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Was die Stadträte zu den Kürzungen sagen

Im Rathaus wird gespart. Der Entwurf der Stadtverwaltung für die morgige Stadtratssitzung sieht Kürzungen in Höhe von 1,47 Millionen Euro bei den freiwilligen Leistungen vor: Mietzuschüsse für soziale Einrichtungen werden gestrichen, Jugendprojekte fallen weg, die Kulturförderung schrumpft. Für die einen ist das ein notwendiger Schritt, für andere ein Angriff auf das soziale und kulturelle Leben der Stadt.

Was allerdings zusätzlich irritiert: Die Kürzungen wurden hinter verschlossenen Türen ausgehandelt – nicht in den Fachausschüssen wie sonst üblich. Ist da nicht ein großes Stück Transparenz verloren gegangen? Diese Frage stellte O-T(h)öne den Interviewten. Die Antworten fallen unterschiedlich aus – doch die Skepsis ist spürbar.

SPD: „Wir müssen Schlimmeres verhindern

Christian De Lapuente, Vorsitzender der SPD-Fraktion, verteidigt die Sparpläne – zähneknirschend. „Wir müssen einen Haushalt hinbekommen, der von der Regierung von Oberbayern genehmigt wird“, erklärt er. Schon jetzt warteten Vereine auf Zuschüsse, weil der aktuelle Haushalt nicht genehmigt sei. Die Alternative wäre fatal: „Wenn der Haushalt in Schieflage gerät, könnte die Regierung alle freiwilligen Leistungen streichen. Das wäre das Schlimmste.“ Um das zu verhindern, habe die SPD den Sparvorschlägen der Verwaltung zugestimmt – zunächst pauschal 20 Prozent weniger, später im Detail differenziert. Gänzlich kritiklos will De Lapuente den Kürzungen aber nicht zustimmen: Beim Jugendparlament und in der Kulturförderung sieht er Nachbesserungsbedarf. „Manche Dinge sterben, wenn man 20 Prozent kürzt. Andere könnten auch 30 Prozent aushalten.“ Vor allem das Budget des Jugendparlaments und Zuschüsse für kulturelle Initiativen wolle die SPD verteidigen.

Eigene Sparvorschläge? Fehlanzeige. „Die 20 Prozent waren ja unser Ansatz“, sagt De Lapuente. Warum keine Beratung in den Fachausschüssen? De Lapuente verweist auf Zeitdruck. Man habe die Haushaltskonsolidierung noch vor der Sommerpause abschließen wollen. „Sonst hätte es einen Extrasitzungslauf gebraucht.“ Demokratieverlust sieht er nicht, weist aber auf mögliche Nichtöffentlichkeit hin, wenn konkrete Personalfragen behandelt würden. Klar ist für De Lapuente: Die Kürzungen reichen nicht. Einsparungen im Personalbereich – durch Wiederbesetzungssperren und den Wegfall nicht mehr nachbesetzter Stellen – müssten weitere zehn bis zwölf Millionen Euro bringen. Auch im Hoch- und Tiefbau müssse gespart werden: Straßensanierungen sollen sich von acht auf elf Jahre verlängern. Wird die SPD der Sitzungsvorlage zustimmen? „Bei drei, vier Punkten werden wir Änderungsanträge einbringen“, kündigt De Lapuente an. Und die Grundsteuer? Noch vor der Sommerpause werde sie Thema im Stadtrat. Eine Erhöhung zum 1. Januar 2026 sei wahrscheinlich – vielleicht sogar rückwirkend zum 1. Januar 2025.

GRÜNE: Sparen ohne Kahlschlag

Barbara Leininger, Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN, sieht die Notwendigkeit zu sparen – aber nicht um jeden Preis. „Es darf nicht kaputtgespart werden“, sagt sie. Besonders die vollständige Streichung des Budgets für das Jugendparlament und den Klimabeirat lehnt ihre Fraktion ab. Statt Nullbudget schlage man 10.000 Euro für das Jugendparlament und 100.000 Euro für die Bezirksausschüsse vor – deutlich weniger als bisher, aber genug, um weiterarbeiten zu können. Auch bei der Harderbastei, einem kulturellen Zentrum, fordern die GRÜNEN eine Milderung der Kürzungen.

