Anzeige

OB-Wahl: Wo würde Kern die Stadt hinsteuern?

Das Nachrichtenportal O-T(h)öne hat mit Stadtrat Michael Kern ein langes, ausführliches Gespräch zu wichtigen Themen der Ingolstädter Kommunalpolitik geführt, das bereits in mehreren Teilen veröffentlicht wurde. Da die CSU Ingolstadt am kommenden Dienstag zwischen den Bewerbern, Michael Kern und Christian Lösel, den OB-Kandidaten wählt und nominiert, werden hier nochmals die Fragen und Antworten von Michael Kern zu seinen politischen Lösungsansätzen veröffentlicht. Die Beantwortung von Fragen durch Christian Lösel erfolgt in einem eigenen Artikel.

Das Interview wurde bereits am 28. September geführt.

O-T(h)öne: Sie waren als Bezirksrat für das Klinikum Ingolstadt in Verantwortung und sind dies auch als Stadtrat. Sie tragen dort also seit über sechs Jahren politische Verantwortung für das Großkrankenhaus und konnten die Entwicklungen nicht nur verfolgen, sondern mitgestalten. Was hat denn das Klinikum Ingolstadt so in die finanzielle Schieflage gebracht, wie diese sich seit geraumer Zeit darstellt? Was sind denn die Bereiche im Klinikum, in denen die Defizite entstanden sind und aktuell noch entstehen?

Kern: Zunächst einmal möchte ich vorausschicken, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unserem Klinikum eine hervorragende Arbeit leisten und wenn wir die letzten Jahre zurückschauen, gerade auch unter der schweren Corona-Zeit, eine hervorragende Leistung erbracht haben. Wir konnten uns auf unser Klinikum immer verlassen, egal wie schwer die Zeiten waren. Stichwort Pandemie, Stichwort Lockdown, Stichwort Corona, Stichwort Impfen. Da haben diese Mitarbeiter ganz, ganz Großes geleistet, das zentrale Herzstück unserer regionalen Gesundheitsversorgung. Neben der Versorgung spielen auch die wirtschaftlichen Themen eine Rolle. Natürlich kann es uns nicht ruhen lassen, wenn das Klinikum Ingolstadt jedes Jahr Millionen Euro an Defiziten einfährt. Da läuft die interne Analyse und da laufen auch Überlegungen, wie wir das Klinikum Ingolstadt aufstellen können, nicht nur medizinisch, sondern auch wirtschaftlich. Mein Ziel ist es, dass wir das Klinikum als Vollversorger-Krankenhaus aufwerten, dass wir am besten bald auch in Ingolstadt ermöglichen können, dass ein Medizinstudium absolviert werden kann, gerne in Kooperation mit einer Universität aus München, eventuell bei der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt oder bei der Technischen Hochschule Ingolstadt, damit wir mit unseren Partnern die bestmögliche Versorgung auf die Beine stellen. Bei all diesen Überlegungen muss es aber so sein, dass wir als Ingolstädter Stadtrat zunächst die Interessen unserer Ingolstädter Bürgerinnen und Bürger im Auge haben, und da ist es mir ein Herzensanliegen, dass wir eine leistungsfähige Notaufnahme haben. Schon jetzt ist es bei der Notaufnahme so, dass sie in gewisser Weise fast an ihre Grenzen kommt, und wenn wir die Interessen der Bürgerinnen und Bürger im Auge haben, muss immer gewährleistet sein, dass sie einen jederzeit möglichen Zugang zu unserer hervorragenden Notfallmedizin im Klinikum haben. Und wenn das Klinikum dann auch noch weitere medizinische Spezialbereiche hervorragend abbildet, umso besser. Dafür werden wir arbeiten, das Klinikum ist unser Herzstück der Gesundheitsversorgung.

O-T(h)öne: Sie können Bereiche, die seit längerer Zeit defizitär sind, im Klinikum nicht benennen, sondern diese werden gerade im Moment analysiert?

Kern: Da gibt es selbstverständlich schon erste interne Analysen, das läuft, und das ist mit den hohen Defiziten natürlich kein Zustand, der so bleiben kann. Daran muss gearbeitet werden, und daran wird auch gearbeitet. Aber neben all den Zahlen, die in den Griff bekommen werden müssen, ist immer auch wichtig, dass die Gesundheitsversorgung läuft, weil unsere Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch darauf haben, im Klinikum die bestmögliche medizinische Versorgung zu erhalten. 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr.

