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Lösel zu Stadttheater, Stadtverwaltung und Finanzen

Wie der Nachrichtenkanal O-T(h)öne bereits im Juli berichtete, hat Stadtrat Christian Lösel die Entscheidung getroffen, als Oberbürgermeisterkandidat für die CSU zur Verfügung zu stehen. O-T(h)öne führte am vergangenen Mittwoch ein langes und ausführliches Gespräch dazu mit dem Christsozialen. Heute lesen Sie den dritten Teil des Interviews. Da sich die Diskussion in Ingolstadt hauptsächlich um Personen und kaum um Inhalte dreht, soll der letzte Teil des Gesprächs, wie der vorherige, politische Sachthemen beleuchten.

O-T(h)öne: Ein großes Projekt ist die Renovierung des Stadttheaters und die Diskussion um ein Staatstheater in Ingolstadt. Was haben Sie dazu für Vorstellungen?

Christian Lösel: Horst Seehofer hat ja zu seinem 75. Geburtstag öffentlich die Vorstellung geäußert, dass das Stadttheater zum Staatstheater werden soll. Die SPD hat dieses Thema aufgegriffen. Und auch ich möchte mich dem anschließen. Auch, um zu zeigen: wir arbeiten im Stadtrat gemeinsam an Themen. Es ist nicht ein Hauen und Stechen, sondern es ist eine gemeinsame Zusammenarbeit. Wir müssen gemeinsam schauen, dass das Stadttheater zum Staatstheater wird. Wir wollen dazu mit der Bayerischen Landesregierung ins Gespräch gehen. Und zwar deswegen, weil es auf der einen Seite das Stadttheater adelt, ihm mehr Möglichkeiten gibt, aber gleichzeitig auch die Kommune finanziell entlastet. Ein Staatstheater wird nämlich stärker vom Freistaat bezuschusst.

O-T(h)öne: Ingolstadt schielt derzeit beim Klinikum und beim Staatstheater Richtung Freistaat, der die Stadt entlasten soll. Das sind schöne politische Luftballons, die man steigen lassen kann. Wie realistisch ist es denn tatsächlich, dass der Freistaat Bayern die Stadt unterstützt?

Christian Lösel: Die Bayerische Landesregierung hat uns als Stadt Ingolstadt zu einem Oberzentrum gemacht. Solche Oberzentren haben und brauchen zentrale Einrichtungen. Große Kliniken, Staatstheater, Universitäten und Regierungssitze. Den Regierungssitz der Regierung von Oberbayern beispielsweise, der 2019 zur Debatte stand, den haben wir ja ebenfalls erhalten. Ich habe mich damals sehr stark dafür gegenüber der Regierungspräsidentin und dem bayerischen Innenminister Joachim Herrmann eingesetzt.

Eine Bayerische Landesregierung hat also gegenüber einer Stadt wie Ingolstadt, die so dynamisch wächst, eine gewisse Pflicht, sie zum Wohle der Bürger weiterzuentwickeln. Dies muss gemeinsam mit dem Stadtrat, gemeinsam mit der Stadtgesellschaft und dem Oberbürgermeister geschehen.

O-T(h)öne: Ist das nicht das Prinzip Hoffnung, was Sie gerade beschreiben?

Christian Lösel: Ja, aber das Prinzip Hoffnung möchte ich mit Beispielen untermauern. 2014, als ich Oberbürgermeister wurde, war unsere Hoffnung, einen dritten Bahnhalt in Ingolstadt zu bekommen. Das hat damals keiner geglaubt. Da musste man sich auch hinstellen. Es war schließlich Horst Seehofer als Ministerpräsident, der damals dann gemeinsam mit Verkehrsminister Joachim Herrmann den gordischen Knoten durchgeschlagen hat. Horst Seehofer hat gesagt, dass das Ansinnen richtig ist. Übrigens: Die Audi-Vertreter im Stadtrat, Klaus Mittermaier und Jörg Schlagbauer, haben sich bei Audi ebenfalls dafür eingesetzt. Genauso wie die Werksleitung und die Konzernführung. Im gemeinsamen Miteinander – Audi, Gewerkschaften, Stadt Ingolstadt, die Bahn, der Freistaat Bayern – haben wir es schließlich hinbekommen. Einen Bahnhalt zu bekommen, ist ein Sechser im Lotto. Üblicherweise werden Bahnhalte und die gesamte Schieneninfrastruktur eher zurückgebaut. Wenn man also als Stadt einen weiteren Bahnhalt bekommt, ist dies etwas, wo wir getrost sagen können, dass wir bei der Bayerischen Staatsregierung durchaus Gehör finden.

