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Sensation bei der Kleinprovincia Gazette

In der idyllischen Stadt Kleinprovincia, wo sich die Welt noch in der wohlig-vertrauten Behäbigkeit eines beschaulichen Alltags dreht und wo der heilige Gral des Journalismus residiert: die Kleinprovincia Gazette. Das einzig wahre Medium, das die karge Einöde der provinziellen Nachrichtenwelt mit Weisheit und elitärem Charme durchflutet. Die Zeitung, die nicht nur informiert, sondern auch erzieht – oder auch gerne einmal belehrt.

Man erinnert sich in Kleinprovincia noch gut an den Feldzug der Redakteure Siggi Sorglos und Karl Kalauer gegen die geistige Verrohung in einem stadtbekannten Facebook-Forum und ihre Nutzer.

Doch halt! Was blitzt da am Horizont des digitalen Schlachtfeldes auf? Ein unerwarteter Twist im epischen Kampf gegen die „primitiven“ Facebook-Kommentatoren: Die Kleinprovincia Gazette ist jetzt selbst Teil dieser angeblichen Wortwüste der Ahnungslosen. Ja, Sie haben richtig gehört. Dieselbe Gazette, die noch gestern mit erhobenem Zeigefinger gegen den Admin des Forums wetterte, stürzt sich nun ins bunte Gewimmel der Laienmeinungen, als hätte es nie eine Abwertung gegeben. „Flexibilität“ für Klicks nennt man dies in der Chefetage der Kleinprovincia Gazette.

Man stelle sich die Szene vor: Da sitzt ein literarischer Feingeist in seiner Redaktionsstube und tippt nervös auf die Tasten. „Posten wir das jetzt wirklich da rein? In dieses … Forum?“, fragt er mit einem Hauch von Ekel in der Stimme, als würde er vorschlagen, die Gazette in einem Hühnerstall zu verteilen. Aber Not macht bekanntlich erfinderisch, und der Algorithmus kennt kein Pardon. „Wenn die Klicks nicht zu uns kommen, dann gehen wir eben zu den Klicks“, murmelt er und drückt entschlossen auf „Teilen“. Ein Redakteur, Hobbypsychologe und passionierter Diagnostiker, der bei Facebook-Nutzern gerne das Dunning-Kruger-Syndrom feststellt – also wenn Menschen mit geringem Wissen oder Können ihre Fähigkeiten überschätzen, weil ihnen das Verständnis für ihre eigenen Schwächen fehlt – nickt grimmig: „Wir müssen uns auf die Stufe der Unwissenden begeben, um sie zu erleuchten.“ Der Diagnostiker wird das Posten in dem besagten Facebook-Forum vermutlich als Selbstversuch in angewandter Sozialforschung verbuchen.

Ach, die Ironie! Die Gazette erstrahlt nun in den trüben Untiefen des viel gelesenen Facebook-Forums. Wo gestern noch geätzt wurde, dass die „gemeinen Leute“ dort „eine sprachliche Katastrophe“ anrichten, da lockt jetzt die eigene Überschrift.

Und die ehemaligen Kritiker? Nun, die haben offensichtlich die Herrschaft der Götter akzeptiert oder sind schlichtweg verwirrt von diesem plötzlichen Strategiewechsel. Wie der gallische Häuptling Abraracourcix einst sagte: „Die spinnen, die Römer.“ Und die Kleinprovincianer nicken weise.

Vielleicht ist das Ganze ja auch eine neue, raffinierte Methode der Gazette, die Meinungen der „niederen Massen“ zu infiltrieren und zu korrigieren. So eine Art intellektuelle Umerziehung durch Exposition. Die Gazette als digitale Missionierung, die den Weg zum besseren Wort weist. Aber eine Frage bleibt: Wer erzieht hier eigentlich, wen? Denn während die Kritiker aus der Kleinprovincia Gazette sich in der hohen Kunst der Facebook-Kommunikation üben, wird klar: So leicht ist das gar nicht. Auf einmal trifft man auf Nutzer, die ihre Meinung laut und direkt kundtun – ohne Rücksicht auf die journalistische Zierde der feinen Feder. Da kann einem schon mal der Schweiß auf der Stirn stehen, wenn das „gemeine Volk“ den Finger in die Wunde legt.

Die Pointe? Unsere wortgewaltigen Wächter der Kleinprovincia Gazette sind selbst ins Getümmel gestürzt, in das sie nie wollten.

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