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Was sagen Stadtratsmitglieder zur Städtepartnerschaft mit einer Stadt in Indien?

Was sagen Stadtratsmitglieder zur Städtepartnerschaft mit einer Stadt in Indien?

Von Thomas Thöne

Der Ingolstädter Oberbürgermeister, Dr. Christian Lösel (CSU),  hat gestern, wie es so seine Art ist, nicht nur die Öffentlichkeit über die Medien informiert, dass er eine Städtepartnerschaft mit einer Stadt in Indien anstrebt und er dazu schon einen Auftrag an den städtischen Kulturreferenten erteilt hat. Eine Vielzahl von Mitgliedern des Stadtrates musste eine Idee des Oberbürgermeisters und dessen Weisung an die Verwaltung, wieder einmal, über die Medien zur Kenntnis nehmen.

O-T(h)öne hat sich im Ingolstädter Stadtrat einmal umgehört, wie Fraktionen und Gruppierungen, zu solch einer Städtepartnerschaft stehen. Fazit: Lösel dürfte für sein Vorhaben eine Mehrheit im Stadtrat haben, auch wenn er diesen, wie so häufig, über die Medien informiert. Die Stadtratsmitglieder stützen sich auf Sachargumente und nicht darauf, wie das Stadtoberhaupt mit ihnen umgeht.

Achim Werner, Fraktionsvorsitzender, SPD

Masse statt Klasse?
Das Dutzend voll machen scheint das Motto zu sein, dass hinter dem Vorschlag steckt, eine neue Partnerstadt in Indien zu suchen. Dabei ist die Zahl der Partnerstädte, mit denen sich die Kontakte seriös pflegen lassen, längst überschritten. Erst China und jetzt Indien, zwei Länder, die sich nur mit Langstreckenflügen erreichen lassen. Dabei ist doch zu beobachten, wie zwangsläufig die Kontakte zu den traditionellen Partnerstädten regelrecht zerbröseln. Masse statt Klasse ist selten richtig.
Was kommt nach Indien? Australien, ein hochinteressantes Land, Südamerika mit seinen Schwellenländern, die USA mit Technologietransfer aus dem Silicon Valley? Es gäbe noch viele interessante Länder mit interessanten Möglichkeiten. Dabei wäre es doch besser, die bestehenden Partnerschaften intensiv zu pflegen, anstatt ein weltumspannendes Netz zu knüpfen, um irgendwann einen Eintrag ins Guinessbuch der Rekorde als Stadt mit den meisten Partnerstädten zu bekommen.

Raimund Köstler, Gruppensprecher, ÖDP

Neue Partnerstadt in Indien? Und her damit!
... und wenn nächstens Indonesien mit seinen 300 Millionen Einwohnern und seinen grandiosen Marktchancen ein Wirtschaftswachstum wie Indien aufweist, dann muss unbedingt als nächstes Indonesien hinzugenommen werden. Nicht zu vergessen Brasilien mit seinen auch schon über 200 Millionen Einwohnern, dort werden schließlich auch schon Audis gebaut. Und dass an Mexiko und seinen großen nördlichen Bruder noch niemand gedacht hat, das kann man eigentlich jetzt nur als Versäumnis Ingolstädter Kommunalpolitik werten. – Ironie off.

Wie viele Städtepartnerschaften kann man ernsthaft pflegen. Ist hier Quantität wirklich wichtiger als Qualität? Wir haben heute schon 10 Partnerstädte, wobei mit den langjährigen die Zusammenarbeit inzwischen sehr routiniert abläuft und es vielleicht an der Zeit wäre, mit neuen Ideen eine Auffrischung anzugehen. Die „kommunale Außenpolitik“ ist besonders bei den europäischen Partnerstädten gefragt, um den Gedanken an „ein Europa“ zu festigen, der auf politischer Ebene gerade schwere Zeiten bestehen muss.
Und ja, wir müssen unseren Kindern eine bestmögliche Zukunft ermöglichen. Aber dafür müssen wir mehr Geld in individuelle Bildung in allen Bereichen stecken, denn Bildung ist der Schlüssel für eine lebenswerte Zukunft, nicht die Globalisierung in allen Bereichen. Nur unwissende Schüler stellen sich freitags auf die Straße und demonstrieren für mehr Klimaschutz um gleichzeitig die nächste Klassenreise nach Indien zu planen.
Nicht nur aus ökologischen Gründen stelle ich deshalb den Sinn einer Städtepartnerschaft mit Indien in Frage.