Wir hätten das, wie viele andere Themen, so zum Beispiel auch die Öffnung des Feldkirchener Tores, ohne das Zutun von Ministerpräsident Horst Seehofer nicht geschafft. Die Öffnung war damals zwar meine Überlegung, um das Schloss aufzuwerten und den Eingang zum Armeemuseum in den Torbogen zu verlegen. Aber hinbekommen haben wir das damals nur gemeinsam mit der Staatsregierung. Und genauso im gemeinsamen Schulterschluss muss man das beim Theater machen. Es gibt diverse Beispiele für eine solche Zusammenarbeit mit der dem Land und dem Bund. Es ist also natürlich immer Hoffnung, die mitschwingt. Aber eigentlich ist es ein Wunsch, der nicht unangemessen ist.

O-T(h)öne: In der Stadtgesellschaft herrscht teilweise große Unzufriedenheit mit der Art und Weise, wie die Stadtverwaltung agiert und reagiert. Dies nicht als Kritik an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sondern in Bezug auf die Zeitschiene bei den Dienstleistungen der Verwaltung. Was sind Ihre Lösungsansätze dazu?

Christian Lösel: Die Lösung ist die gleiche, wie auch in der Industrie. Wir müssen die Automatisierung hinbekommen. Das entlastet die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung. Auch diese wollen keine unendlichen Aktenberge haben, die immer noch höher werden. Gleichzeitig tobt der Fachkräftemangel auch in der Verwaltung. Deswegen muss man schauen, dass man die Automatisierung, das heißt, das 24-Stunden-7-Tage-Rathaus, hinbekommt. Das bedeutet, ein Bürger, der ein Standard-Anliegen hat, muss dieses möglichst selbstständig einreichen und bearbeiten können; durch Eingabemasken im Internet. Ich mache ein Beispiel: Sie können heutzutage ein Konto in ganz Deutschland und im Ausland, eröffnen. Ohne dass sie sich vom Fleck bewegen. Dies geht mit einem Videoverifikationsverfahren in kürzester Zeit. Es kommen jetzt Gesetze in Deutschland, die diese Identifikationsmöglichkeiten auch für Verwaltungsdienstleistungen schaffen. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass der Bürger auf den Internetportalen der Stadt Ingolstadt seine Dinge selbst und schnell erledigen kann, möglichst hochautomatisiert. Das heißt, Warten auf einen Termin kann nicht die Zukunft sein. Wir müssen schauen, dass der Bürger dies selbst machen kann, 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche.

O-T(h)öne: Ein ganz aktuelles Thema ist die innere Sicherheit, da geht es auch viel um gefühlte Sicherheit. Was ist Ihr Lösungsansatz, um die gefühlte Sicherheit zu verbessern?

Christian Lösel: Dieses Thema ansprechen. Und zwar angemessen ansprechen. Ohne jemanden zu verletzen. Aber eben die Themen ansprechen und sie lösen. Ich teile die Auffassung des Bayerischen Landkreistages, der in einer Pressemeldung die Bundesregierung aufgefordert hat, hier stärker tätig zu werden, weil die Kommunen es nicht mehr schaffen. Wir müssen das Thema ansprechen und die Probleme der Leute wahrnehmen. Sie ernst nehmen.

Das haben wir in der Flüchtlingskrise 2015 und 2016 in der Stadt sehr gut hinbekommen. Wir haben damals die Probleme benannt und mit den Bürgerinnen und Bürgern gemeinsam nach kommunalen Lösungen gesucht. Wir haben große Bürgerversammlungen durchgeführt, wir haben uns vor Ort die Sachen angeschaut und Probleme abgearbeitet. Die Stärkung der Sicherheitswacht, ein Polizeithema, ist ein Lösungsansatz bei der gefühlten Sicherheit.

