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Das Stadttheater steht vor der Schließung. Fällt nun der letzte Vorhang – vorerst? Die Stadtverwaltung will den Theaterbau stilllegen und neu aufstellen. Der Stadtrat soll am 29. Juli über das weitere Vorgehen abschließend entscheiden.
Der Zustand des Hauses
Der Hämerbau – ein Theaterkomplex aus den 1960er Jahren – gilt als zentrales Kulturhaus der Stadt. Seit Jahren ist sein baulicher Zustand ein Thema. Rund eine Million Euro fließt jährlich in Notmaßnahmen. Doch der Verschleiß ist so weit fortgeschritten, dass die technische Betriebssicherheit nicht mehr garantiert werden kann. Im Ernstfall könnten Genehmigungen kurzfristig entzogen werden.
Die Verwaltung empfiehlt deshalb einen kontrollierten Rückzug. Der Theaterbetrieb soll zum Ende der Spielzeit 2025/2026 eingestellt werden. Festsaal und Gastronomie dürfen, sofern technisch gesichert, bis Juli 2027 geöffnet bleiben. Verantwortlich für den Vorschlag sind Kulturreferent Marc Grandmontagne und Stadtbaurat Gero Hoffmann.
Ziel ist, das Gebäude als kulturellen Veranstaltungsort zu erhalten und die Nutzung unter heutigen Bedingungen wieder zu ermöglichen. Nach Vorlage konkreter Planungsdaten soll der Stadtrat Mitte 2026 endgültig entscheiden.
Finanzdruck im Hintergrund
Der Vorschlag steht unter einem Schatten, der in der Beschlussvorlage nur zwischen den Zeilen auftaucht: Ingolstadt steht finanziell unter Druck. Die wegbrechende Gewerbesteuer hat in den vergangenen Monaten tiefe Lücken in den Haushalt gerissen. Der Stadtrat musste bereits massive Kürzungen bei den sogenannten „Freiwilligen Leistungen“ beschließen – auch im Kulturbereich. Neubauten von Schulen wurden verschoben, andere Investitionen eingefroren. Vor diesem Hintergrund ist unklar, wie eine Sanierung des Theaters – ob nun pragmatisch oder ambitioniert – überhaupt darstellbar sein wird.
Im politischen Raum kursieren erste Zahlen: Im Stadtrat ist von 200 bis 300 Millionen Euro die Rede, je nach Sanierungs- und Ausstattungsumfang. Eine offizielle Kostenschätzung steht noch aus – sie soll frühestens Mitte 2026 vorliegen.
Fehlende Alternativen
Eine Übergangslösung gibt es bisher ebenfalls nicht. Spielbare Ersatzräume für Veranstaltungen mit mehr als 500 Personen fehlen. Ein geplanter Interimneubau auf dem Volksfestplatz wurde gestrichen – zu teuer, zu langsam. Der Festsaal im Maritim-Hotel könnte punktuell genutzt werden, ist langfristig aber vermutlich finanziell nicht zu stemmen. Gespräche mit Audi über eine Nutzung der sopgenannten Halle B laufen. Ergebnis offen.
Zwischen 2027 und mindestens 2032 stünde Ingolstadt ohne große Veranstaltungsstätte da. Für viele Bürgerinnen und Bürger hieße das: jahrelanger Verzicht auf vertraute Orte – ohne erkennbare Übergangslösung.
Wer betroffen ist
Das Junge Theater zählt mit jährlich etwa 260 Vorstellungen über 35.000 Besucherinnen und Besucher – viele davon aus bildungsferneren Haushalten. Gespielt wird auf der Werkstattbühne, die ab 2026 nicht mehr zur Verfügung steht. Eine Interimsnutzung kleiner Probebühnen im neuen Werkstatt- und Probengebäude an der Hindemithstraße wäre denkbar – aber nicht für Aufführungen zugelassen. Synergien mit der Theatervermittlung sollen geprüft werden.
Die Theatergastronomie, betrieben von der gemeinnützigen gGmbH Arbeit und Leben, ist ein sozialer Treffpunkt – offen, integrativ, bewusst. Das Konzept soll erhalten bleiben. Für größere Veranstaltungen empfiehlt die Verwaltung zusätzlich einen externen Caterer. Pausenversorgung und Mitarbeitendenverpflegung sollen beim bestehenden Betreiber bleiben.
Auch das Café International muss gehen. Seit fast zehn Jahren bietet es im Werkstattfoyer Raum für interkulturellen Austausch – getragen von Ehrenamtlichen. Ein neuer Ort wird gesucht, idealerweise weiterhin im Kontext des Theaters.
Die Städtische Galerie, derzeit genutzt vom Kunstverein und der Regionalen Kunst, steht ebenfalls vor dem Auszug. Der Nutzungsvertrag mit dem Kunstverein endet regulär zum 31. Dezember 2025. Erste Überlegungen für Übergangsstandorte laufen. Eine baufachliche Prüfung steht aus.
Was noch offen bleibt
Werkstätten, Büros, Bühnen, Lager: Alles muss raus. Auch organisatorisch steht die Verwaltung vor einer logistischen Herausforderung. Stadtverwaltung und Theater sollen ein möglichst kostengünstiges Umzugs- und Nutzungskonzept erarbeiten – möglichst innerhalb städtischer Liegenschaften. Auch Arbeitsplätze müssen verlagert werden. Die Suche nach Lagerflächen läuft.
Die Maßnahme ist als freiwillige Aufgabe der Stadt Ingolstadt eingeordnet, auch keine Pflichtaufgabe der Kommune. Eine Bürgerbeteiligung ist nicht eingeplant. Konkrete finanzielle Auswirkungen entstehen durch den jetzigen Grundsatzbeschluss weiterhin nicht – sie hängen von den Ergebnissen der vertieften Planung ab.
Der Vorhang fällt – für das Haus. Fragen bleiben: Wann wird dieser wieder hochgezogen und zu welchen abschließenden Kosten.
Transparenzhinweis: Eigene Berichterstattung.
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