Christian Lange, Fraktionsvorsitzender, Bürgergemeinschaft (BGI):

Städtepartnerschaften sind aus meiner Sicht immer gute und wichtige Grundlagen für das Verständnis fremder Kulturen. Somit sehe ich in einer neuen Partnerschaft mit einer indischen Stadt eine Chance für unsere Stadtgesellschaft. In Indien ist es für mich jedoch besonders wichtig, dass wir uns intensiv über die Möglichkeiten Gedanken machen und die Optionen genau und in aller Ruhe prüfen. Dabei sollte der Stadtrat eingebunden sein und die Informationen von Experten in internationaler Politik und internationalen Wirtschaftsbeziehungen hören (hierbei denke ich zum Beispiel an das Auswärtige Amt und die Deutsch-Indische Handelskammer). Wenn wir eine Stadt in Indien finden, die ähnlich wie Foshan, auch die Möglichkeiten für einen Austausch der Jugend, einen Austausch von Bildungseinrichtungen, Hochschulen und besonders auch der Menschen eröffnet, sollten wir diesen Weg gehen.
Indien ist der bevölkerungsreichste und zugleich einer der ärmsten Staaten weltweit. Vor diesem Hintergrund sollten wir Ideen finden, dort Kontakte zu knüpfen, um die Menschen in einer indischen Stadt zu unterstützen, indem wir ihnen auch beim Ausbau der Bildungsmöglichkeiten und Armutsbekämpfung helfen.

Petra Kleine, Fraktionsvorsitzende, GRÜNE

Eine gute Sache, wenn sie von unseren Schulen und Vereinen vor Ort mitgetragen werden kann. Wir sollten diese neue Partnerschaft unbedingt mit bestehenden Kontakten aus Schüleraustausch und ähnlichem verbinden. Aussereuropäische Städtepartnerschaften sind wegen der weiten Reisen auch sehr kostenintensiv da sollten wir sozial darauf achten, dass auch wirtschaftlich schwächere Familien ihre Kinder gut beteiligen können. Diese Partnerschaften sind wichtig, weil wir nur gemeinsam den Klimawandel hinbekommen - diese Welterfahrungen und drr Kontakt mit dem Alltag sind wichtig, um ökologisch und friedlich global handeln zu können, mit Wissen über andere Kulturen. Darum unterstützen wir das.

Dorothea Soffner, Fraktionsvorsitzende, Unabhängige Demokraten (UDI)

Indien – ja warum nicht, aber…
Partnerstädte haben uns in der Mitte des letzten Jahrhunderts ein Stück Frieden in Europa geschaffen, Völker versöhnt und Freundschaften begründet. Der kulturelle Austausch, die gesellschaftliche Vielfalt und über den Tellerrand unserer kleinen Großstadt hinauszuschauen ist auch heute unerlässlich. Heute geht es allerdings auch um die strategische Ausrichtung, mit wem man sein Portfolio schmücken möchte. Nach China ist Indien mit seiner aufstrebenden Wirtschaft sicher ein guter Gedanke, gleichwohl sind gerade die weit entfernten Ziele sehr zeitintensiv in der Kontaktpflege und kostenintensiv in der Delegationsarbeit. Deshalb erwartet die UDI neben dem Vorschlag einer weiteren Partnerstand von der Stadtspitze auch einen Vorschlag, wie das entsprechende Personal und Budget aufzustocken ist, damit nicht bestehende Partnerschaften darunter leiden müssen.

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