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Was sagen die Bezirkskandidaten zur Heilig-Geist-Spital-Stiftung?

Was sagen die Bezirkskandidaten zur Heilig-Geist-Spital-Stiftung?

O-T(h)öne wollte von Ingolstädter Bezirkstagskandidaten wissen, wie diese die Situation der Heilig-Geist-Spitalstiftung, der Schließung stationären Pflegebetten im Heilig-Geist-Spital und den Mangel an stationären Pflegeplätzen in Ingolstadt beurteilen. Die Veröffentlichung erfolgt nach Eingang der Antworten in der Redaktion, dies ungekürzt und nicht redigiert.

Christina Hofmann, CSU

Wie bewerten Sie die Beschlussfassung des Stiftungsrates?

Wie bewerten Sie den Lösungsvorschlag des Vorstandes des Fördervereins der Heilig-Geist-Spital-Stiftung?

Welche Lösung sehen Sie, um den Mangel an stationären Pflegeplätzen zu beheben?

Inwiefern haben Sie sich persönlich bisher für Schaffung von Pflegeplätzen eingesetzt und mit welchem Ergebnis?

Was wollen Sie unternehmen, wenn Sie dem nächsten Bayerischen Landtag angehören, um die dringend benötigten Pflegeplätze in Ingolstadt zu schaffen?

In der öffentlichen Sitzungsvorlage, die Sie Ihrer Medienanfrage beigefügt haben, sind die öffentlich zugänglichen Informationen, die dem Stadtrat über die Zukunft der Heilig-Geist-Spital Stiftung zur Kenntnis dargelegt werden. Diese stellen die Eckpunkte dar, die eine Begründung des aktuellen Stiftungsrates für deren Entscheidung darstellen. Aus meiner Zeit als Stadträtin weiß ich, dass es aber alle Informationen braucht, um eine Situation beurteilen zu können. Als Nichtmitglied des Stiftungsrates und als Nichtmitglied des Stadtrates kann ich daher keine fundierte eigenständige Bewertung abgeben, deren Zahlen und Hintergründe ich nicht vollumfänglich kenne. Das Gleiche gilt für eine Bewertung des Vorschlages des Vorstandes des Fördervereins Heilig-Geist-Spital.

Um dem Mangel an stationären Pflegeplätzen zu begegnen, muss der Fachkräftemangel gelöst werden. Während meiner Zeit als Stadträtin setzten sich Konrad Ettl gemeinsam mit Alt-Oberbürgermeister Dr. Lösel und wir als CSU Fraktion dafür ein, ein zusätzliches Pflegeheim zu bauen. Dies fand leider im damaligen Stadtrat keine Mehrheit.  

Um die dringend benötigten Pflegeplätze in Ingolstadt zu schaffen, ist meines Erachtens Folgendes notwendig:  Es muss ein breites Angebot für jede Art des Pflegegrades vorhanden sein, da jeder Mensch und jede Familiensituation unterschiedlich ist. Grundsätzlich ist die Verbesserung der Attraktivität des Pflegeberufs durch Bürokratieabbau, bessere Arbeitszeiten, bessere Bezahlung sowie Unterstützung der Fachkräfte mit Hilfskräften, vor allem in den Ferien und an den Wochenenden, mittels monetären Anreizen sowie mit Personalpools notwendig. Für ausländische Fachkräfte braucht es eine bayernweit einheitliche Anlaufstelle bzw. deren weiteren Ausbau, die die vorhandene Qualifikation schnell prüft und gegebenenfalls mit Hilfe einer Kommission eine Prüfung und Anerkennung vor Ort vornehmen kann. Bürokratie muss mittels innovativer Lösungen reduziert werden, um zum Beispiel die Dokumentationspflicht zu vereinfachen und dadurch Mitarbeiter zu entlasten.

