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Zwei Diskussionsrunden der OB-Bewerber - Eine Bilanz

Zwei Diskussionsrunden der OB-Bewerber - Eine Bilanz

von Thomas Thöne

Auffällig bei der Diskussionsrunde der Ingolstädter Innenstadtfreunde und des Ingolstädter Stadtjugendrings war, dass als Zuhörerinnen und Zuhörer zum überwiegenden Teil die Anhängerschaft aus den jeweiligen Parteien teilnahmen. Nur wenig an Politik interessierte Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt fanden in die jeweilige Veranstaltung.

Bei den Abstimmungen, an denen die Anwesenden beim Stadtjugendring, vor und nach der Diskussionsrunde teilnehmen durften, war das Abstimmungsergebnis also sehr stark davon abhängig, wie sehr die eigene Parteienlandschaft dazu motiviert werden konnte an der Veranstaltung teilzunehmen. Bereits vor der Veranstaltung, aber auch noch Tage danach, machte der Begriff „Taktisches Wählen“ die Runde. Dies bedeutet, der eigene Kandidat wird von einem Teil der eigenen Anhänger vor der Diskussion nicht gewählt, aber danach. Dies mit dem Ziel die Person so darzustellen, als habe diese in der Diskussion punkten und überzeugen können. Ob ein „Taktisches Wählen“ stattgefunden hat, ist eine reine Spekulation und nicht belegbar.

Die Ingolstädter CSU war beim Stadtjugendring sehr stark vertreten, was sich auch in den Abstimmungsergebnissen niederschlug. Die Mehrzahl der Zuhörerschaft bei dieser Veranstaltung war im Alter von Ü 40 bis Ü 50 angesiedelt. Dieser Personenkreis durfte ebenfalls an der Abstimmung über die OB-Bewerber teilnehmen. Dieses Verfahren sollte der Stadtjugendring für künftige Veranstaltungen dringend überdenken, wenn er für sich weiter in Anspruch nehmen will, dass dies eine jugendpolitische Veranstaltung ist.

Die Diskussionsrunde der Ingolstädter Innenstadtfreunde war mehr eine Kandidatenbefragung, als eine tatsächliche Diskussionsveranstaltung. Hier fand eine inhaltlich politische Auseinandersetzung zu Themen zwischen den einzelnen Kandidaten so gut wie nicht statt.

Sehr wohl waren die unterschiedlichen politischen Ansätze der einzelnen Kandidaten bei beiden Veranstaltungen wahrnehmbar. Diese wurden aber leider nicht weiter vertieft oder herausgearbeitet.

Positiv zu erwähnen, bei der Veranstaltung der Innenstadtfreunde, ist der fast gelungene Versuch die Diskutanten gleichzubehandeln. Dazu diente, dass nicht immer die gleiche Person die nächste Frage beantworten durfte, sondern dass hier am Podium gewechselt wurde. Ferner wurde versucht strikt darauf zu achten, dass das vorgegebene Zeitlimit eingehalten wurde. Nur mit einer Ausnahme bekam der amtierende Oberbürgermeister nochmals gesonderte Redezeit, um auf Wortbeiträge reagieren zu können. Der im Vorfeld angekündigte Livestream der Innenstadtfreunde, der aus der Veranstaltung heraus gesendet wurde, funktionierte aufgrund technischer Probleme nur sehr dürftig. Die gewählte Örtlichkeit war für die Veranstaltung nicht sonderlich geeignet. Dies war von Teilnehmerinnen und Teilnehmern nach der Veranstaltung zu erfahren und auch in sozialen Medien nachzulesen.

Bei der Veranstaltung des Ingolstädter Stadtjugendrings, die vom Chefredakteur der Lokalredaktion der örtlichen Tageszeitung und dessen Stellvertreter moderiert wurde, konnte der derzeit amtierende Ingolstädter Oberbürgermeister, Dr. Christian Lösel, seinen Amtsbonus voll ausspielen. Die jeweils erste Frage, zu jedem Themenkomplex, war an den Amtsinhaber gerichtet, der immer sehr ausführlich beantworten konnte. Für jeden dieser Themenkomplexe hatte der OB ein Papier mit aktuellen Fakten, Daten und Zahlen dabei. Der Amtsbonus eines Oberbürgermeisters erlaubt es, dass er sich dieses Zahlenmaterial durch die Verwaltung für derartige Diskussionsveranstaltungen zusammentragen lässt.

Lösel leistete sich geschickt populistische Worteinlagen. So machte er darauf aufmerksam, dass die CSU die einzige Fraktion im Ingolstädter Stadtrat sei, die zwei Jugendbeauftragte hätte. Diese Personen brachte er natürlich mit Namen ins Spiel. Der unbedarfte Zuhörer konnte den Eindruck bekommen, nur zwei Personen im gesamten Ingolstädter Stadtrat sind mit der Jugendpolitik beauftragt. Dabei gibt es durchaus Fraktionen, in denen Jugendpolitik Chefsache der Fraktionsführung ist oder sich alle in der Fraktion vorhandenen Mitglieder um jugendpolitische Themen kümmern. Die Stadtratsliste der Jugendorganisation der Ingolstädter CSU, die sogenannte „Junge Liste“, verkaufte Lösel nicht als konkurrierende Liste, sondern als Erfolg der Mutterpartei. Dies mit dem Hinweis, dass keine andere Partei eine solche „Junge Liste“ aufgestellt habe, obwohl dies möglich gewesen wäre. Dass das Zustandekommen der „Jungen Liste“ ganz andere Hintergründe hat, ist nur den wirklich politisch Interessierten bekannt. Weder die anderen OB-Kandidaten, noch die Moderatoren unternahmen den Versuch, hier ein wenig Licht ins Dunkle zu bringen.

