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Die Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat: Eine Bilanz drei Monate nach Amtsübernahme

Die Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat: Eine Bilanz drei Monate nach Amtsübernahme

Von Thomas Thöne

O-T(h)öne bilanziert die Arbeit der Fraktionsvorsitzenden und Fraktionen im Ingolstädter Stadtrat, drei Monate nach der Neukonstituierung.

Alfred Grob, Fraktionsvorsitzender der CSU

Grob ist nicht nur der Fraktionsvorsitzende der CSU-Stadtratsfraktion, sondern auch Landtagsabgeordneter und CSU-Kreisvorsitzender. Er ist bei der Kommunalwahl im März 2020 erstmals in den Ingolstädter Stadtrat eingezogen und gleich zum Fraktionsvorsitzenden gewählt worden. Trotz erdrutschartiger Verluste bei der jüngsten Stadtratswahl stellt die CSU mit 13 Mandatsträgern immer noch die stärkste Fraktion. Profilieren konnte sich diese im neuen Stadtrat politisch allerdings noch nicht. Wer erwartete, dass die CSU-Mandatsträger mit einem Feuerwerk von Ideen und Anträgen nach ihrer jüngsten Klausur an die Öffentlichkeit treten würden, der wurde enttäuscht. Mit Anträgen sind die Christsozialen sehr zurückhaltend, ebenso in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Nur einmal ließ die CSU-Stadtratsfraktion die Muskeln spielen, als es um den Stellenplan der Stadt Ingolstadt, im Rahmen des Nachtragshaushalts, ging. Hier führte allerdings der ehemalige Bürgermeister Albert Wittmann das große Wort. In der entscheidenden Stadtratssitzung ging der CSU allerdings die Puste aus und sie stimmte für den Haushalt. Grob tritt im Stadtrat sehr sachlich auf. Große Showveranstaltungen liegen ihm nicht. Ein eigenständiges Profil konnte er seiner Fraktion bisher noch nicht verpassen. Wenn dies nicht gelingt, könnte es für die CSU, spätestens bei der nächsten Kommunalwahl, zum wirklichen Problem werden.

Christian De Lapuente, Fraktionsvorsitzender der SPD

De Lapuente sitzt nach mehreren Kandidaturen zum ersten Mal im Ingolstädter Stadtrat und wurde gleich zum Fraktionsvorsitzenden gewählt. Er vertritt die zweitgrößte Stadtratsfraktion mit neun Mandatsträgern. Die Sozialdemokraten büßten bei der jüngsten Kommunalwahl ein Mandat ein. De Lapuente, bis jetzt politisch stets freundlich aufgetreten, ist im persönlichen Gespräch eher unverbindlich. In den zurückliegenden Stadtratssitzungen verteidigte, unterstützte und bestärkte er in seinen Wortbeiträgen regelmäßig die Positionen des Oberbürgermeisters, der bekanntermaßen der SPD angehört. De Lapuente wirkte in seinen Ausführungen, die er des Öfteren vom schriftlichen Manuskript vortrug, oft sehr staatstragend. Mit Stadtratsanträgen waren die Sozialdemokraten bisher sehr fleißig. Diese hatten eine inhaltliche Zielrichtung und können nicht als sogenannte „Schaufensteranträge“ abgetan werden. Professionalisiert hat die SPD im Ingolstädter Stadtrat die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Christian De Lapuente dürfte schon jetzt in jungen Jahren auf dem Höhepunkt seiner kommunalpolitischen Karriere angekommen sein.