O-T(h)öne: Wenn ich das jetzt höre, dann heißt dies, das Klinikum ist kein Bereich, bei dem Sie Einsparungen vorsehen?

Kern: Sparen ist vielleicht auch nicht das richtige Wort. Wo wir Mittel einsetzen, müssen wir diese Mittel kostenbewusst einsetzen. Ich würde eher sagen, die Ausrichtung künftig mit entsprechender Strategie zu versehen, um einfach auch hier und da den neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen entsprechend, den Patientenströmen entsprechend, cleverer zu handeln. Sparen an sich wäre sicherlich das falsche Wort, und vorrangig bleibt die hervorragende Versorgung für unsere Bürgerinnen und Bürger. Und damit meine ich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Klinikum – die Klinikärzte genauso wie die Pflegekräfte und auch die Verwaltungskräfte. Lassen Sie mich einen Satz dazu sagen: Genauso müssen wir auch das Thema Ausbildung am Klinikum weiter ausbreiten. Die Gesundheitsschule am Klinikum ist absolut wichtig, und wir werden in Zeiten des demografischen Wandels und in Zeiten des Pflegekräftemangels unseren eigenen Nachwuchs ausbilden. Das werden wir mit voller Energie angehen müssen, auch in Kooperation mit unseren örtlichen Schulen, damit wir unsere Gesundheitsversorgung auch in den Arztpraxen weiter erhalten. Das Thema Gesundheit ist eines der wichtigsten Zukunftsthemen für unsere Region. Da sind wir gut unterwegs, aber da müssen wir die Hausaufgaben jetzt auch schleunigst machen.

O-T(h)öne: Wie stehen Sie zum Thema der Privatisierung des Klinikums, das heißt, wenn die finanziellen Defizite weiter davon galoppieren, entweder einen privaten Investor mit ins Boot zu holen oder zu sagen, ja, wir als Kommune entledigen uns des Klinikums? Es gibt vermutlich Konzerne, die bereit wären, dieses Ingolstädter Klinikum zu übernehmen.

Kern: Eine solche Lösung sehe ich aktuell für unser Klinikum und auch in der nächsten Zeit überhaupt nicht.

O-T(h)öne: Das Thema der Pflegesituation in Ingolstadt ist ebenso ein wichtiges. Sowohl stationär als auch teilstationär. In der stationären Pflege wurden über viele Jahre durch kommunale Mandatsträger massiv Betten abgebaut. Ich denke an das frühere Pflegeheim in der Sebastianstraße oder das Heilig-Geist-Spital. Es gibt Pflegegutachten für die Stadt Ingolstadt, es gibt Zahlen des Bezirks Oberbayern und auch des Freistaates, wie sich die Pflegesituation entwickeln wird. Da werden zahlreiche zusätzliche stationäre Pflegeplätze nötig, die derzeit nicht in Sicht sind. Welche Vorstellungen haben Sie für Ingolstadt, um die Pflegesituation im Ganzen zu verbessern?

Kern: In einer alternden Gesellschaft werden immer mehr Menschen Pflege benötigen, sei es in Kurzzeit- oder Vollzeitpflege. Diesem Umstand müssen wir Rechnung tragen. Als Stadt Ingolstadt sind wir möglicherweise nicht der richtige Heimbetreiber, aber wir müssen alles daransetzen, dass wir Heimbetreiber ermutigen, in Ingolstadt ein Vorhaben zu realisieren. Dafür brauchen wir entsprechende Grundstücke, dafür brauchen wir entsprechende Arbeitskräfte, die zur Verfügung stehen, und da müssen wir alles daransetzen, dass wir perspektivisch ein, zwei oder drei neue Pflegeheime bekommen. Das ist auch gut möglich.

O-T(h)öne: Wir bieten bereits preisgünstige Grundstücke an für jemanden, der ein Pflegeheim errichten will. Wir subventionieren sogar neue stationäre Pflegeplätze. Trotz dieser Anreize konnte seit langer Zeit kein Investor gefunden werden, der bereit ist, ein neues Pflegeheim mit zusätzlichen Plätzen zu bauen, in diesen Sektor zu investieren. Es ist lukrativer, anders Geld zu verdienen. Investoren geht es bei Investitionen immer auch um Gewinn. Wenn ich andere Kommunen anschaue, selbst Gemeinden betreiben eigene Pflegeheime. Was spricht dagegen, dass die Stadt Ingolstadt im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge ein Pflegeheim baut und die Kräfte beispielsweise am Berufsbildungszentrum des Klinikums ausbildet und an sich bindet?

