Anzeige

Stadtrat: Politische Feigheit führt ins Haushaltschaos

Von Thomas Thöne

Nein, ich wünsche mir keine Erhöhung der Grundsteuer, aber die finanzielle Realität, in der sich die Stadt Ingolstadt befindet, ist schon lange nicht mehr zu ignorieren. Die Stadt steht vor einem finanziellen Abgrund: massive Einbrüche bei der Gewerbesteuer und ein eklatantes Ausgabenproblem. Der Finanzreferent Franz Fleckinger weist darauf hin, dass die Regierung von Oberbayern signalisiert hat, der Haushalt sei ab 2026 nicht mehr genehmigungsfähig. Um das zu verhindern, müssten Einsparungen in Höhe von 25 Millionen Euro erfolgen. Der frühere Finanzbürgermeister Albert Wittmann (CSU) geht noch weiter: Er prognostiziert eine notwendige Konsolidierung von bis zu 80 Millionen Euro.

Das Problem? Der Stadtrat reagierte mindestens ein Jahr zu spät auf die finanzielle Schieflage. Erste finanzielle Konsolidierungsmaßnahmen wurden zwar im Frühjahr vom Stadtrat beschlossen, aber direkt im Anschluss durch neue Ausgabenentscheidungen der Volksvertreter konterkariert. Diese übersteigen die Einsparungen bei Weitem und zeigen, wie groß die Schieflage im politischen Handeln der Volksvertreter ist.

Nun steht die morgige Stadtratssitzung an, und die Fraktionen haben sich darauf verständigt, die Grundsteuer „aufkommensneutral“, also ohne Erhöhung, zu beschließen. Warum? Nicht aus Überzeugung, sondern aus politischer Feigheit – der anstehenden Oberbürgermeisterwahl zuliebe. Keine Partei will es wagen, unpopuläre, aber notwendige Entscheidungen zu treffen und die Wählerschaft zu verärgern.

Diese mutlose Hinhaltetaktik ist brandgefährlich. Fakt ist: Eine Grundsteuererhöhung ist unvermeidlich und wird spätestens nach der Kommunalwahl 2026 mit voller Wucht kommen – und zwar weit über die aktuell diskutierten Werte hinaus. Ein Anstieg auf über 600 Punkte ist durchaus möglich. Gleichzeitig werden städtische Gebühren drastisch steigen, und die freiwilligen Leistungen der Stadt werden massiv gekürzt. Vereine und soziale Institutionen stehen vor schmerzhaften Einschnitten – wer zu schwach ist, sich Gehör zu verschaffen, wird verlieren.

Das aktuelle Beispiel des Stadttheaters zeigt bereits, wie erbittert um begrenzte Mittel gerungen wird. Das Theater hat vorausschauend die Öffentlichkeit gesucht, um sich gegen weitere Sparmaßnahmen zu positionieren, und damit die Aufmerksamkeit des Bayerischen Rundfunks auf sich gezogen. Aber was passiert, wenn alle Betroffenen derart mobilisieren? Wer wird dann geopfert? Die Schwächsten: Vereine, soziale Initiativen und Organisationen, deren Stimme schon jetzt zu leise ist.

Unter diesen Umständen ist es schier unbegreiflich, dass der Stadtrat dennoch plant, 446.000 Euro an Mehrkosten für eine Außenskulptur vor dem Museum für Konkrete Kunst und Design (MKKD) zu bewilligen – ein unfassbarer Vorgang! Die Skulptur selbst wird vom Freundeskreis des Museums gespendet, aber die Kosten für die Installation und die Platzgestaltung trägt die Stadt. Man fragt sich: Ist den Stadträtinnen und Stadträten der finanzielle Ernst der Lage überhaupt bewusst? Wie kann man fast eine halbe Million Euro für eine Skulptur rechtfertigen, während Sportvereine und soziale Einrichtungen mit Kürzungen rechnen müssen?

Dieses Museum steht ohnehin sinnbildlich für das finanzielle Desaster Ingolstadts: Ursprünglich mit 33 Millionen Euro veranschlagt, explodierten die Kosten auf 58,7 Millionen Euro – und schafften es damit ins Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler. Doch selbst daraus scheint der Stadtrat keine Lehren zu ziehen. Es herrscht ein gefährlicher Hang zur Verschwendung, getragen von einer sehr großen Kultur-Lobby im Stadtrat, unterstützt von einigen kulturaffinen Redakteuren vor Ort, die es schaffen, sich über die Interessen der Allgemeinheit hinwegzusetzen.

Man darf gespannt sein, wie Stadtratsmitglieder die fast halbe Million Euro für die Skulptur vor dem MKKD den Vorständen von Sportvereinen oder sozialen Institutionen erklären, wenn deren Zuschüsse durch den Stadtrat gekürzt werden. Dann heißt es eben nicht mehr Kunst und Soziales.

Interessant wird es auch, wann der Ingolstädter Stadtrat mit den notwendigen Sparmaßnahmen beginnen will. Würden die Stadtmütter und Stadtväter mit ihrem Privatvermögen so verfahren wie mit den Beschlüssen zu den Ausgaben der Stadt, hätten wohl fast schon alle Privatinsolvenz anmelden müssen. Das passiert selbstverständlich nicht, da die Gewählten mit dem privaten Geld vorsichtiger umgehen.

Es wird Zeit, dass der Stadtrat endlich den Mut aufbringt, die unangenehmen Entscheidungen zu treffen – jetzt und nicht erst nach der Oberbürgermeisterwahl im kommenden Februar oder gar erst nach der Kommunalwahl im März 2026. Alles andere ist ein Spiel auf Zeit, dessen Zeche die Bürger von Ingolstadt zahlen werden.

Sie möchten zu dieser Veröffentlichung mit dem Nachrichtenportal O-T(h)öne in Kontakt treten?

Wir freuen uns über Ihre E-Mail.

Diesen Beitrag teilen
Anzeige