Für viele pflegebedürftige Menschen ist das selbstständige Wohnen, solange wie möglich wichtig. Daher müssen die ambulanten Angebote ausgebaut und stärker finanziert werden. Auch die Wohnberatung, die vom Bezirk mitfinanziert wird, muss ausgeweitet werden. Kurzzeitpflegeplätze für Notfälle müssen vorhanden sein, um pflegende Angehörige zu entlasten. Diese kümmern sich aufopferungsvoll und meist über ihre eigenen Grenzen hinaus um ihre Angehörigen und erbringen damit sowohl für den pflegebedürftigen Menschen wie auch für die Familie und unsere Gesellschaft eine unglaubliche Leistung. Dieser Einsatz verdient unsere größte Wertschätzung und Unterstützung!

Nadine Praun, SPD

Wie bewerten Sie die Beschlussfassung des Stiftungsrates?

Der Stiftungsrat hat mit dem jetzigen Beschluss aus meiner Sicht, die selbstverständlich auch nur von außen auf diesen blickt, einen gangbaren Weg gefunden, der nicht 80 Pflegeplätze in Ingolstadt vernichtet, sondern vielmehr einen Verlust von 160 Plätzen verhindert. Zudem schafft der Vorschlag ein Angebot an Tagespflege und Betreutem Wohnen, das in Ingolstadt aufgrund eines Mangels dringend benötigt wird. Andere Alternativen wurden sorgfältig abgewogen, doch stellt diese Lösung die Stiftung auf solide Beine, sodass sie im Sinne ihres Zwecks weiterbestehen und bald auch schwarze Zahlen schreiben kann. Zugleich werden beide Standorte für Senior*innen gesichert, vor allem das Anna Ponschab-Haus kann dadurch künftig womöglich sogar erweitert werden. Angesichts der finanziell mehr als schlechten Situation der Stiftung, die ja auch historisch durch Vorgängerregierungen herbeigeführt wurde, ist dies eine pragmatische Lösung, die die derzeit beste ist.

Wie bewerten Sie den Lösungsvorschlag des Vorstandes des Fördervereins der Heilig-Geist-Spital-Stiftung?

Den Lösungsvorschlag des Fördervereins erachte ich als rechtlich und finanziell nicht umsetzbar. Zudem geht er von falschen Voraussetzungen aus.

Welche Lösung sehen Sie, um den Mangel an stationären Pflegeplätzen zu beheben?

Ihre dritte Frage sehe ich als wichtig an, denn sie zeigt, dass in der aktuellen Diskussion zwei Debatten vermischt werden: Die Frage der stationären Pflegeplätze und deren Mangel ist nicht allein an die Zukunft der Heilig Geist Spital-Stiftung gekoppelt. Um diesen Mangel zu beheben, führt die Stadt Gespräche mit potentiellen Investoren und Betreibern und beispielsweise im neuen IN Quartier sollen auch 120 Plätze neu entstehen. An diesem Prozess sollte man anknüpfen. Außerdem müssen die Anstrengungen bei der Ausbildung von Pflegekräften verstärkt werden. Derzeit ist die Situation in vielen Ingolstädter Pflegeheimen so, dass zur Verfügung stehende Plätze nicht belegt werden können, weil Pflegekräfte fehlen.

Inwiefern haben Sie sich persönlich bisher für Schaffung von Pflegeplätzen eingesetzt und mit welchem Ergebnis?

Aufgrund meines relativ jungen Alters von 27 Jahren und nur kurzer Zeit der politischen Tätigkeit war es mir bisher noch nicht möglich, Initiativen für die Schaffung von Pflegeplätzen zu ergreifen. Das steht aber auf meiner persönlichen Agenda weit oben.

Was wollen Sie unternehmen, wenn Sie dem nächsten Bayerischen Landtag angehören, um die dringend benötigten Pflegeplätze in Ingolstadt zu schaffen?

Im Bezirkstag liegt aus meiner Sicht vor allem der Schwerpunkt auf die Hilfe zur Pflege, die natürlich von besonderer Wichtigkeit für Betroffene ist. Hierfür müssen ausreichend Gelder bereitgestellt werden, um ein würdiges Leben im Alter zu ermöglichen. Darüber hinaus ist es selbstverständlich möglich, weiterhin politisch zu wirken und sich für die Schaffung der benötigten Plätze sowohl stationär als auch ambulant zu engagieren. Darüber, dass die Notwendigkeit besteht, sind wir uns einig.