Kern: An vorderster Stelle halte ich passende gesetzliche Rahmenbedingungen für wichtig, und da ist viel vom Bundesgesetzgeber zu machen. Da werde ich auch über den Bayerischen Städtetag die Bundesseite entsprechend ansprechen, auch mit dem Wissen, das ich als ehemaliger Bezirksrat habe, und bin zuversichtlich, dass wir über verbesserte bundesgesetzliche Regelungen wieder attraktiver werden, sodass wir dann auch Investoren und Betreiber finden werden. Ob das dann die Stadt Ingolstadt selbst sein muss, wird man sehen. Wichtig sind gute bundesgesetzliche Rahmenbedingungen, und da werde ich auch über den Bayerischen Städtetag dafür sorgen, dass wir gehört werden.

O-T(h)öne: Das hört sich so an, als wenn die eine kommunale Ebene das Problem auf die nächste politische Ebene abschiebt. Fördert das nicht Politikverdrossenheit und Politikerverdrossenheit?

Kern: Es geht um gesetzliche Rahmenbedingungen. Niemand kann dazu gezwungen werden, in ein wirtschaftliches Abenteuer zu investieren. Da müssen wir uns als Gesellschaft ehrlich machen, da müssen alle Ebenen zusammenarbeiten, und da müssen wir sehen, dass die entscheidenden gesetzlichen Regelungen in unserem Land angepasst werden. Eine Kommune alleine kann da nicht alles machen. Da brauchen wir den Bundesgesetzgeber, aber das werden wir artikulieren und das werden wir miteinander mit den Ebenen lösen. Beispielsweise haben wir ja unseren hochgeschätzten Bundestagsabgeordneten Reinhard Brandl, und das werden wir gemeinsam in den Griff bekommen, bei diesem Thema.

O-T(h)öne: Die vom Statistischen Bundesamt in vergangener Zeit veröffentlichten Zahlen zum Wohnungsbau schauen nicht gut aus. Es wird in Deutschland, aber auch in Ingolstadt, zu wenig gebaut. Es fehlt an Wohnraum, insbesondere an bezahlbarem. Wir haben vor Ort einen Arbeitgeber mit sehr hohen Verdiensten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Arbeitgebers können sich höhere Mieten aktuell leisten und auch noch Wohnungen und Häuser kaufen. Beschäftigte anderer Unternehmen tun sich aufgrund des Einkommens aktuell schon schwer, die Miete zu bezahlen. Welche Vorstellungen haben Sie zum Thema Wohnungsbau?

Kern: Ingolstadt muss nicht um jeden Preis weiterwachsen, aber selbstverständlich benötigen wir in Ingolstadt weiteren Wohnungsbau. Dafür muss die Stadt die Rahmenbedingungen schaffen und über die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft Wohnungen bereitstellen. Selbstverständlich müssen Nachverdichtungen ermöglicht und auch neue Baugebiete ausgewiesen werden. In Summe muss dies dazu führen, dass breite Schichten der Bevölkerung sich wieder ein Eigenheim leisten können und dass auch Mietpreise wieder allgemein erschwinglich sind. Leider sind wir in Oberbayern, auch in Ingolstadt, mit den Mieten auf einem relativ teuren Niveau, was gerade jüngere Familien und Einkommensschwächere in der Tat wirklich belastet, eine entsprechend große Wohnung preisgünstig zu finden. Dies können wir nur durch die Schaffung und Ermöglichung weiteren Wohnraums abfangen. Daran müssen wir arbeiten. Man muss aber auch sehen, dass wir als Stadt Ingolstadt hier noch einige Potenziale haben, Baugebiete auszuweisen, Nachverdichtungen zu ermöglichen und über unsere GWG zu bauen. Wenn wir in den nächsten Jahren einfach Schwung reinbringen, dann wird die Situation auch wieder etwas besser.

