planungen des Verkehrsraumes und des Umfeldes in den Kostenansatz einzuberechnen.

Erst wenn alle diese Positionen detailliert und nachvollziehbar vorliegen – und zwar rechtzeitig vor den entscheidenden Sitzungen für eigene Nachfragen und Nachprüfungen – kann und wird zur „Schmerzgrenze“ eine Aussage getroffen werden.

Christian De Lapuente, Fraktionsvorsitzender der SPD:

Der Fraktionsvorsitzende teilte mit, dass die SPD-Fraktion an der aktuellen Frage der Woche, aufgrund der Ferien, nicht teilnimmt.

Eva Bulling-Schröter, Sprecherin der Stadtratsgruppe DIE LINKE:

Für die adäquate Einschätzung prüfen wir intern nach wie vor Alternativen und deren Kostenrahmen sowie Nutzungsrechnung. Dafür nutzen wir die jetzt stattfindende Sommerpause zur adäquaten Evaluierung innerhalb von parteiinternen Klausursitzungen. Eine derartige Entscheidung kann in unserem Verständnis nicht aus der Hüfte getroffen werden, auch weil sie innerhalb der letzten Jahre relevante Änderungen der Rahmenbedingungen ergeben haben. Eine nachhaltige Ersatzspielstätte sowie ordentlichen Arbeitsbedingungen für die Theater Schaffenden stehen für uns jedoch nicht zur Disposition.

Raimund Köstler, Sprecher der Stadtratsgruppe der ÖDP:

Die Zahl, die voraussichtlich im Dezember genannt wird, wird die weiteren Kosten für das Projekt hoffentlich sehr genau beziffern.

Risiken, wie z.B. die Standhaftigkeit der Tiefgarage, werden sich in der Zahl widerspiegeln müssen, so dass der Stadtrat eine aussagekräftige Entscheidungsvorlage bekommt. Wieviel davon von der Stadt Ingolstadt getragen werden müsste oder durch Fördermittel, darf bei einer Entscheidung dann keine Rolle spielen, es sind schließlich alles Steuergelder.

Ich hatte für mich schon in der Stadtratssitzung klargestellt, dass ab 60 Millionen Euro das Projekt neu gestartet werden muss. Aber auch bei deutlich weniger, alles über 30 Millionen, müssen wir uns noch einmal Zeit nehmen und ernsthaft über Alternativen nachdenken, Planungskosten hin oder her.

Es ist richtig, das Kleine Haus ist in einem untragbaren Zustand, der Hämerbau muss dringend saniert werden und die Theaterszene in Ingolstadt darf nicht sterben. Aber alles andere sind Wünsche, die auf den Prüfstand gestellt werden dürfen.

 Ausschussgemeinschaft von JU und FDP:

Bis zur Veröffentlichung dieses Artikels, am 8. August 2021 um 15.20  Uhr, ging keine Antwort der Ausschussgemeinschaft von JU und FDP im Ingolstädter Stadtrat zur aktuellen "Frage der Woche" bei O-T(h)öne ein.

Anmerkung der Redaktion: Die "Frage der Woche" bei O-T(h)öne macht gemeinsam mit der Ingolstädter Kommunalpolitik Sommerpause, bis Mitte September.

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