Wer sich die Aufzeichnung der Veranstaltung auf YouTube ansieht, wird feststellen, dass die beiden Moderatoren sehr brav und zurückhaltend waren. Oftmals hätte ein Nachhaken und ein Nachfragen gutgetan, um politische Zusammenhänge offenzulegen, oder politische Nebelkerzen als solche zu entlarven. Möglicherweise hatten beide Moderatoren ihre politische Neutralität und Ausgewogenheit, die man von Ihnen als Journalisten zu Recht verlangt, im Kopf, sodass hier keine offensiveren Moderationsansätze zur Geltung kamen.

Lösel durfte nicht nur die erste Frage beantworten, sondern nach allen anderen Diskussionsteilnehmern die sich zum Themenkomplex geäußert hatten, noch mal abschließend das Wort ergreifen und auf deren Wortbeiträge reagieren. Dies nutzte der Amtsinhaber immer sehr geschickt, um auch verschiedene CSU-Mandatsträger wie Bürgermeister Albert Wittmann oder den Landtagsabgeordneten Alfred Grob positiv und lobend zu erwähnen. Auf eine inhaltliche Diskussion ließ sich Lösel kaum ein. Ich sage was wir getan haben und was ich tun werde, war sein erstes Credo. Weiter vermittelt er den Eindruck, die CSU habe grundsätzlich alles richtig gemacht.

Nicht unbedingt auf Augenhöhe ging Lösel mit seinen Mitbewerbern um. So musste sich der SPD-OB-Kandidat Dr. Christian Scharpf von Lösel anhören, dass er es ihm ja nachsehe, wenn er beim Thema Sportförderung nicht richtig liege. Dies gipfelte darin, dass Lösel meinte er erkläre es Scharpf einmal. Dieser hackte noch mal nach und vertrat seine Position. Leider wurde der Widerspruch zwischen Lösel und Scharpf hier nicht durch die Moderatoren aufgeklärt und aufgegriffen. Da wäre im Nachhinein ein Faktencheck wünschenswert. Dieser wäre auch beim Thema ÖPNV nötig gewesen, als Lösel in Erwiderung von Scharpf, doch tatsächlich die damalige SPD-Bundesregierung für die Verschlechterung im Ingolstädter Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) verantwortlich machte. Scharpf hielt dagegen, aufgeklärt wurde der Sachverhalt dann allerdings leider nicht.

Sehr viel Zeit und Raum beanspruchte für sich der OB-Kandidat von Grün-Links, der ihm durch die Moderatoren auch eingeräumt wurde. Die Anwesenden überzeugte Henry Okorafor mit seinen langatmigen wenig von Substanz geprägten Werbedurchsagen für Grün-Links allerdings nicht. Ging er vor der Diskussionsrunde noch mit sieben Wählerstimmen ins Rennen, konnte er nach Abschluss der Veranstaltung keine einzige Stimme mehr auf sich vereinen. Wer wissen will warum, der sollte sich das Video der Veranstaltung ansehen.

Erfrischend war da Christian Pauling, der OB-Kandidat der Ingolstädter Linken, welcher der Veranstaltung einen gewissen Schwung verlieh und bei den Jugendlichen punkten konnte. Dies auch oft deshalb, weil er nicht in den gängigen kommunalpolitischen Denk- und Verhaltensmustern verharrte.

Sowohl die Veranstaltung der Innenstadtfreunde, als auch die des Stadtjugendrings taten sich schwer mit der Vielzahl der Diskussionsteilnehmer. Bei zehn Kandidaten eine lebhafte und geordnete Diskussion in Gang zu bringen, dürfte fast unmöglich sein.

Positiv anzumerken ist, dass keiner der OB Kandidaten der Versuchung erlegen ist, die Mitbewerber persönlich anzugreifen und einen politischen „Showdown“ zu inszenieren. Bedauerlich ist es, dass es nicht gelungen ist, die deutlich erkennbaren politischen unterschiedlichen Ansätze und auch Gegensätze besser herauszuarbeiten und zu fokussieren.

Man darf gespannt sein, ob dies bei den noch ausstehenden Diskussionsveranstaltungen mit den OB-Kandidaten denn gelingen wird. Offen ist die Fragestellung, wie man den sogenannten Normalbürger zur Teilnahme an solchen politischen Veranstaltungen bewegen kann. Dies dürfte wohl möglich der Quadratur des Kreises gleichkommen, zumal man von Kommunalpolitikern, die sich ehrlich machen, hören kann, dass auch die sonstigen fast inflationären politischen Veranstaltungen überwiegend durch Parteigetreue besucht werden. Nun ja, auch die eigene Anhängerschaft will mobilisiert werden und diese Anhängerschaft hat bestimmt festgestellt, dass der eigene Kandidat, nebst OB-Kandidatin -so viel Zeit muss sein- auf beiden bisherigen Diskussionsveranstaltungen die beste „Figur“ gemacht hat …….

Zur Vollständigkeit sind hier die derzeitigen Ingolstädter OB-Bewerber namentlich alphabetisch benannt: Petra Kleine (Grüne), Jürgen Köhler (UDI), Raimund Köstler (ÖDP), Christian Lange (BGI), Christian Lösel (CSU), Henry Okorafor (GLI), Christian Pauling (Die Linke), Christian Scharpf (SPD),  Jakob Schäuble (FDP), und Hans Stachel (Freie Wähler).

OB- Testwahl Stadtjugendring 2019

(Quelle: Stadtjugendring)

OB- Testwahl Stadtjugendring 2013

Blau = Vor der Diskussion Rot = Nach der Diskussion

Quelle: Stadtjugendring

Wahlergebnis der OB-Wahl 2014

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