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Scharpf: Kurz im Amt, schnell Alt-OB

Früher Abgang, später Titel: Der ehemalige Ingolstädter Oberbürgermeister Christian Scharpf (SPD) darf sich künftig mit dem Ehrentitel „Altoberbürgermeister“ schmücken. Das verkündete der neue Rathauschef Michael Kern (CSU) heute bei einer Pressekonferenz zu seinen ersten 100 Tagen im Amt.

Der Stadtrat hat den Beschluss in seiner gestrigen Sitzung gefällt – allerdings nicht geräuschlos. Wie aus Stadtratskreisen zu hören ist, verlief die Abstimmung alles andere als harmonisch: deutliche Gegenstimmen, hitzige Debatte, ein Tagesordnungspunkt mit Turbulenzen. Bei manchem Stadtratsmitglied soll sich sogar trotz Zustimmung die Begeisterung über die Auszeichnung für den sozialdemokratischen Vorgänger in engen Grenzen gehalten haben.

Scharpf war im Frühjahr 2020 ins Amt gewählt worden, eine kleine Sensation in Ingolstadt. Mit seiner Wahl waren große Hoffnungen in der Wählerschaft verbunden. Ende Februar dieses Jahres legte er das Amt überraschend vorzeitig nieder, um in München als Wirtschaftsreferent anzuheuern. Seine Amtszeit hätte eigentlich noch bis April 2026 gedauert. Offiziell hieß es: persönliche Gründe. Inoffiziell wird längst spekuliert, Scharpf könnte als Oberbürgermeisterkandidat der Münchner SPD aufgebaut werden.

Erstaunlich bleibt: Für nicht einmal eine vollständige Amtszeit gibt es nun den Ehrentitel. Bereits Scharpfs Vorgänger Christian Lösel (CSU) war nach einer vollen Amtszeit von sechs Jahren mit dem Titel bedacht worden – was damals in Ingolstadt ebenfalls Stirnrunzeln ausgelöst hatte. Nun entsteht der Eindruck, dass der Stadtrat Ehrentitel quasi automatisch vergibt – gleichsam im Vorbeigehen, unabhängig von den Amtsperioden und den Leistungen des Amtsinhabers. Eine Auszeichnung, die einst etwas Besonderes war, wie nach der Ära Peter Schnell (CSU), droht zur bloßen Pflichtgeste zu verkommen – mit inflationärem Effekt. Und das für ein Amt, das ohnehin schon mit üppiger Besoldung versehen ist.

Quelle: Eigene Berichterstattung.

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