Christian Höbusch, Fraktionsvorsitzender von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die GRÜNEN im Ingolstädter Stadtrat haben sich dazu entschlossen eine gleichberechtigte Doppelspitze in der Fraktionsführung einzurichten. Dazu wurden extra durch den Stadtrat die formalen Voraussetzungen geschaffen. Höbusch führt mit Barbara Leininger die drittstärkste Fraktion im Ingolstädter Stadtrat. Diese wuchs nach der jüngsten Kommunalwahl auf acht Mandatsträger an. Höbusch trat bisher in seiner neuen Rolle sehr dominant und machtbewusst auf. Er ist an den "Töpfen der Macht" angekommen. Dies zum Erstaunen der kleineren Fraktionen und Stadtratsgruppierungen. Er meldet sich dabei deutlich öfter bei Sitzungen zu Wort, als dies früher der Fall war. Dies manchmal sehr ausschweifend und rhetorisch nicht unbedingt spannend. Die GRÜNEN-Fraktion war mit inhaltlich fundierten Anträgen sehr präsent und ist in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gut aufgestellt. Hier wäre wohl möglich noch mehr gekommen, hätten Fraktion und Partei sich nicht in einem langen Geplänkel in der Thematik „Abschaffung des Umweltreferates“ verstrickt. Dies war sicherlich für die GRÜNEN insgesamt kein Glanzpunkt im letzten Vierteljahr, sowohl inhaltlich als auch kommunikativ. Höbusch scheint kein Anhänger der "Frage der Woche" bei O-T(h)öne zu sein. Wie mehrere Stadtratsmitglieder übereinstimmend berichten, will sich der GRÜNEN-Fraktionsvorsitzende von einem Nachrichtenblog "nicht politisch treiben lassen". So Höbusch Aussage in einer nicht öffentlichen Besprechung von Stadtratsmitgliedern.

Barbara Leininger, Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Leininger ist sich in ihrem politischen Auftreten treu geblieben. Machtgehabe und politische Showauftritte gehörten bisher nicht zu ihrem politischen Repertoire. Sie arbeitet sich in politische Themen ein und vertritt diese fachlich nachdrücklich. Man merkt ihr die langjährige Stadtratserfahrung an. Manchmal wünscht man sich bei ihren Wortmeldungen, sie würde etwas schneller zum Punkt kommen. Kollegialität gegenüber den kleineren Fraktionen und Gruppierungen ist ihr kein Fremdwort.

Hans Stachel, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler

Stachel vertritt die Positionen der vierköpfigen Stadtratsfraktion der Freien Wähler sehr offensiv im Stadtrat und in den Medien. Dabei gewinnt er und seine Fraktion durchaus an Profil. Mit seiner ablehnenden Haltung zu den Kammerspielen und der öffentlich vorgetragenen Überlegung zu diesem Thema ein Bürgerbegehren durchzuführen, bietet Stachel den Kritikern der Kammerspiele eine politische Heimat an. Durch das bisherige Agieren nach der Kommunalwahl haben sich die Freien Wähler am deutlichsten als Alternative zu SPD, CSU und Grünen präsentiert. Bei dem Thema Nachtragshaushalt und Stellenplan ging auch den Freien Wählern in der entscheidenden Stadtratssitzung die Luft aus und sie stimmten dann doch, trotz vorheriger Kritik, der Vorlage des Oberbürgermeisters zu. Es bleibt also abzuwarten, ob die Freien Wähler sich als wirkliche Alternative etablieren können, oder ob das politische Aufbegehren lediglich ein Sturm im Wasserglas ist. In den bisherigen Stadtratssitzungen ist Stachel selbstbewusst aufgetreten. Er hat seine Positionen nachdrücklich auf der Sachebene vertreten. In der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sind die Freien Wähler präsent.

Lukas Rehm, Fraktionsvorsitzender der AfD

Die AfD wurde erstmals in den Ingolstädter Stadtrat, mit vier Mandaten, gewählt. Sie waren das Schreckgespenst der etablierten Parteien und politischen Gruppierungen. Blickt man auf die bisherigen Stadtratssitzungen zurück, so hat die AfD kaum eine Rolle gespielt. Der Oberbürgermeister hatte Wortmeldungen der Mandatsträger der Partei stets in aller Ausführlichkeit zugelassen, sodass den AfDlern ein Aufregungspotenzial erst gar nicht gegeben wurde. Die anderen Stadtratsfraktionen und -gruppierungen verhielten sich ebenso sehr geschickt, in dem diese sich durch Wortbeiträge der AfD nicht in Diskussionen verwickeln ließen. Rehm ist noch nicht in der Rolle des Fraktionsvorsitzenden angekommen, weder mit fundierten Stadtratsanträgen noch bei den Wortmeldungen. Hier meldet sich das Fraktionsmitglied der AfD, Ulrich Bannert, wesentlich öfter zu Wort. Bannert gehört dem Stadtrat schon lange Jahre an, früher als Mitglied der Republikaner.

Lesen Sie auch diese Berichterstattung: BGI, UDI, DIE LINKE, ÖDP, FDP und JU: Eine Bilanz, drei Monate nach Übernahme des Stadtratsmandates

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