O-T(h)öne: Wenn ich mir den Beteiligungsbericht der Stadt Ingolstadt ansehe und das Kapitel zur Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft lese, dann schaut es finanziell in dem Unternehmen gerade nicht so sonderlich rosig aus. Da ist nicht ausreichend freies Kapital vorhanden, dass das Unternehmen so bauen könnte, wie es erforderlich wäre. Was wäre da der Lösungsansatz? Eine zweite Wohnungsbaugesellschaft in Händen der Stadt?

Kern: Was aktuell für alle Bauherren gilt, ist, dass Bauen auch durch die Baustoffe teuer ist. Das geht auch an einer GWG nicht vorbei, aber auch da kann man mit entsprechend klugem Bauen schon jetzt clevere Projekte realisieren, und diese Kostensituation wird auch wieder besser. Von daher habe ich volles Zutrauen in unsere GWG, wo es immer schon zyklische Entwicklungen gab, dass wir hier auch wieder noch bessere Zeiten sehen werden.

O-T(h)öne: Was sind Ihre Vorstellungen, Ihre Visionen oder gar konkrete Ideen in puncto Schulen?

Kern: Den Kindern unserer Stadt, unseren Schülerinnen und Schülern, aber genauso auch den Lehrkräften sind wir es schuldig, dass wir ihnen ordentliche Schulbauten zur Verfügung stellen. Das geht vom Klassenraum über den Pausenbereich bis hin zu den Sporthallen. Da kann es auch nicht sein, dass drei Schulschwimmbäder auf einmal geschlossen sind. Diese Themen müssen wir mit oberster Priorität beackern, und dieses Thema wird unter meiner Führung Chefsache sein.

O-T(h)öne: Was haben Sie konkret für Prioritäten bei den Schulbauten?

Kern: Hier haben wir den Schulentwicklungsplan. Diesen müssen wir ganz konsequent abarbeiten. Wichtig ist, dass wir konsequent dranbleiben und auch erklären, wie wir vorgehen, sodass wir in der Gesellschaft eine breite Akzeptanz erreichen. Das sind wir unseren Schülerinnen und Schülern und den Lehrkräften schuldig.

O-T(h)öne: Das heißt jetzt auch kein Sparen und keine Streichungen von Finanzmitteln bei den Schulen, wenn die nächste Konsolidierungsrunde im Stadtrat ansteht.

Kern: Sparen kann auch durch Kostenbewusstsein passieren. Selbstverständlich müssen wir die Haushaltslage im Auge haben. Wichtig ist, dass wir einen guten Plan haben, dass wir die vordringlichsten Baustellen zuerst beackern und dann konsequent Stück für Stück vorgehen. Dies ohne Verzögerungen, sondern dranbleiben und erklären.

O-T(h)öne: Eine große Sanierungsmaßnahme, die man in der langfristigen Finanzplanung der Stadt Ingolstadt momentan überhaupt noch gar nicht findet, ist das Stadttheater Ingolstadt. Mandatsträger sprechen von Summen bis zu 300 Millionen Euro. Gleichzeitig lässt man in der Ingolstädter Kommunalpolitik den Luftballon des Staatstheaters steigen, als wenn der Freistaat Bayern nur darauf warten würde, Ingolstadt etwas zu schenken. Wie realistisch ist das Staatstheater und wie kann man die Sanierung des Stadttheaters finanziell überhaupt als Stadt Ingolstadt stemmen?

Kern: Die Aufwertung des Stadttheaters Ingolstadt zum Staatstheater würde der Stadt gut zu Gesicht stehen. Der neue Intendant hat unheimlich viel Schwung und Energie mit seinem Team, und den möchte ich nach Kräften unterstützen. Ich kann es dann nur begrüßen, wenn der Freistaat Bayern sich hier auch mehr engagiert. Die künstlerische Arbeit, die hier geleistet wird, ist hervorragend. Wenn das Stadttheater Ingolstadt zum Staatstheater aufgewertet wird, ist die finanzielle Unterstützung durch den Freistaat Bayern größer. Dann kann die Sanierung in Teilabschnitten über mehrere Jahre so über die Bühne gehen, dass diese einerseits bezahlbar ist, andererseits, dass wir eine entsprechende Qualität des denkmalgeschützten Baus haben und drittens, dass wir in dieser Zeit weiterhin Theaterbetrieb in Ingolstadt haben. Aufgabe wird es sein, mit Augenmaß alle Themen verträglich unter einen Hut zu bekommen.

