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Wie Bürgerbegehren und Ratsbegehren die Ingolstädter Gesellschaft spalten

Wie Bürgerbegehren und Ratsbegehren die Ingolstädter Gesellschaft spalten

O-T(h)öne bat die Sprecherin der Stadtratsgruppe DIE LINKE im Ingolstädter Stadtrat, Eva Bulling-Schröter, um eine Stellungnahme zu den Äußerungen von SPD-Stadtrat Achim Werner, der auf seiner privaten Facebook-Seite einen Vergleich zwischen der Plakatkampagne der Initiatoren des Bürgerbegehrens "Keine Kammerspiele an der Schutterstraße" der Nazi-Publikation "Der Stürmer" zog. Ferner wurde Bulling-Schröter gebeten, sich zu dem Facebook-Posting zu äußern, welches den Fraktionsvorsitzenden der Freien Wähler im Ingolstädter Stadt als "Oberchef dieser SA" bezeichnete.

Hier die ungekürzte, nicht redigierte Antwort von Eva Bulling-Schröter, die O-T(h)öne am heutigen Morgen erreichte:

Wie Bürgerbegehren und Ratsbegehren die Ingolstädter Gesellschaft spalten
 
Bürgerbegehren sind gut und richtig und sie sind Teil einer plebiszitären Demokratie. Auch wenn den einzelnen Parteien die jeweiligen Ergebnisse einer solchen Befragung nicht gefallen, ist es doch notwendig und richtig diese Elemente weiter zu stärken und sogar noch auszubauen. Das hat sicher auch damit zu tun, dass eine Mehrheit eines gewählten Gremiums vielleicht eine Stimmung oder Meinung in der Bevölkerung nicht richtig wahrnimmt oder einfach ignoriert.

Immer wieder versprechen Parteien im Wahlkampf Volksentscheide auf Bundes- und Europaebene. Leider scheint diese Haltung bei den etablierten Parteien nur vor den Wahlen zu gelten und auch nur, wenn die daraus resultierenden Ergebnisse genehm sind.

Für uns haben diese bürgernahen Mitbestimmungsmöglichkeiten einen allgemeinen Wert in unserem demokratischen Gefüge und es ist in unseren Augen auch lobenswert, die gesetzlichen Möglichkeiten bei strittigen Fragen auch auszuschöpfen. Das ist letztendlich das demokratische Recht der BürgerInnen, die solch einen Bürgerentscheid verfolgen. Die Hürden sind nicht leicht zu überwinden, sodass jede Entscheidung, welche diese Quoren erreicht, es auch Wert ist abgestimmt zu werden.

Von daher stellt ein solches Bürgerbegehren weder eine Majestätsbeleidigung der jeweiligen Mehrheit dar, noch verdreht es den WählerInnenwillen, im Gegenteil. Erst so können wir wirklich Gewissheit haben, was den Leuten in einzelnen Fragen wichtig ist.

Momentan sollen zwei Themen von den Ingolstädter BürgerInnen abgestimmt werden. Und dabei wird mit immer härteren Bandagen gekämpft.
 
Was man aber gerade zu den beiden Themen Schule im Grünring und Ersatzspielstätte Stadttheater sagen muss ist, dass wichtige Entscheidungen aufgeschoben wurden und eine vorsorgende Grundstückspolitik versäumt wurde. Jetzt ist es fünf vor zwölf und wir müssen in beiden Fällen sprichwörtlich mit der Pistole auf der Brust zwischen Regen und Traufe entscheiden.

Ob sich alle Handelnden aktiv über viele Jahre um diese Themen gekümmert haben entzieht sich meiner Kenntnis, aber dass ein Theater auch saniert werden muss steht in jedem Handbuch für KommunalpolitikerInnen.

Die Argumente schaukeln sich hoch und jede/r will Recht haben. Eigentlich könnte man die Auseinandersetzungen exemplarisch in einer Story darstellen - unter dem Motto „wie Kriege entstehen". Argumente werden zugespitzt, natürlich auch polemisch und populistisch. Alternativen werden negiert und diejenigen, die ihre Positionen durchsetzen wollen setzen alle Promis und sonstigen Seilschaften und Betroffene in Bewegung. Eine Podiumsdiskussion mit sechs BefürworterInnen und einem Vertreter der Bürgerinitiative empfinde ich nicht als demokratisch.

Dass Plakate überspitzen und manchmal geschmacklos übertreiben, müssten wir in der Politik schon gewöhnt sein. Nur, dieses Mal ist es anders. Geschmacklosigkeit spricht in der Regel für sich.

Warum dann der Chef der Freien Wähler für einige dieser Plakate als SA Chef bezeichnet wird, erschließt sich mir nicht. Ich bin schon der Meinung, dass Faschisten auch Faschisten genannt werden sollen. Kollege Stachel ist sicher keiner. Und es spricht für sich, wie die Mehrheitsparteien mit BefürworterInnen der Bürgerbegehren umgehen.

Ich persönlich kenne diese Art von Auseinandersetzung zur Genüge. Sie ist unschön und vor allem vergiften sie das politische Klima in Fragen, die dieser Eskalation nicht angemessen sind. Wir entscheiden hier über zwei Bauten, nicht über Leben und Tod.

Und die MitbürgerInnen haben ein Recht auf Information. Sie wollen wissen: was kostet ein Projekt wirklich und wie teuer wird es? Das ist ihr Recht. Genauso wie die Frage, wo wird eingespart, wenn es doch teurer wird.

Im Übrigen mein Kollege Christian Pauling und ich haben bei beiden Themen unterschiedliche Meinungen. Wir halten das aus und schlagen uns nicht die Köpfe ein, sondern versuchen im Gespräch das Beste aus beiden Blickpunkten für die Sache mitzunehmen. Respektvoll.

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