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OB Scharpf kritisiert Wahlkampfmanöver von Kern

In einem offenen Brief hat Ingolstadts Oberbürgermeister Christian Scharpf (SPD) auf die jüngsten Äußerungen des frisch gekürten CSU-Kandidaten Michael Kern reagiert. In seiner Stellungnahme, die sich auf Kern’s Nominierungsrede bezieht, bringt Scharpf deutliche Kritik an Kerns politischen Aussagen und Wahlkampfstrategien zum Ausdruck.

Zunächst betont Scharpf, dass er die Angriffe auf seine Person in der Antrittsrede von Kern zwar zur Kenntnis nehme, jedoch nicht übelnehme, da solche Seitenhiebe zum Wahlkampf gehörten. Doch er wolle inhaltlich Stellung beziehen, insbesondere zu drei zentralen Punkten, die Kern auf der Aufstellungskonferenz öffentlich gemacht hatte.

Erstens appelliert Scharpf an Kern, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Scharpf, der in fast fünf Jahren Amtszeit die Professionalität und das Engagement der Stadtverwaltung kennengelernt hat, empfindet Kerns Bemerkungen über angebliche Mängel wie „Rasthaus“ oder Terminprobleme als unzutreffend und unangemessen. „Ich habe bei der letzten Personalversammlung deutlich gemacht, dass ich solche Wahlkampfmanöver nicht tolerieren werde“, so Scharpf.

Der zweite Punkt bezieht sich auf Kerns Vorschlag, die Industriepolitik zur „Chefsache“ zu machen. Scharpf stellt klar, dass Städte und Gemeinden keine Industriepolitik betreiben können, da dies in die Zuständigkeit des Bundes und der Länder fällt. Die Rolle der Stadtverwaltung sei auf eine wirtschaftsfreundliche Rahmenpolitik begrenzt. „Solche Aussagen sind meiner Ansicht nach reines Wahlkampfgetöse“, kritisiert Scharpf.

Drittens geht Scharpf auf Kerns Pläne ein, die Bildung ebenfalls zur „Chefsache“ zu erklären. Während er Kerns Vorstoß begrüßt, erinnert Scharpf an die bereits in den letzten Jahren getätigten Investitionen in Schulen und Kitas. „Ich habe einen immensen Sanierungsstau geerbt, den wir noch immer abarbeiten. Dennoch haben wir in den letzten Jahren mehr in unsere Bildungsinfrastruktur investiert als je zuvor“, erklärt Scharpf. Eine zusätzliche Taskforce hält er für unnötig, da diese nur mehr Bürokratie und nicht mehr Fortschritt bringen würde.

Abschließend lässt Scharpf erkennen, dass er gespannt auf Kerns „Visionen und Initiativen“ ist, die er in den vergangenen Jahren im Stadtrat vermisst habe. „Von Ihnen war bisher leider nichts zu hören“, so Scharpf abschließend.

Der Brief endet mit der Aussicht auf weitere Diskussionen und Begegnungen zwischen den beiden Politikern. Scharpf betont, dass er auf die kommenden Debatten mit Kern gespannt ist und hofft, dass sie zu konstruktiven Gesprächen führen werden.

Der Offene Brief Oberbürgermeister Christian Scharpf an Michael Kern vom 21.11.2024 im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Dr. Kern, lieber Michael,

erneut Glückwunsch zu Ihrer Nominierung als CSU-Kandidat.

Auszüge aus Ihrer Antrittsrede habe ich gelesen und wie Sie richtig sagen, nehme ich Ihnen den ein oder anderen Seitenhieb gegen mich persönlich nicht übel. Das gehört zum Wahlkampf dazu, auch wenn ich selbst überhaupt nicht zur Wahl stehe.

Dennoch sehe ich mich gezwungen, auf den ein oder anderen inhaltlichen Punkt, den Sie bei Ihrer Aufstellungskonferenz öffentlich gesagt haben, zu antworten.

Erstens bitte ich Sie eindringlich, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung aus dem Wahlkampf herauszuhalten. In den fast fünf Jahren meiner Amtszeit habe ich in den verschiedenen Ämtern und Referaten professionelle und fleißige Kolleginnen und Kollegen kennengelernt. Deren Leistung kollektiv durch Begriffe wie „Rasthaus“ oder mit Behauptungen, dass es keine Termine für Bürgerinnen und Bürger gäbe, zu schmälern, ist weder zutreffend noch stilvoll. Ich habe bei der letzten Personalversammlung deutlich gemacht, dass ich diese Art von Wahlkampfmanövern nicht tolerieren und als amtierender Dienstchef auch deutlich zurückweisen werde.

Zweitens, Städte und Gemeinden können und dürfen keine Industriepolitik machen! Das ist Sache des Bundes und der Länder.

Selbst eine aktive Wirtschaftsförderung ist untersagt und lediglich auf ausgewählte Maßnahmen zur Setzung eines wirtschaftsfreundlichen Rahmens begrenzt. Nach vier Jahren im Stadtrat sollten Sie dies wissen. Demnach gehe ich davon aus, dass Schlagworte wie „Industriepolitik zur Chefsache“ machen, reines Wahlkampfgetöse sind.

Und drittens, ich begrüße es sehr, dass Sie auch die Bildung zur Chefsache machen wollen. Bei Ihren Parteivorgängern konnte ich das nicht immer feststellen. Ich habe einen immensen Sanierungsstau geerbt, den wir noch immer abarbeiten. Und trotzdem haben wir in den letzten Jahren so viel in unsere Schulen und Kitas investiert, wie noch nie zuvor. Auch wenn Sie nur stellvertretendes Mitglied im Bildungsausschuss sind, wissen Sie sicherlich, welche Vielzahl an Schul- und Kitabauten sowie Sanierungen umgesetzt bzw. auf den Weg gebracht wurden. Die Fachreferate leisten hier hervorragende Arbeit. Ich weiß daher nicht, was eine zusätzliche Taskforce bringen sollte. Weitere Strukturen und mehr Bürokratie führen nicht zu mehr Fortschritt.

Ich bin schon gespannt auf Ihre zahlreichen Visionen und Initiativen, die Sie bei mir bemängeln. In den letzten Jahren im Stadtrat war von Ihnen davon leider noch überhaupt nichts zu hören.

Dies ist einstweilen eine erste Replik auf Ihre Nominierungsrede. Gleichwohl freue ich mich auf die weiteren Diskussionen und Begegnungen mit Ihnen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Christian Scharpf

Quelle: Eigene Berichterstattung

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