Fred Over, ÖDP

Wie bewerten Sie die Beschlussfassung des Stiftungsrates?

Wie bewerten Sie den Lösungsvorschlag des Vorstandes des Fördervereins der Heilig-Geist-Spital-Stiftung?

Welche Lösung sehen Sie, um den Mangel an stationären Pflegeplätzen zu beheben?

Inwiefern haben Sie sich persönlich bisher für Schaffung von Pflegeplätzen eingesetzt und mit welchem Ergebnis?

Was wollen Sie unternehmen, wenn Sie dem nächsten Bayerischen Landtag angehören, um die dringend benötigten Pflegeplätze in Ingolstadt zu schaffen?

Der allererste Eindruck wandelt sich in Sachen Heilig-Geist-Stiftung rasch in ein komplexeres Bild: Dass die Stadt nach mehrjähriger Suche nach der möglichst optimalen Lösung nun sehr kurzfristig einen Notartermin – mit einem privaten Investor - anstrebt, verwundert und wirft berechtigte Fragen auf.

Auch die Auslagerung des Problemkindes Spitalstiftung in einen eigenen Stiftungsrat hat seine zwei Seiten: Einerseits mangelt es nun an Transparenz, die interessierte Öffentlichkeit und selbst das Gremium Stadtrat bekommt nicht mehr alles mit. Aber andererseits wirken nun bei der Entscheidungsfindung nebst einigen Stadträten auch externe Fachexperten mit, was der Qualität der Lösung guttun kann.

Und eine gute und möglichst rasche Lösung ist vonnöten: Eine drohende Insolvenz muss vermieden, der dauerhafte Fortbestand der Einrichtungen gewährleistet werden. Es darf angenommen werden, dass die Stadt mitsamt ihrer Töchter mit einer vom Förderverein angeregten internen Lösung kurzfristig überfordert wäre.

Zudem – und das ist der entscheidende Punkt - gibt die Stiftung mit dem Erbpachtvertrag das Thema nicht aus der Hand: Die Bindung an den Stiftungszweck bleibt.

Bleibt die Sorge um den Verlust von Pflegeplätzen – bei zu erwartendem ansteigendem Bedarf. Bremsklotz ist hier allerdings die Personalnot. Wir haben heute freie Plätze in Pflegeheimen, da es an Personal fehlt. Und eine baldige nachhaltige Besserung dieser Situation ist bedauerlicherweise nicht in Sicht. Ehrlicherweise zumindest nicht in dem Zeitfenster, das für die Neuaufstellung der Heilig-Geist-Stiftung angestrebt wird.

Die Fechtgasse dabei künftig nur noch für mobile Senioren anzubieten und dafür die stationäre Pflege im Anna-Ponschab-Haus direkt neben dem Klinikum zu konzentrieren, macht zudem durchaus auch Sinn.

Fazit: Der Pflegebereich bleibt ein gewaltiges Sorgenkind für die Zukunft unserer Gesellschaft. Der Heilig-Geist-Stiftung allerdings trauen wir zu, mit vorliegendem Konzept nachhaltig und dauerhaft Boden unter die Füße zu bekommen.

(Anmerkung der Redaktion: Herr Over antwortete zusammen mit dem Landtagskandidaten der ÖDP)

Joachim Siebler, BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN

Wie bewerten Sie die Beschlussfassung des Stiftungsrates?

Wie bewerten Sie den Lösungsvorschlag des Vorstandes des Fördervereins der Heilig-Geist-Spital-Stiftung?

Welche Lösung sehen Sie, um den Mangel an stationären Pflegeplätzen zu beheben?

Inwiefern haben Sie sich persönlich bisher für Schaffung von Pflegeplätzen eingesetzt und mit welchem Ergebnis?

Was wollen Sie unternehmen, wenn Sie dem nächsten Bayerischen Landtag angehören, um die dringend benötigten Pflegeplätze in Ingolstadt zu schaffen?

