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Oberbürgermeister: Ratsbegehren Kammerspiele bleibt

Oberbürgermeister: Ratsbegehren Kammerspiele bleibt

(ot) Gestern forderte Armin Herker, Mitinitiator des Bürgerbegehrens „Keine Kammerspiele an der Schutterstraße“, in einem "Offenen Brief", das Bürgerbegehren zulassen und das Ratsbegehren zurückziehen. Hierauf reagierte heute der Ingolstädter Oberbürgermeister Christian Scharpf mit einem Schreiben an die Vertreter des Bürgerbegehrens, welches auch an die Medien ging.

Der Brief des Ingolstädter Oberbürgermeisters hat nachfolgenden Inhalt:

Ich nehme Bezug auf das zwischen Ihnen und Herrn Müller geführte Gespräch von Freitag, 10.06.2022 sowie Ihre Schreiben von Sonntag, 12.06.2022 und von Montag, 13.06.2022. Die Schreiben waren u.a. Gegenstand einer Besprechung mit den Fraktionsvorsitzenden und Gruppensprechern am Montagabend.
 
Im Ergebnis kann ich Ihnen mitteilen, dass sich die weit überwiegende Mehrheit dafür ausgesprochen hat, das laufende Ratsbegehren fortzuführen und den Bürgerentscheid am 24.07.2022 durchzuführen.

Sie fordern in Ihrem Schreiben, dass der Stadtrat weniger als sechs Wochen vor der Abstimmung das Ratsbegehren, das von der Bürgerinitiative ursprünglich bejubelt worden war, wieder zurücknimmt, das Bürgerbegehren dagegen zulässt, dies aber in der Fragestellung des Ratsbegehrens. Dieses Ansinnen ist sowohl rechtlich als auch politisch abwegig und hat mit einem „Kompromissvorschlag“ nichts zu tun. Das versteht auch in der Bevölkerung kein Mensch mehr.
 
Im Kern geht es Ihnen um die Forderung, dass der Bürgerinitiative dieselben Rechte eingeräumt werden, die sie gehabt hätte, wenn ein Bürgerbegehren durchgeführt worden wäre. Hier würde nach Ihrer Auffassung das sogenannte Paritätsgebot gelten, wonach die Gemeinde den Initiatoren gleichberechtigt bei Veröffentlichungen (Plakate, Anzeigen, Internet, etc.) Platz zur Darstellung ihrer Argumente einräumen muss – und diese somit auf städtische Kosten zu finanzieren sind. Dies ist jedoch unzutreffend. In der Gemeindeordnung ist eindeutig geregelt, dass dieses Paritätsgebot ausschließlich für ein Bürgerbegehren gilt, nicht jedoch, wenn neben diesem ein paralleles Ratsbegehren stattfindet, und auch nicht, wenn nur ein Ratsbegehren zur Abstimmung steht. Hierzu kann ich Ihnen versichern, dass der Stadtrat auch dann ein Ratsbegehren beschlossen hätte, wenn das Bürgerbegehren zugelassen worden wäre. Die rechtliche Situation für die BI wäre also auch bei Zulassung des Bürgerbegehrens exakt dieselbe gewesen.
 
Die Bürgerinitiative stellt politische Forderungen, von denen sie weiß, dass sie die Stadt rechtlich nicht erfüllen kann. Sicher kann man politisch darüber diskutieren, dass der Stadtrat die Plakatierungsverordnung für künftige Fälle verändert. Der Oberbürgermeister und die Verwaltung können jedoch sechs Wochen vor der Abstimmung nicht einseitig die vom Stadtrat beschlossenen Spielregeln verändern. Es geht auch nicht, dass die Stadt fiktiv so tut, als sei die BI Partei bei der Abstimmung. Das wäre ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und würde Präzedenzfälle für die Zukunft schaffen.
 
Anders als von Ihnen dargestellt steht es der BI aber selbstverständlich frei, Demonstrationen oder Versammlungen abzuhalten, Veranstaltungen durchzuführen, seien es Podiumsdiskussionen oder Veranstaltungen mit Event-Charakter, oder Infostände. Ich habe die Verwaltung angewiesen, der Bürgerinitiative hier weitestmöglich entgegen zu kommen, Anträge auf Genehmigung wohlwollend und pragmatisch zu behandeln und jeglichen Ermessensspielraum zugunsten der BI weitestmöglich auszuschöpfen.

Es handelt sich vorliegend um ein rechtsstaatliches Verfahren und aus meiner Sicht ist es vollkommen in Ordnung, wenn die Bürgerinitiative den Rechtsweg vor dem Verwaltungsgericht ausschöpft, auch um den Preis, dass eine Abstimmung dadurch möglicherweise nicht am 24.07.2022, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt stattfindet. Die Stadt wird jedenfalls am Ratsbegehren mit Bürgerentscheid am 24.07.2022 festhalten.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Christian Scharpf
Oberbürgermeister

Quelle: Pressestelle der Stadt Ingolstadt.

