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Stadtratsfinanzierung in Ingolstadt mit klaren Regeln

Im Rathaus werden demokratische Entscheidungen für die Stadt und ihre Bürgerschaft getroffen – und das hat seinen Preis. Doch wer bekommt wie viel? Wer bestimmt die Regeln? Und wie transparent ist die Vergabe öffentlicher Mittel an kommunale Mandatsträger wirklich?
Eine Medienanfrage des Nachrichtenportals O-T(h)öne an die Stadt Ingolstadt zeigt: Die Finanzströme sind geregelt , solide bezahlt – politisch beschlossen.

Solide bezahlt – politisch beschlossen

Stadtratsarbeit in Ingolstadt ist kein Ehrenamt im Nebenbei-Modus. Die Stadt zahlte im Jahr 2023 rund 943.893 Euro, 2024 dann 958.179 Euro an Aufwandsentschädigungen an Ratsmitglieder und Ortssprecher.

Hinzu kommen monatliche Pauschalen oder Sitzungsgelder, die einzelne Mitglieder für ihre Tätigkeit in Gremien städtischer Beteiligungsunternehmen erhalten – etwa bei der Sparkasse, dem Klinikum, in Verwaltungs- und Aufsichtsräten kommunaler Gesellschaften. Diese zusätzlichen Vergütungen erfolgen außerhalb des Stadthaushalts und werden von den jeweiligen Institutionen getragen.

Zudem leistete die Stadt Lohnersatzleistungen – etwa für selbstständige Mandatsträger – in Höhe von 19.366 Euro im Jahr 2023 und 24.025 Euro im Jahr 2024. Die Sitzungsgelder summierten sich auf 158.181 Euro (2023) und 165.385 Euro (2024).

Eine Rückschau auf die Jahre vor 2023 ist nicht möglich. Die Verwaltung teilte auf Anfrage mit, eine vollständige Auswertung ab 2014 sei „mit einem unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand verbunden“. Entsprechend offen bleibt, wie sich die Entschädigungen in den Jahren zuvor entwickelt haben.

Die Höhe dieser Zahlungen wird nicht durch den Gesetzgeber oder eine unabhängige Instanz festgelegt, sondern vom Stadtrat selbst beschlossen – inklusive der Verdienstausgleichsregelungen für Selbstständige und der jährlichen Zuwendungen an Fraktionen und Ausschussgemeinschaften.

400.000 Euro jährlich für Fraktionen

Zusätzlich zu den individuellen Zahlungen stellt die Stadt jährlich rund 400.000 Euro für die Arbeit der Fraktionen und Ausschussgemeinschaften im Stadtrat bereit. Die genaue Verteilung erfolgt nach einem einfachen Modell: Ein Sockelbetrag von rund 13.000 Euro pro Fraktion plus rund 8.700 Euro pro zusätzlichem Mitglied ab dem dritten Sitz.

In der Praxis bedeutet das: Die CSU als größte Fraktion erhält jährlich über 100.000 Euro, SPD und Grüne jeweils zwischen 65.000 und 75.000 Euro, kleinere Gruppen wie AfD, FDP, Freie Wähler oder LINKE/ÖDP rund 30.000 Euro.

Politik mit Regeln – bis ins Detail

Wofür Fraktionen diese Gelder ausgeben dürfen – und wofür nicht – ist präzise geregelt. Ein sogenannter Positiv-Negativ-Katalog listet erlaubte und verbotene Ausgaben im Detail auf.

Erlaubt sind etwa: Büromöbel, Computertechnik, Fachliteratur, Software, Getränke für Besprechungen, Fortbildungen – sogar E-Bikes zur dienstlichen Nutzung.

Unzulässig sind dagegen: Weihnachtskarten, Werbeartikel, Geburtstagsgeschenke, Einladungen zu Parteiveranstaltungen, Blumensträuße oder Anzeigen mit Fraktionslogos. In den Richtlinien heißt es ausdrücklich: „Nicht zulässig sind Ausgaben für repräsentative Zwecke (…) oder Werbeartikel mit Fraktionslogos.“

Jede Rechnung wird geprüft, jede Ausgabe muss begründet sein. Es geht um politische Arbeit – nicht um Außendarstellung.

Bewirtung für durchschnittlich 350 Euro pro Sitzung

Auch die Sitzungen selbst verursachen Kosten. Allein für die Bewirtung bei Rats- und Ausschusssitzungen fielen 2023 19.869,36 Euro, im Folgejahr 19.518,30 Euro an. Verteilt auf 57 bzw. 53 Sitzungen ergibt das etwa 350 Euro pro Termin – für Erfrischungsgetränke, Kaffee, Gebäck, Wurst- und Käsesemmeln, bei langen Sitzungen auch ein Mittagessen.

Ob es ähnliche Kosten auch in früheren Jahren gab, ist nicht bekannt. Die Verwaltung teilte mit, eine konsolidierte Rückschau sei „mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden“.

Öffentlichkeit im Fernsehen und als Zeitung

Die Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Ingolstadt war lange zweigleisig organisiert: mit dem monatlichen Fernsehmagazin „Ingolstadt informiert“ und einer regelmäßig erscheinenden gleichnamigen Printbeilage in regionalen Tageszeitungen.

Für das TV-Format fielen im Jahr 2022 rund 34.000 Euro an, 2023 waren es 37.500 Euro. Im Jahr 2024 wurde das Fernsehmagazin eingestellt.

Die gedruckte Version hingegen besteht fort. Ihre Veröffentlichungskosten lagen 2022 bei 77.000 Euro, stiegen 2023 auf 86.000 Euro und sanken 2024 wieder leicht auf 76.500 Euro.
Eine konsolidierte Übersicht der Ausgaben für die Jahre vor 2022 liegt laut Stadt nicht vor. Eine vollständige Rückrechnung wäre nur mit erheblichem Aufwand möglich – und wurde daher nicht erstellt.

Kostengünstig live dabei

Seit 2022 überträgt die Stadt ihre Stadtratssitzungen im Livestream. Die technische Umsetzung erfolgte zunächst durch externe Dienstleister – für 39.000 Euro im ersten Jahr, 33.000 Euro im zweiten. Seit 2024 nutzt die Stadt eigene Technik im Großen Sitzungssaal: Kameras, Regieanlagen und Software kosteten einmalig 44.000 Euro. Seither liegen die laufenden Streamingkosten bei rund 8.000 Euro jährlich.

Auch Ausschüsse werden inzwischen live übertragen – zumindest per Audio. Für die Jahre vor 2022 liegen keine getrennten Kostenaufstellungen für den früheren Audiostream vor.

Versteckte Vergütungen? Fehlanzeige.

Gab es im Zeitraum seit 2014 weitere Leistungen an Stadträte – etwa Zuschüsse für Dienstreisen, Ausstattung, Honorare oder besondere Prämien? Die Antwort der Stadt ist kurz und eindeutig:
„Fehlanzeige.“

Regeln, Geld, Kontrolle – aber keine einfache Transparenz

Die Stadt Ingolstadt verfügt über ein geordnetes Regelwerk zur politischen Finanzierung – klar, nachvollziehbar, formal korrekt. Doch nicht alle Fragen des Nachrichtenportals O-T(h)öne wurden vollständig beantwortet. Zwar legte die Stadt Zahlen für die Jahre 2023 und 2024 offen, doch für frühere Jahre fehlen konsolidierte Übersichten.

Eine zentrale, öffentlich zugängliche Darstellung aller Zahlungen im Internetauftritt der Stadt existiert nicht. Wer Transparenz will, muss fragen.

Quelle: Eigene Berichterstattung

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