Zu den Hauptaufgaben des Bezirks zählt die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung, die stationäre und die teilstationäre psychiatrische Versorgung und auch die Hilfe zur Pflege notwendig. Die Hilfe zur Pflege stellt die überörtliche Sozialhilfe für Menschen dar, denen es aus eigenen finanziellen Mitteln nicht möglich ist, die zusätzlichen Kosten für die erforderliche Pflege zu bestreiten. Neben der Hilfe für die stationäre Pflege obliegt dem Bezirk Oberbayern seit einigen Jahren auch die Hilfe für die ambulante Pflege. Nicht zu den Aufgaben des Bezirks zählt allerdings der Betrieb von stationären Pflegeeinrichtungen. Darum liegt die Entwicklung der stationären Pflegeplätze und Pflegeeinrichtungen auch nicht im Fokus meiner politischen Tätigkeit als Bezirksrat – und in der Funktion befragst du mich ja. Dennoch verfolge ich natürlich die Diskussion um die Heilig-Geist-Stiftung aufmerksam.

Wie der Berichterstattung und auch der Sitzungsvorlage zu entnehmen ist, scheint es für die Heilig-Geist-Stiftung mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden zu sein, parallel zwei Pflegeeinrichtungen zumindest kostendeckend zu betreiben. Wie in vielen anderen Bereichen auch dürfte der Personalmangel im Bereich der Pflegeeinrichtungen seinen Teil dazu beitragen, dass das Angebot an Plätzen nicht voll ausgelastet werden kann und folglich Defizite entstehen. Vor diesem Hintergrund erscheint es mir nachvollziehbar, dass seitens der Stiftung nach Lösungen gesucht wird, sich auf eine Einrichtung zu konzentrieren. Da die Gebäude in der Fechtgasse offensichtlich sehr sanierungsbedürftig sind, erschient es auch schlüssig, dass man sich auf die bestehende Einrichtung im Anna-Ponschab-Haus fokussiert.

Innerhalb seiner oben genannten Aufgabenbereiche handelt der Bezirk aus vielfältigen Gründen nach dem Prinzip „ambulant vor stationär“. Auch im Bereich der Pflege kann der Ausbau der ambulanten Pflegeangebote einige Probleme lösen. So wird es pflegebedürftigen Menschen ermöglicht, möglichst lange in den eigenen vier Wänden zu leben. Auch dürften sich die Arbeitszeiten der Pflegekräfte attraktiver gestalten, wenn gegenüber der stationären Pflege ein geringerer Einsatz im Dreischichtbetrieb erforderlich ist. Der Ausbau des Angebots der ambulanten Pflege in den Häusern der Fechtgasse scheint mir deshalb hilfreich.

Das Grundstück an der Fechtgasse soll bekanntlich auf dem Wege eines Erbpachtvertrages an den Investor überlassen werden. Ein Erbpachtvertrag stellt meiner Ansicht nach generell ein geeignetes Instrument dar, um den Betrieb der geplanten Wohnungen in der Fechtgasse mit dem eigentlichen Stiftungszweck der Heilig-Geist-Stiftung zu verbinden und entsprechend über die gesamte Laufzeit vertraglich festzulegen. Anders als bei einem einfachen Kaufvertrag sieht ein Vertrag im Erbbaurecht i.d.R. den sog. Heimfall vor, wenn Vertragsbedingungen nicht erfüllt werden. Meines Wissens sind Stiftungsrat und Stiftungsvorstand ermächtigt, entsprechende Verträge zu schließen.

Es gibt sicher viele Wege, im Hinblick auf die Fechtgasse den Stiftungszweck zu erfüllen. Der Freundeskreis und sein Vorstand setzen sich vertieft mit den Geschicken der Heilig-Geist-Stiftung auseinander. Dadurch ist er in der Lage, konkrete Vorschläge zur Zukunft der Heilig-Geist-Stiftung im Allgemeinen und zur Fechtgasse im Besonderen zu formulieren. Ob nun die vorliegenden Vorschläge durchgehend schlüssig sind, vermag ich mir aufgrund meiner lediglich oberflächigen Kenntnisse der Sachlage nur schwer beurteilen. Die Befürchtung, dass ein privater Investor die Gebäude aus welchen Gründen auch immer in einer Weise veräußert, die dem Stiftungszweck widerspricht, teile ich nicht. Wie oben formuliert, lässt sich ein stiftungsgemäßer Betrieb durch einen gut formulierten Erbbauvertrag über die gesamte Laufzeit sicherstellen. Die Bedingungen lassen sich wiederum nur formulieren, wenn die Stiftung Eigentümer des Grundstückes ist. Die vorgeschlagene Übernahme der Sanierung durch Tochtergesellschaften der Stadt Ingolstadt steht möglicherweise die eher angespannte Haushaltslage der Stadt Ingolstadt entgegen. Wenn ein privater Investor bereit ist, unter den entsprechenden Bedingungen eines Erbpachtvertrages die Anlage in der Fechtgasse zu finanzieren und satzungsgemäß zu betreiben, dann ist das meiner Einschätzung nach nicht die schlechteste aller Lösungen.

