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Von Thomas Thöne
Der Finanzreferent der Stadt Ingolstadt, Franz Fleckinger, ist um seinen Job in der aktuellen Finanzkrise der Kommune nicht zu beneiden. Die Zeit, in der sinnbildlich Milch und Honig dank des VW-Konzerns flossen, ist vorbei. Die Gewerbesteuer sprudelt nicht mehr, Sanierungsmaßnahmen stehen an, die finanziert werden wollen, Personalkosten steigen stetig, und der Ingolstädter Stadtrat fasst immer neue Beschlüsse mit immensen Ausgaben, die bereits beschlossene Gelder aus Sparmaßnahmen um ein Vielfaches wieder verschlingen.
Die städtische Finanzkrise kam nicht über Nacht. Diese zeichnete sich seit mindestens einem Jahr ab. Die Mehrheit des Ingolstädter Stadtrats hat allerdings die Signale entweder nicht verstanden oder ignoriert und weiter gewirtschaftet, als würden noch Milch und Honig fließen. Einige kostenintensive Maßnahmen wurden in städtische Beteiligungsgesellschaften verschoben, sodass diese den städtischen Haushalt nicht belasten. Zahlenkosmetik eben, da die Stadt für diese Schulden aufkommen muss. Mindestens ein großes Projekt im mittleren zweistelligen Millionenbereich wurde ohne aktuelle Tilgung kreditfinanziert. Keine Firma und kein Stadtratsmitglied würde so im persönlichen Bereich mit Geld umgehen, da die Insolvenz absehbar wäre.
Nicht nur Finanzreferent Fleckinger wird sich bei so mancher Entscheidung im Stadtrat oder den Beteiligungsunternehmen die Haare gerauft haben, sondern auch das städtische Beteiligungsmanagement, da etliche Beschlüsse rein politische Gründe hatten.
Eine Finanzkrise kommt nie zur richtigen Zeit, in Ingolstadt kommt diese aber zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Anfang nächsten Jahres wird voraussichtlich eine vorgezogene Oberbürgermeisterwahl stattfinden, da der Amtsinhaber mitten in der desolaten Lage der Kommune sich um das Amt des Wirtschaftsreferenten in München bewirbt. Ein Jahr später stehen die Stadtratswahlen an.
Wer will bei für Parteien und politische Gruppierungen so wichtigen Wahlen die geschätzte Wählerschaft mit Steuererhöhungen oder gravierenden Einschnitten im städtischen Leistungsspektrum schon verärgern? Niemand! Somit ist das Taktieren der Stadtratsmitglieder in der jüngsten Sitzung des Finanzausschusses mehr als durchsichtig. Niemand will an konkrete Maßnahmen ran, und jede politische Partei hat andere Prioritäten. Eine Linie im Stadtrat ist nicht erkennbar. Im Gegenteil, es hat den Eindruck, es wird nach dem Motto verfahren: Wir werden denen doch nicht helfen, diese politische Suppe auszulöffeln.
Es sind jetzt Entscheidungen nötig, um die Stadt finanziell zu stabilisieren, egal ob eine Oberbürgermeisterwahl und später eine Stadtratswahl anstehen. Die Probleme wurden schon seit vergangenem Jahr nicht konsequent genug angegangen. Ein weiteres politisches Taktieren verbessert die Situation nicht – im Gegenteil.
Einschnitte werden spürbar sein, diese werden weh tun und auch Liebgewonnenes nicht mehr ermöglichen. Diese sind jedoch nötig, und zwar jetzt. Die Stadtratsmitglieder müssen sich fragen, was wünschenswert und was notwendig ist. Entsprechend gehört schnell priorisiert und umgehend entschieden, notfalls in Sondersitzungen. Mit den privaten Finanzen würden die Gewählten – nicht Auserwählten – genauso verfahren.
Da es sich eben nicht um private Finanzen handelt, sondern um Steuergeld, also das Geld der Bürger, wäre mehr Transparenz bei den Entscheidungen des Stadtrats nötig. Was alles hinter verschlossenen Türen beschlossen wird, ist mittlerweile nicht mehr akzeptabel, egal ob im Stadtrat oder den Beteiligungsunternehmen.
Christian Scharpf (SPD) ist bei der Oberbürgermeisterwahl 2020 angetreten, für mehr Transparenz. Gegenüber der Bürgerschaft und seinen Wählern hat er dieses Versprechen nicht erfüllt, im Gegenteil. Man blicke nur ins Klinikum, bei den Themen Generalsanierung, Medizinstrategie für die Region 10 oder Ausstieg des Bezirks aus dem Krankenhauszweckverband. Erinnert sei auch an die Nacht- und Nebelaktion beim Heilig-Geist-Spital, die viele dringend nötige stationäre Pflegeplätze hat verschwinden lassen. Es ließen sich noch weitere Beispiele aufzählen. Die Öffentlichkeit registriert diese Intransparenz. Ich höre schon das Jammern nach der kommenden Stadtratswahl…