Die gestrige Berichterstattung dazu lautete:

Kammerspiele: Bürgerbegehren zulassen - Ratsbegehren zurückziehen

(ot) Armin Herker, Mitinitiator des Bürgerbegehrens „Keine Kammerspiele an der Schutterstraße“, hat sich heute in einem "Offenen Brief", der auch den Medien zuging, dafür ausgesprochen, das Bürgerbegehren zulassen und das Ratsbegehren zurückziehen. Der Brief hat nachfolgenden Inhalt (Anmerkung der Redaktion: ungekürzt und nicht redigiert):

Offener Brief an die Stadträtinnen/Stadträte der Stadt Ingolstadt 13.06.2022
Bürgerbegehren im Vergleich zum Ratsbegehren

Sehr geehrter Stadträtinnen, sehr geehrte Stadträte,
wir glauben, dass es sehr viel Unklarheiten im Hinblick auf das Bürgerbegehren im Vergleich zum Ratsbegehren und teilweise auch Unverständnis gibt, warum wir rechtliche Schritte eingeleitet haben. Daher im Folgenden unsere Stellungnahme dazu:

Bürgerbegehren:

Hier kann man zwischen zwei Varianten unterscheiden. Ein initiierendes Bürgerbegehren schlägt dem Stadtrat etwas vor, beispielsweise für einen Stadtteil eine Brücke über eine vielbefahrene Straße. Ein kassierendes Bürgerbegehren dient dem „einkassieren“ eines Stadtratsbeschlusses.

Ratsbegehren:

Hier gibt es verschiedene Varianten. Ein Stadtrat macht bei einem initiierenden Bürgerbegehren einen Gegenvorschlag, beispielsweise soll die Brücke 300m weiter südlich verlaufen, um auch einen Nutzen für einen anderen Stadtteil zu haben.

Der Stadtrat ist sich bei einer wichtigen Entscheidung nicht sicher, wie die Meinung in der Bürgerschaft ist, und befragt diese zum Thema. Was sind die Konsequenzen bei verschiedenen Konstellationen von Bürgerentscheiden?

Konstellation 1: Reines Bürgerbegehren

Handelt es sich um ein reines Bürgerbegehren müssen in allen Medien etc. die Argumente des Bürgerbegehrens gleichberechtigt denen der Stadt gegenübergestellt werden. Das heißt z.B., dass in „Ingolstadt informiert“ bei drei Seiten Argumente für die Kammerspiele auch drei Seiten gegen die
Kammerspiele abgedruckt werden müssen. Die Stadt hat für einen objektiven Austausch der Argumente auf Augenhöhe zu sorgen. Das wirkt sicher auch deeskalierend.

Konstellation 2: Reines Ratsbegehren

Hier sind die Initiatoren des Bürgerbegehrens komplett außen vor. Es besteht z.B. in Ingolstadt nicht einmal das Recht wie im Wahlkampf plakatieren zu dürfen.

Konstellation 3: Ratsbegehren und Bürgerbegehren nebeneinander

In diesem Fall ist das Bürgerbegehren eine „Partei“ und darf auch plakatieren, ist aber von der gleichberechtigten Kommunikation ausgeschlossen. Das Ratsbegehren und das Bürgerbegehren macht für ihren jeweiligen Vorschlag selbst Werbung.

Aus unserer Sicht macht das bei einem initiierenden Bürgerbegehren mit unterschiedlichen Vorschlägen Sinn. Im vorliegenden Fall ist es aus unserer Sicht nicht zulässig, einem kassierenden Bürgerbegehren ein Ratsbegehren entgegenzusetzen, da das kein eigener Vorschlag der Stadt ist. Dieser Vorschlag der Stadt liegt in Form eines Stadtratsbeschlusses schon vor. Durch die aktuelle Vorgehensweise will die Stadt der Intention des Gesetzgebers, Bürgerbegehren und Stadt gleich zu behandeln, aushebeln. Im Fall „Keine Kammerspiele an der Schutterstraße“ ist aus unserer Sicht nur die Konstellation 1 zulässig.

Die Konstellation 3 würde auch zu einer völlig verwirrenden Fragenkombination führen, die nicht dazu dient, die Bürgerschaft klar nach Ihrer Meinung zu fragen.

Da es das Ziel ist, die Bürgerschaft in einfacher Weise zum Thema zu befragen ist unser Vorschlag daher folgender:

Das Bürgerbegehren wird zugelassen. Das Ratsbegehren wird zurückgezogen. Die Fragestellung lautet aber so wie im Ratsbegehren verabschiedet:

„Sind Sie dafür, die Kammerspiele an der Schutterstraße zu bauen (Umsetzung der Projektgenehmigung des Stadtrates vom 14.12.2021)?“

Um unsere bisherige Vorgehensweise auch verständlich zu machen, hier noch folgende Begründungen:

Um zu verhindern, dass wir gar keine Rechte mehr haben und Konstellation 2 eintritt, mussten wir innerhalb von 4 Wochen nach der Zustellung des ablehnenden Bescheids (05.05.22) Klage einreichen.

Um zu verhindern, dass einfach ein Bürgerentscheid nach Konstellation 2 durchgeführt wird, müssen wir eine Einstweilige Anordnung des Gerichts beantragen. Auch eine Konstellation 3 werden wir nicht akzeptieren. Die Aussichten, dass unser Bürgerbegehren für zulässig erklärt wird und dass das Ratsbegehren gestoppt wird, sind ausgezeichnet. Auch falls es zur Konstellation 3 kommen sollte, werden wir darauf bestehen, das Ratsbegehren für unzulässig erklären zu lassen.

Wir wollen den Bürger in demokratischer und fairer Weise befragen und den Termin am 24.07.22 unbedingt halten. Bitte ziehen Sie daher unseren Kompromissvorschlag oben in Erwägung.

Mit freundlichen Grüßen
Armin Herker
(abgestimmt mit und in Vertretung für Franz Appel und Ralf Bauernfeind)  

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