Wie eingangs bereits festgestellt. Der Bezirk Oberbayern ist nicht originär für den Betrieb stationäre Pflegeplätze zuständig. Die Frage nach Herausforderungen an die stationären, teilstationären oder ambulanten Einrichtungen stellt sich aber auch im Bereich der Eingliederungshilfe und der psychiatrischen Versorgung.

Der größten Probleme in der Versorgung entstehen durch einen allerorts vorhandenen Fachkräftemangel, der durch die demografische Entwicklung in den nächsten Jahren noch verstärkt werden dürfte. Leistungen können nicht oder nur unzureichend erbracht werden, weil schlichtweg das qualifizierte Personal dafür fehlt. Der Schlüssel zur Lösung der Misere liegt in der Gewinnung von Arbeitskräften, die sich in der Hilfe für die Menschen engagieren. Dafür braucht es ein attraktives Ausbildungsangebot, eine gute Bezahlung und vor allem Arbeitsbedingungen, die ein gesundes Arbeiten ermöglichen.
Mangels Zuständigkeit des Bezirks für den Betrieb der stationären Pflege besteht im Rahmen meiner Tätigkeit als Bezirksrat der Ansatzpunkt, in diesem Bereich etwas zu initiieren. Sehr wohl setze ich mich ein, wenn Menschen mit Unterstützungsbedarf im Rahmen der Finanzierung der Pflege Schwierigkeiten mit der Hilfe zur Pflege haben. In den von mir begleiteten Fällen ging, bzw. geht es tatsächlich um die Kernfrage des Wunsch- und Wahlrechts und der Finanzierung der Pflege in den eigenen vier Wänden. Weiterhin habe ich mich dafür eingesetzt, dass die am Klinikum angegliederte Entwöhnungseinrichtung aufrechterhalten wird. Leider sprachen die äußeren Umstände gegen die Fortführung der Einrichtung. Sofern ich bei den Wahlen einen weiteren Auftrag für die Betätigung im Bezirkstag erhalte, werde ich mich auch in Zukunft im speziellen Fall für die Etablierung eines alternativen Angebots für die Entwöhnung in der Region einsetzen und allgemein für die Verbesserung der Rahmenbedingungen der „pflegenden“ Berufe. Für eine vertiefte Diskussion zu den Fragestellungen stehe ich gerne zur Verfügung.

Arina Wolf, DIE LINKE.

Wie bewerten Sie die Beschlussfassung des Stiftungsrates?

Wie bewerten Sie den Lösungsvorschlag des Vorstandes des Fördervereins der Heilig-Geist-Spital-Stiftung?

Welche Lösung sehen Sie, um den Mangel an stationären Pflegeplätzen zu beheben?

Inwiefern haben Sie sich persönlich bisher für Schaffung von Pflegeplätzen eingesetzt und mit welchem Ergebnis?

Was wollen Sie unternehmen, wenn Sie dem nächsten Bayerischen Landtag angehören, um die dringend benötigten Pflegeplätze in Ingolstadt zu schaffen?