Eigene Sparvorschläge? Keine – vielmehr plädieren die Grünen für differenzierte Einschnitte.
Dass die Sparliste nicht in den Fachausschüssen diskutiert wurde, bezeichnet Leininger auf Nachfrage als Versäumnis. „Das hätte öffentlich dargestellt werden müssen.“ Wo sollen größere Summen eingespart werden? Die GRÜNEN fordern eine Überprüfung der Schulbauprojekte, Reduzierung von Baustandards und Verzögerung bei Straßensanierungen. „In den Investitionen steckt das große Geld“, sagt Leininger. Und die Grundsteuer? „Sie wird kommen. Anders geht es nicht“, prognostiziert sie. Wahrscheinlich zum 1. Januar 2026 – eine rückwirkende Erhöhung könne sie sich nicht vorstellen.

FREIE WÄHLER: Ehrlichkeit gefordert

Hans Stachel, Fraktionsvorsitzender der FREIEN WÄHLER, hält das Sparpaket für unvermeidlich. Wichtig sei ihm aber eine gleichmäßige Verteilung der Lasten. Besonders die Jugendarbeit dürfe nicht leiden. Seine Fraktion setzt deshalb auf höhere Hallengebühren statt pauschaler Kürzungen bei der Sportförderung. In Sachen Transparenz bestätigt Stachel auf Nachfrage: „Es geht ein Stück Demokratie verloren.“

Und woher die weiteren Millionen? Stachel setzt auf Aufgabenreduzierung: „Personalabbau geht nur, wenn wir Aufgaben streichen.“ Zusätzliche Einnahmen sollen durch Gebührenerhöhungen bei Tochterunternehmen der Stadt erzielt werden. Bei der Grundsteuer fordert Stachel Klarheit: „Sie muss noch 2025 kommen. Alles andere wäre Wählertäuschung.“

UWG: Transparenz nur auf Nachfrage

Auch bei der Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWG) stößt die Sparliste auf Zustimmung – nicht ohne Vorbehalte. Fraktionsvorsitzender Christian Lange betont, dass die gesamte Stadtgesellschaft an den Kürzungen beteiligt werden müsse, damit sich die Lasten verteilen. Besonders bei den Kürzungen für den Verein Wirbelwind und beim Kunstverein habe seine Fraktion jedoch Bedenken.
Eigene Sparideen legt die UWG nicht vor. Auf die Frage nach fehlender Transparenz räumt Lange ein: „Hier geht ein großes Stück Transparenz verloren.“ Die Beratungen fanden in einem nicht-öffentlichen interfraktionellen Arbeitskreis statt – ein Verfahren, das Lange im Nachhinein kritisch sieht. „Ich hätte früher einhaken müssen.“

Auch bei den größeren Summen sieht Lange Handlungsbedarf: Investitionen müssten überprüft werden. Ein erster Schritt sei bereits getan – der Ausbau der Ettinger Ostumgehung wurde gestrichen. Grundsteuer B? Aus Sicht der UWG muss sie steigen – noch in diesem Jahr. „Wir haben die günstigste Großstadt in Bayern. Wenn wir nicht handeln, kann uns die Regierung von Oberbayern Zuschüsse kürzen.“

CSU: Zustimmen, aber offen für mehr

Stadtrat Albert Wittmann, Finanzsprecher der CSU, steht hinter den Sparvorschlägen. Doch er warnt: „Die Einsparungen werden nicht reichen.“ Weitere Kürzungen bei den freiwilligen Leistungen seien möglich.

Eigene Sparvorschläge? Aktuell keine – aber Wittmann will sich die Option offenhalten.
Warum keine Beratung in den Fachausschüssen? Wittmann verteidigt das Verfahren: Öffentliche Debatten hätten mehr Unruhe gestiftet. Transparenzverlust? Aus seiner Sicht kein Problem.
Bei den großen Brocken setzt Wittmann auf Aufgabenkritik und Personalabbau. Priorität hätten Klinikum, Schulen und Kitas. Kultur und Sport folgten erst danach. Grundsteuer B? Eine Erhöhung befürwortet Wittmann, aber nur, wenn alle anderen Sparmaßnahmen ausgeschöpft sind.

Fazit
Ingolstadt muss sparen – und kürzt tief. Doch der politische Streit um das Sparpaket offenbart mehr als Differenzen über Zahlen: Es geht um Transparenz, um demokratische Kultur. Die meisten Parteien beugen sich dem Sparzwang, viele mit Bauchschmerzen. Nur über das „Wie“ herrscht Uneinigkeit – und darüber, wie viel Öffentlichkeit man sich in Zukunft noch leisten will.

Quelle: Eigene Berichterstattung.

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