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Stadtrat Meyer: „Es ging ihm stets um sich selbst“

Als ich auf O-T(h)öne gelesen habe, dass der Kreisvorstand der Jungen Union Ingolstadt die Zusammenarbeit mit seinem Stadtrat Markus Mayer (Junge Liste) mit sofortiger Wirkung beendet, war ich alles andere als überrascht. Vielmehr war ich darüber verwundert, dass es so lange gedauert hat, bis sie zu dieser Erkenntnis gekommen sind.

Ich kenne Meyer schon lange. Erstmals machte ich seine Bekanntschaft 2008 im Bezirksausschuss VI West, dem wir beide damals angehörten. Er ist ein smarter Typ und verstand schon damals, wie er sich selbst inszenieren konnte. Meyer wusste immer, wer ihm und seiner politischen Karriere nützlich sein konnte. Deshalb fand man ihn auch lange im Fahrwasser des langjährigen und einflussreichen Vorsitzenden des CSU-Ortsverbandes West, Hans-Jürgen Binner. Dies war mit Sicherheit für ihn kein Nachteil, als er ziemlich schnell zunächst zum Vorsitzenden der JU West und später bald auch zum Vorsitzenden der JU Ingolstadt aufstieg.

In dieser Funktion hatte er dann den Zugriff auf den aussichtsreichen JU-Platz für die Kommunalwahl 2014 auf der Liste der CSU. Da er bereits vorher als junges Gesicht der Ingolstädter CSU als zwar aussichtsloser Listenkandidat für die Landtagswahl 2013 auf allen Plakaten präsent war, zog er im Mai 2014 zusammen mit mir in den Ingolstädter Stadtrat ein. Dort fiel er anders als vorher im Bezirksausschuss, wo er sich federführend für die Gerolfinger Beachvolleyballanlage eingesetzt hatte, kaum durch großartige Anträge und Initiativen auf.

Da man bei der Ingolstädter CSU den attraktiven JU-Platz auf der Stadtratsliste in seinem Leben bislang nur ein einziges Mal bekommen konnte, musste er angesichts der gängigen CSU-Arithmetik bei der Aufstellung einer Stadtratsliste befürchten, dass er auf Platz 25 oder schlechter platziert werden würde. Für die ersten zwölf Kandidaten, welche der Kreisverband setzt, kam er nicht infrage. Den aussichtsreichen Ortsverbandsplatz des Ortsverbandes West bekam Hans Achhammer mit Platz 13 als dem ersten der 12 Ortsverbandplätze.

So kam es ihm zugute, dass er für die Kommunalwahl 2020 als immer noch JU Vorsitzender, wenn auch inzwischen im reiferen JU-Alter auf der Jungen Liste – viele hielten dies damals für eine Tarnliste der CSU – erneut aussichtsreich für den Stadtrat kandidieren konnte. Zusammen mit Veronika Hagn zog er über die Junge Liste im Jahr 2020 erneut in den Stadtrat ein.

Wenn ihm der Kreisverband der Jungen Union Ingolstadt jetzt vorwirft, dass er seit der Kommunalwahl 2020 die Junge Union zu keinem Zeitpunkt in sein politisches Handeln eingebunden hatte und inhaltliche und terminliche Absprachen mit der JU von ihm zu keiner Zeit mehr eingehalten wurden, so entspricht dies auch dem Vorwurf, der von vielen Gerolfingern kommt. Dort hat er sich seit seiner Wahl in den Stadtrat bei Veranstaltungen nur sehr selten blicken lassen. Die Gerolfinger wollen Stadträte „zum Anfassen“.

Mit inzwischen 36 Jahren ist er dem JU-Alter ohnehin entwachsen. Er braucht sie also nicht mehr oder um es mit Friedrich Schiller auszudrücken: “Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen“! Um seine Wiederwahl in den Stadtrat braucht ihm trotzdem nicht bange sein, denn erst vergangenes Jahr wurde er als Nachfolger seines Mentors Hans-Jürgen Binner zum Vorsitzenden des CSU-Ortsverbandes West gewählt. Binner trat nach 32 Jahren Vorsitz ab und Meyer hat, falls er nicht zu den zwölf gesetzten Stadtratskandidaten des CSU-Kreisverbandes gehört, als Ortsverbandsvorsitzender gute Chancen von Platz 13 oder 14 der CSU–Liste in den Stadtrat wiedergewählt zu werden. So bedeutend ist innerhalb der Ingolstädter CSU der Ortsverband West.

Markus Meyer ging es bei all seinem politischen Handeln stets um sich selbst und um seine eigene politische Karriere.

Robert Bechstädt, Ingolstadt, Stadtrat von 2014 bis 2020 (Liste der SPD)

Anmerkung der Redaktion: O-T(h)öne: Leserbriefe geben die Meinung des Verfassers wieder, nicht die der Redaktion. Die Verantwortung für den Inhalt eines Leserbriefes trägt allein der Verfasser. Anonyme Briefe werden nicht veröffentlicht. Leserbriefe müssen den Vor- und Nachnamen sowie eine Adresse beinhalten. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor.

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