Als Kandidatin und Kandidat der Linken für die kommende Landtags- und Bezirkstagswahl hegen wir starke Zweifel an dem von der SPD vorgeschlagenen vermeintlichen Königsweg. Unserer Ansicht nach gehört die Daseinsvorsorge fest in öffentliche und gemeinnützige Hände, ohne Profitinteresse. Es scheint uns, als wären die SPD die Lehren aus den vergangenen Jahren, in denen in ganz Deutschland ehemals privatisierte Infrastrukturen teuer mit Steuergeldern zurückgekauft werden mussten, um die Versorgung aller Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen, noch nicht angekommen. Investoren streben Gewinn an und vertraglich "gesicherte" Leistungen können schon morgen obsolet sein, wenn sich Rahmenbedingungen oder Bedarfe zum Nachteil der öffentlichen Vertragspartner entwickeln. Dabei kann sich auch der freundlichste Investor aus Geld- oder Renditemange schon morgen als eiserner Verfechter seiner ureigenen Interessen entpuppen.

Wir bevorzugen einen Ansatz, wie ihn der Förderverein des Heilig-Geist-Spitals vorgeschlagen hat. Die Stadt und damit unsere Stadtgesellschaft haben eine Verpflichtung gegenüber den Rentnerinnen und Rentnern unserer Heimat. Genauso müssen wir als Stadt eine langfristige Perspektive einnehmen, was bedeutet, dass wir uns auf einen steigenden Bedarf an stationärer und ambulanter Pflege einstellen müssen. Genau diese Perspektive erfordert, dass wir als Stadt selbst entsprechende Kapazitäten in gemeinnützigen und öffentlichen Händen schaffen, damit wir unter sozialen Gesichtspunkten Spielraum bei der Versorgung unserer Senioren haben.

Wird dies nicht umgesetzt, zeigt jüngst was es bedeutet die Pflegeverantwortung auf einen privaten Investor zu übertragen. In Reichertshofen setzte vor etwas mehr als einen Monat die NOVITA Gruppe ihre Bewohner innerhalb ein paar Tage auf die Straße, weil es sich nicht mehr rentierte sie zu pflegen. Die Entscheidung wurde binnen einer Woche umgesetzt. Alle sind in Aufruhr und können nicht fassen, wie schnell Pflege zum Spielball der Kapitalinteressen werden kann. Die Rechnung für diese Rahmenbedingungen zahlen wir als Verbraucherinnen und Verbraucher. In eine derartige Situation und in ausschließlich private Hände sollten wir die regionale Versorgung unserer älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht geben.

Schon jetzt sind die Wartelisten voll mit Menschen die auf einen Pflegeplatz in der Stadt hoffen. Gerade das Heilig Geist Spital ist eine notwendige Institution die Bedürftigen eine gute Pflege ermöglicht. Es ist naiv zu glauben, dass achzig stationäre Pflegeplätze durch das Angebot des privaten Investors ersetzt werden können. Erfahrungsgemäß suggeriert der Begriff „betreutes Wohnen“ im vorgelegten Zukunftskonzept meistens nicht das was er verspricht. Denn das Wort "betreut" erweckt den Anschein einer umfangreichen Versorgung und Betreuung. Dies ist in der Regel beim Betreuten Wohnen in diesem Umfang nicht vorgesehen. Meistens wird bei diesem Modell ein Appartement zur Miete oder auch zum Kauf angeboten. Zusätzlich können verschiedene Unterstützungsleistungen in Anspruch genommen werden, wie den Hausnotruf, Tätigkeiten des Gebäudemanagements und Reinigungsdienste, Wäscheservice oder die Vermittlung von Pflegeleistungen. Betreutes Wohnen bietet in der Regel also keine Rundumversorgung und ist daher für Menschen mit schwerer Pflegebedürftigkeit oder fortgeschrittener Demenz weniger geeignet. Zudem ist so eine Veränderung räumlich und personell eine enorme seelische Belastung für die Bewohner und ihre Angehörigen.

Das Angebot der Kurzzeitpflegeplätze ist zudem nicht ausreichend kalkuliert. Die SPD-Fraktion im Bayrischen Landtag schreibt selbst in ihren „Ideen für eine menschliche Pflegepolitik“: […] Wir wollen einen umfassenden und bedarfsgerechten Ausbau von Entlastungsangeboten und Hilfen im Alltag. Pflegende Angehörige müssen entlastet werden, dazu müssen die Kurzzeitpflegeplätze ausgebaut werden […]. Diesen Ansatz vermissen wir in dem vorgelegten Konzept. Die angedachten Kurzeitpflegeplätze in dem Papier erfüllen nicht mal im Ansatz die Vorstellungen der bayrischen SPD. Wir wundern uns, wieso die eigenen Ideen nicht auch da umgesetzt werden, wo es auch möglich ist.