Die Kommune kann auch selbst tätig werden, durch die Stärkung des kommunalen Ordnungsdienstes. Ich denke da auch an das Thema der Busse, mit flexibleren Halten zwischen den Haltestellen in der Nacht, um Jugendliche näher am Wohnort rauszulassen. Ich bin Vater von zwei Töchtern im Alter von 14 und 16 Jahren. Ich kenne unsere Fahrten als Elterntaxi nachts um 12 oder 2 Uhr, um die Töchter von unterschiedlichen Veranstaltungen bei Freunden abzuholen. Und lässt man die nachts überall gehen? Nein, lässt man nicht, weil man einfach ein ungutes Gefühl hat.

Mehr Licht auf bestimmten Wegen und Kameraüberwachung bei großen Veranstaltungen sind weitere Lösungsansätze. Ich weiß, durch die Videoaufzeichnung wird nichts verhindert. Aber es ist eine passive Sicherheit, denn es dient der Aufklärung und Abschreckung.

Es braucht beim Thema Sicherheit die sorgende Kommune, die umsorgende Kommune. Wahlergebnisse wie in Thüringen und Sachsen machen doch klar, wenn man die Dinge nicht anspricht und sie nicht abarbeitet, dann stärkt das nur die Ränder der Parteien.

O-T(h)öne: Eine abschließende Frage zu den Sachthemen. Ob es das Klinikum ist, die Verbesserung der Pflegesituation, das notwendige Neubauprogramm, die Renovierung des Stadttheaters, die Digitalisierung oder Maßnahmen, die gefühlte Sicherheit zu verbessern, dies alles kostet enorm viel Geld. Gleichzeitig hat die Stadt Ingolstadt über längere Zeit schon eine schwierigere Finanzsituation, wie noch nie. Es ist dramatischer als damals bei Bürgermeister Hans Amler, der von Blut, Schweiß und Tränen bei der Haushaltsaufstellung sprach. Ein Lichtstreif am Horizont ist derzeit nicht erkennbar. Wie kann man die ganzen in unserem Gespräch aufgezeigten Probleme lösen, wenn ich nur die Millionen Euro anschaue, die ins Stadttheater fließen müssen, oder die Millionen Euro, die für den Betrieb des Klinikums und dessen Sanierung aufgebracht werden müssen? Wo sind hier Ihre Lösungsansätze?

Christian Lösel: Ich fange mit den Gewerbesteuereinnahmen an. Die Gewerbesteuereinnahmen in den letzten vier Jahren waren auf hohem Niveau. So hoch, wie im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2020. Wir haben also zunächst mal bis heute noch kein Gewerbesteuerproblem.

O-T(h)öne: Die Stadt hat aber ein Ausgabenproblem.


Christian Lösel:
Ja, wir haben ein Ausgabenproblem! Und das Ausgabenproblem ist insbesondere im Verwaltungshaushalt. Der Verwaltungshaushalt, das sind die laufenden Einnahmen und die laufenden Ausgaben der Stadtverwaltung. Der Verwaltungshaushalt ist derzeit nicht einfach auszugleichen. Deswegen hat der Stadtrat auch ein großes Sparprogramm auf den Weg gebracht. Übrigens, wie Sie es richtig angesprochen haben, das größte Sparprogramm, glaube ich zumindest, in der Geschichtszeit, die ich in Ingolstadt überblicken kann.

O-T(h)öne: Von dem Sparprogramm ist aber die Hälfte schon wieder ausgegeben, von dem, was gespart werden soll?

Christian Lösel: Wie man jetzt in den Stadtratsunterlagen im Juli gelesen hat, hat der Planungsausschuss die Hälfte der Einsparungen schon wieder als zusätzliche Projekte mit zusätzlichem Finanzbedarf beschlossen. Und das, wo überhaupt noch nichts von der Einsparung gegriffen hat. Also insofern ist die Situation sicherlich eine Herausforderung. Es herrscht ein Ausgabenproblem und wir müssen schauen, dass der Verwaltungshaushalt wieder ausgeglichen wird. Das heißt, wir dürfen nicht mehr ausgeben als das, was wir einnehmen. Und es gibt schon noch Ansätze, wo man was machen. Bei bestimmten Sachausgaben und Ausstattungsausgaben beispielsweise. Ich sage ausdrücklich, wir müssen alles tun, damit es keine Steuererhöhungen gibt. Man kann dem Bürger nicht erklären, dass er Steuererhöhungen bei der Grund- und Gewerbesteuer hinnehmen muss, solange wir den Verwaltungshaushalt selber noch nicht vollständig ausgeglichen haben. Das ist die erste Aufgabe, die die Kommunalpolitik hat. Sie muss als allererstes ihre eigenen Hausaufgaben machen. Das hat der Stadtrat auch gemacht, und es war auch sehr gut, wie es gelaufen ist. Es sind aber, wie ausgeführt, gleich in der nächsten Sitzung wieder neue Ausgaben beschlossen worden, sodass die Sparmaßnahmen wohl immer noch nicht reichen. Es fehlen offensichtlich noch einmal 30 Millionen Euro.

