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Lösels Verantwortung für eine Industriebrache?

Christian Lösel (CSU) will ab März wieder Oberbürgermeister sein. Dies setzt voraus, dass der Münchener Stadtrat Oberbürgermeister Dr. Christian Scharpf am 23. Oktober zum Wirtschaftsreferenten der Landeshauptstadt wählt und Lösel selbst sich bei der CSU-internen Kandidatenkür gegen Mitbewerber Michael Kern durchsetzt.

Bei der Industriebrache aus der Überschrift geht es um das ehemalige Rietergelände IN-Quartier. Dort herrscht Stillstand. An dessen Zustand wird sich nach der Insolvenz des Investors Gerchgroup im günstigsten Fall bis 2040 voraussichtlich wenig ändern.

Für die Insolvenz der Gerchgroup kann Christian Lösel nichts. Es geht vielmehr um die Planungsausschusssitzung vom 4. Dezember 2018. Dort wurden damals politisch die Weichen gestellt. Laut Beschlussvorlage sollte ein Bauleitplanverfahren für das Rieter-Areal eingeleitet werden. Der Wohnanteil sollte Zweidrittel der Bruttogeschossfläche umfassen und dem Verfahren sollte ein Wettbewerb mit Bürgerbeteiligung vorgeschaltet werden. Über den Käufer des Rieter-Geländes hüllte sich Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle in Schweigen. Wörtlich bat sie, die Eigentümer im Augenblick außen vorzulassen. Den Namen Gerchgroup erfuhren die Stadträte erst am 20. Februar 2019 aus der Presse.

In dieser Sitzung sah die SPD-Fraktion das Gelände als an, für die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft (GWG). Es wurde nach der Möglichkeit der Ausübung des kommunalen Vorkaufsrechts gefragt. Außerdem wurde die ausschließliche Orientierung eines privaten Investors an einer hohen Rendite auf Kosten von bezahlbarem Wohnraum befürchtet. Dagegen waren sich der damalige Oberbürgermeister Lösel als auch CSU-Stadtrat Wöhrl einig, dass das Gelände dem freien Markt überlassen werden und ein Privatinvestor das Projekt abwickeln sollte. Letztlich stimmt der Ausschuss der Vorlage wegen des vorgelagerten Wettbewerbs zu. Sie waren froh, dass auf diesem Gelände endlich etwas vorwärtsgehen sollte.

Die Gerchgroup wurde 2016 gegründet. Ihr CEO Matthias Düsterdick hatte bereits Anfang der 1990-er Jahre bei Jürgen Schneider Immobilien als Geschäftsführer angeheuert und wurde unfreiwillig zum Sprachrohr der Konkursverwaltung im Zuge des „Schneider-Skandals“. Wie ein „Komet“ tauchte die Gerchgroup als Investor auf und sicherte sich mit dem Holsten-Gelände in Hamburg, dem alten Poliziepräsidium in Frankfurt am Main und im Juli 2017 das Peschl-Gelände in Passau bereits die dritte Projektentwicklung des jungen Unternehmens.

Es ist naheliegend, dass ein Oberbürgermeister seine Pressestelle beauftragt, diesen „Kometen“ auch in Hinblick auf Entwicklungspotentiale in seiner eigenen Stadt beobachten und durchleuchten zu lassen. Dabei müsste auch die Schlagzeile der Passauer Neuesten Presse vom 25. Juli 2017“ Peschl-Quartiere auf Eis gelegt!“, aufgefallen sein. Es gab Unstimmigkeiten mit dem Passauer Stadtrat bezüglich dessen Planungshoheit.

Diese Umstände sowie der Name des Käufers scheinen den Stadträten im Planungsausschuss am 4.12.2018 verschwiegen worden zu sein In der öffentlichen Haushaltssitzung des Stadtrates, wurde dieses Thema dann als 43. von 48 Tagesordnungspunkten mit dem Vermerk „Wie im Ausschuss“ einstimmig beschlossen. Mir stellt sich die Frage: Was wusste der Oberbürgermeister damals exklusiv? Welche Informationen schien er über die Gerchgroup zu haben? Insofern ist die Frage nach seiner Verantwortung für die Industriebrache bei IN Quartier bis frühestens 2040 berechtigt.

Robert Bechstädt, Ingolstadt.   

Hinweis der Redaktion: Bei dem im Leserbrief angesprochene Vorgang handelte es sich um einen Verkauf von privat an privat und nicht von der Stadt Ingolstadt an privat. Der Stadtrat der Stadt Ingolstadt war durch das Bauleitverfahren und den Bebauungsplan mit dem Thema befasst (siehe https://www.ingolstadt.de/sessionnet/vo0050.php?__kvonr=11890).

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