Neben diesen Aspekten irritiert uns auch der Umgang mit den Beschäftigten. Sie können nicht wie Möbel von A nach B verschoben werden. Die Annahme, dass ALLE Mitarbeiterinnen von einem Träger zum anderen wechseln ist naiv. Das funktioniert nur auf dem Papier, ohne das Personal in dieser Frage zu beteiligen. Da reichen warme Worte, Versprechungen und ein Arbeitsplatzangebot (ohne Gehaltsverlust – auch zukünftig) schon lange nicht mehr aus.

Schon jetzt könnte Anna-Ponschab-Haus mehr Pflegeplätze vergeben, wenn sie genug Personal hätten. Auch noch innerhalb von einem Jahr zu erwarten, dass der Ausbau auf weitere 100 stationäre Plätze, ein weiterer ambulanter Pflegedienst und Kurzzeitpflegeplätze erfolgreich wird und diese auch belegt werden können, zeigt wie theoretisch die Pflegeproblematik angegangen wird.

Was fehlt, ist eine gesamtstädtische Antwort auf den Pflegemangel. Es muss ein Personalgewinnungs und -haltungskonzept entwickelt werden. Und das nicht im stillen Kämmerlein, sondern mit Beteiligung der Träger, politisch Verantwortlichen, Interessensvertretung und Gewerkschaften. Rein zu hoffen, dass die Pflegekräfte vom Himmel fallen und den Pflegenotstand beheben, zeigt die Handlungsunfähigkeit und Ratlosigkeit der Verantwortlichen.

Im vorgelegten Konzept fehlt jegliches Bekenntnis, des zukünftigen Trägers, zur Bezahlung der Arbeitskräfte nach einem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes. Es scheint eher ein Modell der Subunternehmer ohne Tarifbindung zu werden.
Ansatzpunkte es besser zu machen gibt es genug. Es muss z.B. die Anerkennung der ausländischen Fachkräfte beschleunigt werden. Das Sprachkursangebot muss massiv ausgeweitet werden, die Ausbildung der zukünftigen Pflegekräfte verbessert werden und nicht zuletzt ein attraktives Beschäftigungsangebot den Pflegekräften gemacht werden. Maßnahmen wie die Arbeitszeitverkürzung [Immer mehr Pflegeeinrichtungen deutschlandweit gewinnen mehr Personal mit diesem Angebot], Möglichkeit einer Altersteilzeit mit Aufstockung des Teilzeitgehalts sind genau der richtige Weg, Förderung der Ausbildung und Gewinnung der Auszubildenden durch attraktive Angebote zum Ausbildungsplatz (Übernahme des Jobtickets, Bezuschussung zur Fahrschule sind denkbare Modelle) und vieles mehr.  Ohne einen Personalgewinnungs und -haltungskonzept sind all die Vorstellungen im vorgelegten Papier rein theoretisch und werden zeigen, wie weit entfernt sie sich von der Praxis befinden.

Wir hoffen, dass die Stadtverwaltung und die SPD ihrer sozialen Verpflichtung gerecht werden und den neoliberalen Weg der Privatisierung endlich als das erkennen, was er ist: Kein glänzender Königsweg, sondern ein Irrweg. Wir wollen keine Wege für Könige, sondern eine solide Straße, auf der alle Bürger sichergehen können.

(Anmerkung der Redaktion: Frau Wolf antwortete zusammen mit dem Landtagskandidaten der LINKEN.)

Karl Ettinger, FDP

Anmerkung der Redaktion: Bis zur Veröffentlichung dieses Artikels ging keine Antwort ein.

Wolfgang Baumann, FREIE WÄHLER

Anmerkung der Redaktion: Bis zur Veröffentlichung dieses Artikels ging keine Antwort ein.

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