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Senioren aus der Innenstadt verbannt?

Senioren aus der Innenstadt verbannt?

Von Thomas Thöne

Sehr intensiv, konstruktiv und ohne "Parteibrille" befasste sich eine überfraktionelle Arbeitsgruppe aus Mitgliedern des Stadtrates und Mitarbeitenden der Verwaltung bis zum 13.06.2018 mit dem Thema "Heilg Geist Spital". Ziel war es, einen Lösungsansatz zu finden, die Senioreneinrichtung in baulicher und finanzieller Hinsicht zukunftsfähig auszurichten. Sowohl die Renovierung des Heilig Geist Spitals am jetzigen Standort, als auch ein Neubau wurde diskutiert und finanziell kalkuliert. Einigkeit bestand unter den Stadtratsmitgliedern, auch denen der CSU, dass ein Neubau innenstadtnah erfolgen muss. Leider wurde der Weg dieser Zusammenarbeit verlassen und die Thematik in einen neu gegründeten Stiftungsrat verwiesen.

Den damaligen Konsens der Innstadtnähe hat die CSU, mit ihrem aktuellen Antrag, einen Neubau des Spitals im Fort Haslang Park im Nordwesten, einem Grünring unserer Stadt, zu errichten, nun aufgekündigt. Mit der angedachten Verlegung wiederholt die CSU Stadtratsfraktion einen Fehler, den diese schon bei der Schließung des Pflegeheims an der Sebastianstraße begangen hat. Wie bekannt, wurde diese Senioreneinrichtung durch einen Neubau an der Levelingstraße ersetzt. Ein Hauptargument war damals, die angeblich so schlechte Bausubstanz des alten städtischen Krankenhauses, in der das Pflegeheim bis zum Umzug in den Neubau im Nordwesten der Stadt weilte. In den Sitzungen der zuständigen Aufsichtsgremien des Stadtrates wurde sogar behauptet, dass das alte Gebäude abgerissen werden müsse. In der Nachbetrachtung ist schon interessant, dass das Gebäude noch heute steht und durch einen privaten Investor für den Wohnungsmarkt erschlossen wurde.

Viele Bewohner des Pflegeheimes an der Sebastianstraße genossen es, auf kurzem Wege in die Fußgängerzone zu gelangen, wie ich fast werktäglich aus meinem damaligen Bürofenster beobachten konnte. Besonders an schönen Tagen starteten die Senioren, teilweise mit ihren Rollatoren, Richtung Innenstadt, um etwas Abwechslung zu bekommen. Nicht selten traf man diese Senioren auch beim Friseur in der Beckerstraße oder im Galeria Kaufhof an.

Schon damals leisteten die anderen politischen Parteien in Ingolstadt erheblichen Widerstand gegen die Verlegung des Pflegeheimes an der Sebastianstraße, leider ohne Erfolg. Wenn es nach der CSU geht, wird den Senioren des Heilig Geist Spitals nun dasselbe Schicksal zuteil.

Der Hinweis in der öffentlichen Verlautbarung der CSU, dass am neuen Standort im Haslang Park sehr gute Busverbindungen für die Senioren in die Innenstadt bestehen, ist wenig überzeugend, da kaum einer der Senioren sich mit dem Bus auf dem Weg in die Stadt machen wird.

Oppositionsparteien des Ingolstädter Stadtrates haben sich schon deutlich gegen einen Neubau im Nordwesten der Stadt ausgesprochen. Leider ist jedoch zu befürchten, dass sich die CSU mit ihrem Vorhaben durchsetzen wird, da auch schon der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler seine Zustimmung signalisiert hat. CSU und Freie Wähler haben keine Mehrheit mehr bei den Abstimmungen im Stadtrat. Leider ist jedoch immer wieder festzustellen, dass bei wichtigen Entscheidungen in den Reihen der anderen Parteien und politischen Gruppierungen oftmals Stühle unbesetzt sind, da Stadtratsmitglieder, zum Beispiel aus beruflichen Gründen, an der Sitzung nicht teilnehmen können, was CSU und FW dann doch immer wieder zur Mehrheit verhilft.
Auch aus der Stadtgesellschaft wird wenig Unterstützung zu erwarten sein, um das Heilig Geist Spital in der Innenstadt zu halten. Natürlich werden sich Angehörige von Pflegebedürftigen dafür einsetzen, dass das Spital in der Innenstadt bleiben kann, ebenso einige engagierte Bürger, wie zum Beispiel die Freunde des Heilig Geist Spitals, die am kommenden Samstag ein erstes Treffen angekündigt haben. Es ist aber zu befürchten, dass der Protest nicht stark genug sein wird, um den jetzigen Standort zu sichern.

Spannend könnte es noch einmal werden, wenn sich die Bevölkerung aus dem Nordwesten dagegen wehrt, dass im Grünring, dem Fort Haslang Park, Bebauung stattfindet. Erste Stimmen haben sich schon in den Medien und den sozialen Netzwerken deutlich zu Wort gemeldet. Daraus müsste eine ökologische Bürgerbewegung entstehen, die zum Beispiel durch ein Bürgerbegehren eine Bebauung dieses Grünringes verhindert. Nicht von der Hand zu weisen sind Argumente von Naturschützern, dass der Neubau des Heilig Geist Spitals in diesem Grünring einen Dammbruch nach sich ziehen würde, was eine weitere Bebauung angeht.

Das Argument der CSU, dass der Heilig Geist Spitalstiftung an diesem Standort durch die Stadt Bauland zur Verfügung gestellt werden könnte ist nicht schlüssig. Genauso gut könnte die Stadt Ingolstadt durch eine Zustiftung an die Heilig Geist Stiftung Finanzmittel zur Verfügung stellen, die eine Bebauung mit Innenstadtlage ermöglicht.

Angesichts der jetzigen Diskussion zum Neubau der Senioreneinrichtung im Grünring, muss tatsächlich dringend die Möglichkeit eines Neubaus am jetzigen Standort noch einmal intensiv geprüft werden.

Es ist schon interessant zu beobachten, dass der Ingolstädter Oberbürgermeister (CSU) gerade versucht, mit der angedachten Pflanzung von 1 Million Bäumen bis im Jahr 2045, sich ein ökologisches Mäntelchen umzuhängen und gleichzeitig die CSU Stadtratsfraktion eine Bebauung des Grünrings im Nordwesten der Stadt vorschlägt. Im Interesse des Grünrings, aber auch im Interesse der Bewohnerinnen und Bewohner des Heilig Geist Spitals bleibt zu hoffen, dass die CSU-Fraktion nicht nach dem Motto "Augen zu und durch" verfährt, sondern diese noch einmal in sich geht und von der Bebauung im Fort Haslang Park Abstand nimmt.

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