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Wer am Montagabend am Ingolstädter CSU-Haus vorbeikam, hörte es: ein gleichmäßiges, kräftiges Klopfen. Kein Protest von draußen, sondern Applaus von drinnen. Drinnen tagte die erweiterte CSU-Kreisvorstandschaft – mit dabei die Stadtratsfraktion und Oberbürgermeister Michael Kern.
„Der Applaus bei angebrachter Kritik war enorm – die Tische mussten einiges aushalten“, erzählte ein Teilnehmer. Und Kritik gab es reichlich: Ortsvorsitzende, Stadträte, Bezirksausschuss-Vorsitzende und Ortssprecher meldeten sich zu Wort. Der Ton: direkt, frustriert, ungeschminkt.
Nicht die „Untoten“ – sondern die Lebendigen
Es waren nicht, wie gern behauptet, die „alten weißen Männer“ oder – so ein unfreundlicher Medienkommentar – „die Untoten“ der CSU. Nein, es war der Querschnitt der Partei: die, die an der Basis rackern, Feste organisieren, Bürgerversammlungen aushalten. Die, die hören, wenn’s draußen knirscht. Und die an diesem Abend genug von verschiedenen Vorgängen im Stadtrat und im Rathaus hatten.
Ehrentitel, Wildpark, Weihnachtslicht
Ein Thema jagte das nächste. Der Ehrentitel für Alt-OB Christian Scharpf (SPD) samt Empfang? Kopfschütteln und deutliche, begründete Kritik. Kern, so hieß es, habe das nach seiner Wahl selbst angestoßen.
Dann die Sparvorschläge: Wildpark am Baggersee, Weihnachtsbeleuchtung, Bürgerprojekte – alles auf der Streichliste. „Mit ein bisschen politischem Feingefühl hätte man sich den Ärger sparen können, das alles hätte gar nicht draufgedurft“, wurde aus dem Teilnehmerkreis berichtet. „Aus dem Desaster der Bürgerfestabsage hätte der jetzige OB lernen müssen“
Referentenwahl: Sparen unten, absichern oben
Heftig wurde es bei der geplanten Referentenwahl. Gleich drei Spitzenposten – Personal, Hochbau, Wirtschaft – sollen neu vergeben oder verlängert werden. Mitten im Spardiktat.
„Man kann den Bürgern keine Kürzungen zumuten und gleichzeitig Posten verteilen“, hieß es trocken aus der Runde. Während an der Basis Verträge auslaufen, gönnt sich die Rathausspitze personelle Sicherheit. „Wer unten spart und oben absichert, verliert jedes Maß“, kommentierte ein Teilnehmer. Selbst in der CSU-Fraktion herrschte Kopfschütteln: Verschieben? Wäre möglich gewesen. Politisch? Offenbar nicht gewollt.
Oktoberfest, Haushalt im Keller – Krüge in der Luft
Und dann war da noch das Oktoberfest. Die Timeline war schneller als jeder Pressesprecher. Bilder auch von CSU-Stadträten mit Maßkrügen, mittendrin OB Michael Kern und Bürgermeisterin Dorothea Deneke-Stoll – während die Stadt gleichzeitig über Kürzungen und Haushaltssperren berät.
„Finanzkoma trifft Bierzelt“, ätzte ein Facebook-Kommentar. Andere fragten nur: Geht das? Viele in der Partei fanden: Nein. „Man kann nicht tagsüber über Einsparungen reden und abends mit der Maß posieren“, so ein Teilnehmer. „Das versteht draußen keiner mehr.“
Zwischen Brezn und Bilanzen, Maßkrügen und Mangelverwaltung – das Bild passte einfach zu gut. Und es blieb hängen.
Mit dem SPD-Stab beraten – CSU außen vor
Richtig ungemütlich wurde es, als mehrere Redner Kerns Führungsstil thematisierten. Der OB, so der Vorwurf, bereite Entscheidungen mit seinem „SPD-Stab“ vor – dem Team, das noch aus der Ära seines Vorgängers Christian Scharpf stammt. Kern hatte nach seiner Wahl den alten Verwaltungsstab und Scharpfs Büroleiter übernommen. Ein Schritt, der vielen Christsozialen bis heute quer sitzt.
Laut Aussage eines Teilnehmers fiel in der Sitzung der Satz, Kern „rede und entscheide mit diesen Leuten. Viele Entscheidungen erfahren die CSU erst über die Presse.“ Auch die Sitzungen des Ältestenrats sorgten für Ärger. „Das hat mit innerparteilicher Einbindung, Klarheit und Offenheit gegenüber der Bürgerschaft nichts mehr zu tun“, wird ein Redner zitiert.
Kerns Reaktion? Schweigen. „Der hat nur auf den Tisch gestarrt“, so ein anderer Teilnehmer. Nur zur Referentenwahl habe sich Kern überhaupt geäußert – und auf den Beschluss des Ältestenrats verwiesen. Pikant: Dieses Gremium fasst laut Geschäftsordnung gar keine Beschlüsse, sondern berät lediglich den Oberbürgermeister.
Huber als Feuerwehrmann
CSU-Kreisvorsitzender Stefan Huber versuchte in der Moderation auszugleichen und zu retten, was zu retten war. „Huber hat’s ehrlich versucht, aber die Leute wollten Antworten – und die kamen nicht“, fasst ein Teilnehmer zusammen. Am Ende blieb der Eindruck: Der Parteichef versucht, Risse zu kleben, während der Oberbürgermeister da sitzt und schweigt.
Hofmann trifft den Nerv
CSU-Vize Christopher Hofmann hatte die Stimmung längst gespürt. Auf Facebook schrieb er einige Tage vor der Zusammenkunft: „Sparen unten, absichern oben.“ Damit sprach er aus, was an der Basis schon grollte. Während befristete Verträge in der Verwaltung nicht verlängert werden, sollen teure Spitzenposten bleiben.
Sparen unten, absichern oben – das doppelte Signal
Ingolstadt steckt mitten in der Haushaltskrise – und mitten in einer Vertrauenskrise. Bürger sollen verzichten, die Stadtspitze sichert sich ab. Der Wildpark steht vor dem Aus, die Innenstadt wird dunkler, aber im Rathaus bleiben die Lichter an.
„Das versteht draußen keiner mehr“,“ so ein Sitzungsteilnehmer. „Und offen gesagt: drinnen auch nicht.“
Der Applaus, der an diesem Abend durch den Saal ging, galt nicht dem Oberbürgermeister – sondern den CSU‑Mitgliedern, die ihn kritisierten. Für Michael Kern könnte das Klopfen der CSU-Basis zum politischen Wecker werden. Oder zum Nachhall seiner Amtszeit.
Transparenzhinweis: Eigene Recherche und Berichterstattung.
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