O-T(h)öne: Wie wollen Sie als Oberbürgermeister verhindern, dass die Kosten bei der Sanierung so aus dem Ruder laufen wie beim Museum für Kunst und Design?

Kern: Wenn das MKKD fertiggestellt ist, brauchen wir eine klare Analyse, wo genau ungeplante Kosten entstanden sind und wo genau die Mehrkosten resultieren. Auf Basis dieser Analyse müssen wir dann unsere Schlüsse ziehen, wie es ja bereits im Schulausschuss angedacht war. Wir wissen natürlich, dass jedes größere Vorhaben Unwägbarkeiten in sich trägt. Von daher wird es gerade auch beim neuen Vorhaben Stadttheater umso wichtiger, frühzeitig möglichst viele Eventualitäten zu berücksichtigen. Man muss aber immer wissen, dass Bauen selbstverständlich Risiken beinhaltet. Planungen müssen Risiken begegnen. Mehrere Vorhaben, die komplett aus dem Ruder laufen würden, tragen nämlich nicht zur Akzeptanz unserer Entscheidungsfindungen bei. So etwas wie beim MKKD darf im Grunde nicht mehr passieren.

O-T(h)öne: Aus der Bürgerschaft ist immer wieder Kritik zu hören, dass Verwaltungsabläufe bei der Stadt viel zu lange dauern. Die Stadt ist Dienstleister gegenüber der Bürgerschaft. Was sind Ihre Vorstellungen, dass die Stadt Ingolstadt in dem Bereich auch wirklich Bürgerstadt ist?

Kern: Dort, wo Bürgerinnen und Bürger oder auch Unternehmen und Mittelständler eine Dienstleistung der Stadt benötigen, wie zum Beispiel die Ausstellung eines Passes oder die Gewerbeanmeldung, da muss die Stadt alles daransetzen, diese Anliegen schnell zu erledigen. Andersherum, da wo man intern langwierig prüft, an Konzepten arbeitet, ist es weniger wichtig, eilig zu sein. Ich werde als Oberbürgermeister einen großen Schwerpunkt darauf legen, dass dieser Servicebereich der Verwaltung funktioniert. Das sind wir unseren Bürgerinnen und Bürgern und den Unternehmen schuldig, damit jedermann weiß, wenn er etwas benötigt, kann er sich auf die Stadt verlassen. Da brauchen wir in Zukunft etwas mehr digitale Lösungen, aber genauso auch für jeden eine gute Anlaufmöglichkeit, der auch mal ohne Termin ins Rathaus möchte. Da werde ich großen Wert darauf legen, dass wir diese Bürgeranliegen in ordentlichen Zeiten gut erfüllen.

O-T(h)öne: Das Thema Sicherheit bewegt die Menschen derzeit. Was haben Sie für Vorstellungen?

Kern: Sicherheit und Freiheit gehören unmittelbar zusammen. Wir haben in Ingolstadt eine wirklich gute Sicherheitslage. Wir müssen aber auch das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung immer im Auge haben und müssen auch dafür Sorge tragen, Straftaten möglichst zu vermeiden. Wenn diese geschehen, müssen sie schnell aufgeklärt werden. Als Stadt Ingolstadt müssen wir auch künftig eng mit unserer Polizei zusammenarbeiten. Wir müssen die Sicherheitswacht unterstützen. Neben dem kommunalen Ordnungsdienst benötigen wir mehr Videoüberwachung an neuralgischen Punkten. Da gibt es gesetzliche Datenschutzthemen, aber auch da werde ich über den Städtetag die Interessen einbringen, dass mehr Kameraüberwachung auch zu mehr Sicherheit führt.

O-T(h)öne: Ein Blick zur Finanzsituation der Stadt Ingolstadt. Wenn ich allein die Schulden anschaue, die im Beteiligungsbericht aufgeführt sind, müssten wir ungefähr bei 1,1 Milliarden Euro sein. Mit Blick auf das, was in den Beteiligungsunternehmen noch ansteht, könnten im Jahr 2032 Schulden bei 1,5 Milliarden Euro liegen. Hinzu kommt eine Verschuldung der Stadt wegen fehlender Gewerbesteuer. Wie wollen Sie diese Finanzlage als Oberbürgermeister stemmen und einen genehmigungsfähigen Haushalt aufstellen, auch unter dem Gesichtspunkt, was Sie als Notwendigkeiten in diesem Interview aufgezählt haben?