O-T(h)öne: Ich hätte jetzt die Bitte, dass Sie Sätze, die ich beginne, spontan ergänzen.

Von Horst Seehofer habe ich gelernt…:

Christian Lösel: Dinge in aller Ruhe anzusprechen und für die eigenen Positionen in der Gesellschaft zu werben, dabei aber auch andere Meinungen durchaus gelten zu lassen.

An Oberbürgermeister Christian Scharpf schätze ich…:

Christian Lösel: Dass er den Stadtrat so ruhig führt und dass er keine Wolkenkuckucksheime gebaut hat.

Stadtrat Christian Lange ist für mich…


Christian Lösel:
Ein Stadtratskollege, der in der Vergangenheit wohl der Meinung war, dass man durch lautes Auftreten besonders viele Stimmen kriegt.

Dass versucht wird, von mehreren Parteien und politischen Gruppierungen einen gemeinsamen OB-Kandidaten aufzustellen, um einen Oberbürgermeister der CSU zu verhindern …

Christian Lösel: Ist ein Thema, womit die linken Parteien, die Linke, die SPD, Grüne und die Splittergruppen meinen, dass sie gemeinsam besonders stark sind. Dabei verwaschen ihre eigenen Grenzen und Profile. Die Linken, die Grünen, die SPDund auch die FDP, wie man jetzt lesen konnte, haben doch eine deutlich trennende Programmatik, trennende Sachthemen. Wie man das unter einen Hut bringen möchte, in einer einzigen Person, und nach dem OB Wahlkampf wenige Monate später einen Stadtratswahlkampf führen will, dann aber die Chance vergeben hat, eine eigene Person bekannt zu machen, ist ein politisches Experiment.

Dass bisher keine Oberbürgermeisterkandidatin in Sicht ist…

Christian Lösel: Ist sehr bedauerlich. Beispielsweise Gabriele Bauer aus Rosenheim, Ex-Oberbürgermeisterin in Rosenheim, ist eine sehr fähige Frau. Ich habe auf den Städtetagsempfängen, wo ich immer wieder auf sie getroffen bin und mit ihr geredet habe, nur beste Erfahrungen mit ihr gehabt. Da müssen wirklich alle Parteien daran arbeiten. Vielleicht gelingt es den Grünen ja jetzt, eine Oberbürgermeisterkandidatin aufzustellen.


Das Stimmungstief der deutschen Automobilindustrie hat für Ingolstadt …

Christian Lösel: Den Effekt, dass es die größte Herausforderung der nächsten Jahre sein dürfte. Die deutsche Automobilindustrie ist unsere Leitindustrie in Deutschland. Sie stellt jeden sechsten Arbeitsplatz und trägt unmittelbar zur Wertschöpfung und damit zum Wohlstand für die gesamte deutsche Bevölkerung bei. Ich bin dem Ingolstädter Mittelstand ausgesprochen dankbar, dass er sich so stabil und solide um Ausbildungsplätze und um Arbeitsplätze kümmert und dabei auch die volle Unterstützung von uns genießen muss. Der Ingolstädter Mittelstand ist unser Schatzkästchen. Er ist unser Rückgrat. Wir schätzen die Ingolstädter Mittelständler und wir schätzen die Mittelständler in der Region. Sie sind willkommen und wir sind jederzeit auch deren Ansprechpartner. Aber Industriearbeitsplätze ersetzt man nicht so einfach in großer Zahl.

Quelle: Eigene Berichterstattung.

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