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Der Vorsitzende der Ingolstädter Stadtratsfraktion der FREIEN WÄHLER, Hans Stachel, forderte jüngst in einer Pressemitteilung, die bei O-T(h)öne unter der Überschrift „Theater Ingolstadt: Kein „Weiter so“ veröffentlicht wurde, „das Theater müsse die Realität des städtischen Haushaltsdrucks akzeptieren und Verantwortung übernehmen“. Der Inhalt der Pressemitteilung führte zu heftigen Diskussionen in der Ingolstädter Kulturlandschaft und bei Kulturinteressierten, die in der Ingolstädter Kommunalpolitik und Medienlandschaft eine große Lobby haben.
Das Nachrichtenportal O-T(h)öne bat den FW-Fraktionsvorsitzenden am vergangenen Freitag schriftlich um Beantwortung von Fragen zur Kritik von Kunstinteressierten an seiner Person, zu Vorstellungen zur Zukunft des Theaters, den Wert des Stadttheaters, dem Theater als „Provinzbühne“ und zu dessen Interesse und Verständnis für künstlerische und kulturelle Belange.
Teil 2 des Interviews
(den ersten Teil finden Sie hier)
Zu den Kammerspielen und Theaterpositionen
Sie wurden dafür kritisiert, dass Ihre Aussage, sich nicht „vorführen zu lassen“, als Respektlosigkeit gegenüber dem ehemaligen Intendanten Weber wahrgenommen wurde. Wie rechtfertigen Sie diese Formulierung?
Hans Stachel: Den Vorwurf der Respektlosigkeit gegenüber Herrn Weber weise ich ausdrücklich zurück. Wer dies hineininterpretiert, hört etwas, was nicht zur Diskussion steht. Der Respekt vor jeder Person und insbesondere vor denjenigen, die anderer Meinung sind, sind mir als FREIER WÄHLER besonders wichtig. Das sind nämlich die Grundfeste unserer politischen Arbeit. Ich denke es ist aber auch nicht zu viel verlangt, diesen Respekt auch für sich selbst und für demokratische Entscheidungen einzufordern. Ein Bürgerentscheid ist und bleibt die ultimative demokratische Form der Bürgerbeteiligung und ist von allen Akteuren und widerstreitenden Personen und Gruppierungen zu akzeptieren. Der Einsatz öffentlicher Gelder, die Nutzung der städtischen Bühne als Basis und Plattform für Interessensgruppen gegenüber der Stadtgesellschaft und auch das inzwischen jahrelange, unablässige Nachtreten bei jeder möglichen öffentlichen Veranstaltung und Gelegenheit, zeugen nicht gerade von Demut vor der Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger. Diese Art der Vorführung der demokratischen Entscheidungen und politischer Akteure, die das Ohr am Bürger haben, bleibt in schlechter Erinnerung zurück und darf sich nicht wiederholen.
In einem Leserbrief wird Ihnen vorgeworfen, dass die Freien Wähler den Wert eines Stadttheaters für die Bürger und die Stadt nicht erkannt hätten. Wie bewerten Sie diesen Vorwurf?
Hans Stachel: Wer die verallgemeinerte Aussage „die Freien Wähler“ formuliert, macht schon den ersten großen Fehler und diffamiert jahrzehntelange Theaterabonnenten, Mitglieder des Freundeskreises des Theaters, Kulturschaffende, Kunstliebhaber, Förderer und Gönner. Kunst und Kultur sind weit mehr als Theater. Die Bedeutung eines Theaters für die Stadt und die Region ist vermutlich den meisten bewusst. Es gilt aber auch aufzupassen, dass wir nicht dem Irrglauben verfallen, das Theater sei der Nabel der Welt oder die Nabe, um die sich das Rad in Ingolstadt dreht. Das Theater ist eine Speiche im Rad der Stadt Ingolstadt und trägt eine wichtige Rolle bei, dass es in Ingolstadt rund läuft – aber es gibt noch sehr viele andere Speichen, die genauso wichtig sind.
Persönlicher Bezug und kulturelle Kompetenz
Leser werfen Ihnen vor, dass Sie selbst kaum Theateraufführungen besuchen und daher das Angebot und die Leistung des Stadttheaters nicht beurteilen könnten. Wie sehen Sie das?
Hans Stachel: Wenn einer der Leserbriefschreiber erklärt, dass er mich nicht kennt und sich wundert, warum er mich nicht im Theater trifft, sagt das schon ziemlich viel aus. Ich habe ihn im Übrigen auch noch nie im Theater getroffen, was aber nicht daran liegt, dass ich nicht dort war, sondern daran, dass ich ihn auch nicht kenne. Seit meiner Schulzeit besuchte ich in unterschiedlicher Häufigkeit per Theaterabo jahrzehntelang mit meiner Mutter und meiner Frau die Vorstellungen in unserem Stadttheater. Unser Theater gehört für mich ganz fest zu Ingolstadt. Der Theaterbesuch allein vermittelt allerdings nicht die Bedeutung des Theaters, denn die geht gesellschaftlich deutlich über die Aufführungen hinaus.
Können Sie konkretisieren, welche Maßnahmen Sie für eine finanziell tragbare Zukunft des Theaters vorschlagen, ohne dessen künstlerisches Profil zu gefährden?
Hans Stachel: Das könnte ich machen, aber ich maße es mir im ersten Schritt nicht an, unserem Theaterintendanten zu sagen, wie er das Theater in finanziell schweren Zeiten umorganisiert und aufstellt, um dem gesellschaftlichen Auftrag und dem Kulturangebot gerecht zu werden. Aber eines ist schon klar: Wenn wir uns im Stadtrat Gedanken machen, wie wir das städtische Personal zukünftig bezahlen sollen, dann erwarte ich die maximale Anstrengung auch von den für das Theater Verantwortlichen. Da diese Aufgabe in allen städtischen Resorts ansteht, wird dies auch von deren Mitarbeitenden zurecht erwartet. Das erwarten auch viele Bürgerinnen und Bürger, die unter anderem uns, mich, aber auch andere Stadträtinnen und Stadträte gewählt haben, um für ihre Interessen einzutreten. Auch und gerade dann, wenn es unangenehm ist. Dabei geht es immer um das Gesamtwohl der Stadt und nicht um Partikularinteressen.
Wenn die eigenen Vorschläge der Theaterverantwortlichen nicht zum Erfolg führen, ist der Stadtrat gefordert, mit entsprechenden Kürzungen einzugreifen und wenn wir das nicht auf die Reihe bekommen, dann wird uns die Regierung aufzeigen, wo es lang geht – dann wird der Gestaltungsspielraum minimal – denn es gibt zahlreiche Pflichtaufgaben, die von uns als Stadt zuerst zu erfüllen sind. Da ein wesentlicher Teil der Kosten auch Personalkosten im Theater sind, wird es auch in diesem Bereich besondere Anstrengungen benötigen. Das zu sagen fällt mir nicht leicht, macht keinen Spaß, gehört aber auch hier, wie in vielen anderen Bereichen der Stadt zur Wahrheit. Klarheit durch Wahrheit – statt weiter so – das wird schon wieder irgendwie…
Quelle: Eigene Berichterstattung.