Kern: Es muss immer weitergehen und es wird immer weitergehen. Zuallererst möchte ich meine Zuversicht zum Ausdruck bringen, dass es immer weitergeht und diese bekräftigen. Freilich werden wir eine haushälterische große Vernunft brauchen. Wir werden gute Planungen brauchen. Wir werden ein Zusammenstehen im Stadtrat brauchen, um die weniger angenehmen Zeiten möglichst ohne sinnlosen politischen Streit über die Bühne zu bringen. Da braucht es Vernunft, Zusammengehörigkeit und Geschlossenheit. Nicht jede rentierliche Verbindlichkeit ist eine Last. Wir brauchen da eine ruhige Hand, aber sicher in den nächsten Jahren werden wir ein sehr kostenbewusstes Wirtschaften zeigen müssen. Das traue ich mir zu und das traue ich auch allen Kolleginnen und Kollegen im Stadtrat zu. Das werden wir gemeinsam hinbringen.
Wichtig ist mir in unserer Stadt die Förderung des Mittelstands. Wir haben mit der Audi ein hervorragendes großes Unternehmen, dessen Spirit “Vorsprung durch Technik” noch immer gilt. Dann setze ich darauf, dass wir neue Jobs bekommen werden mit dem Handwerk. Für diese Unternehmungen brauchen wir Möglichkeiten, Grundstücksmöglichkeiten, damit eine Betriebsansiedlung oder Erweiterung möglich ist. Wir werden in Zukunft eine große Chance haben, im Mittelstand und Handwerk neue Jobs zu bekommen. Wir müssen auch darauf schauen, dass die Schulabgänger aus den Mittelschulen und den Realschulen und aller Schularten möglichst alle in ein Ausbildungsverhältnis kommen. Wir dürfen niemanden haben, der ohne Ausbildungszukunft die Schule verlässt.

O-T(h)öne: Ich hätte jetzt die Bitte, dass Sie Sätze, die ich beginne, spontan ergänzen.

Von Christian Lösel habe ich gelernt …
Kern: …und lerne gleichzeitig ihm, dass auch zwei politische Freunde sich einmal gleichzeitig um dasselbe Amt bewerben dürfen.

O-T(h)öne: an den Linken im Ingolstädter Stadtrat schätze ich …
Kern: …dass sie aufgeschlossene Kolleginnen und Kollegen sind und dass man mit ihnen gut zusammenarbeiten kann.

O-T(h)öne: Die AfD-Stadtratsfraktion ist für mich …
Kern: …kein Orientierungspunkt meiner politischen Arbeit.

O-T(h)öne: Dass bisher keine OB-Kandidatin in Sicht ist …
Kern: …ist der momentan in den Medien berichtete Sachstand. Das muss nicht so bleiben. Freilich wäre auch eine Kandidatin oder mehrere Kandidatinnen möglich. Das ist aber Sache der Parteien, wir werden mal sehen.

O-T(h)öne: Eine Zerrissenheit der Ingolstädter CSU …
Kern: …erkenne ich nicht, auch wenn wir freilich Arbeit haben, noch geschlossener zu werden.

O-T(h)öne: das Stimmungstief der deutschen Automobilindustrie hat für Ingolstadt …
Kern:die Situation, dass eine Besserung dieser Aussichten in der Automobilindustrie dringend wünschenswert ist. Dabei setze ich auf die motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Audi und weiß, dass der Satz “Vorsprung durch Technik” bei Audi immer noch gilt. Audi baut tolle Fahrzeuge.

O-T(h)öne: Stadtratsmitgliedern, die sagen, ich müsste ein bisschen kerniger sein, weil ich in meinen Aussagen zu weichgespült herüberkomme, sage ich:
Kern: Michael Kern ist kein Franz Josef Strauß, aber vielleicht wird ja noch einer aus ihm.

Quelle: Eigene Berichterstattung.

Sie möchten zu dieser Veröffentlichung mit dem Nachrichtenportal O-T(h)öne in Kontakt treten?

Wir freuen uns über Ihre E-Mail.

Diesen Beitrag teilen
Anzeige