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Christian Lösel (CSU) zur möglichen OB-Kandidatur

Wie der Nachrichtenkanal O-T(h)öne bereits im Juli berichtete, hat Stadtrat Christian Lösel die Entscheidung getroffen, als Oberbürgermeisterkandidat für die CSU zur Verfügung zu stehen. O-T(h)öne führte heute ein langes und ausführliches Gespräch dazu mit dem Christsozialen.

O-T(h)öne: Ich möchte einen Blick zurückwerfen. Sie haben eine Oberbürgermeisterwahl verloren. Wie schmerzhaft war dies für den Menschen Christian Lösel?

Christian Lösel: Wahlen zu verlieren ist natürlich nie lustig und man macht sich natürlich schon Gedanken, warum die Wahl verloren gegangen ist und was dazu geführt hat, aber man sieht dann, dass die Donau weiterfließt und es auch andere Möglichkeiten des Einsatzes gibt.

O-T(h)öne: Was waren für Sie die Erkenntnisse aus der verlorenen Wahl?

Christian Lösel: Ich glaube, dass damals die Stimmung auch aufgrund des Klinikum-Themas sehr schwierig war im Stadtrat, dass es dabei uns allen, aber auch mir, nicht gelungen ist, die Stimmung damals zu drehen und die Gemeinsamkeiten im Stadtrat voranzustellen. Das hat dann dazu geführt, dass die Stimmung in der Bevölkerung sich an die Stimmung im Stadtrat angepasst hat und das dürfte dann auch zur Abwahl geführt haben.

O-T(h)öne: Hand aufs Herz, haben Sie Fehler gemacht als Oberbürgermeister?

Christian Lösel: Ich glaube, in keinem Beruf, in keinem Amt gibt es jemanden, der keine Fehler macht, und auch ich habe Fehler gemacht, Dinge, die ich heute so nicht mehr machen würde. Ich bin jetzt bald 50 Jahre alt und habe auch ein paar Jahre Abstand halten können von der unmittelbaren Politik im Rathaus und insofern, ja, auch ich habe Fehler gemacht, auch wenn sicherlich sehr, viele Dinge sehr gut gelaufen sind.

O-T(h)öne: Was für Fehler haben Sie gemacht?

Christian Lösel: Ich denke, dass man den Stadtrat und die gesellschaftlichen Gruppen stärker einbinden muss, dass man länger zuhören und weniger im Rathaus für die Themen der Stadt arbeiten muss. Man muss viel mehr auf die Bevölkerung zugehen, mehr draußen sein und die gesellschaftlichen Gruppen mitnehmen. Ferner im Stadtrat auch ausgleichend wirken.

O-T(h)öne: Warum stehen Sie jetzt als Oberbürgermeisterkandidat für die CSU zur Verfügung?

Christian Lösel: Ich wurde sehr intensiv in den letzten Monaten, nachdem ich gesagt habe, dass ich 2026 zur Stadtratswahl nicht mehr antrete, ins Gebet genommen. Viele Fraktionsmitglieder, Parteimitglieder, viele Bürger der Stadt Ingolstadt haben mich gebeten, wieder anzutreten. Dann gab es einen Artikel im DONAUKURIER, der potenzielle OB-Kandidaten dargestellt hat. Daraufhin bin ich, egal wo ich gegangen und gestanden bin, von Behördenvertretern, von Unternehmen, von Parteimitgliedern, von der Bevölkerung in der Fußgängerzone, im Westpark angesprochen worden, ich möge doch bitte wieder kandidieren. Ich habe sehr lange mit mir gerungen, ob das der richtige Weg ist.

O-T(h)öne: Parteisoldat Christian Lösel?

Christian Lösel: Ich glaube, das Dienen für die Gesellschaft, das Dienen für die Bevölkerung liegt mir schon. Ich habe mein Amt als Oberbürgermeister sehr gerne ausgeübt, ich habe viele Themen zusammen mit dem Stadtrat, mit unterschiedlichen Gruppierungen in der Gesellschaft auch vorangebracht. Ich denke an IN-Campus, den Audi-Bahnhalt, das Georgianum, Kavalier Dalwigk, die Sonderbauprogramme für den sozialen Wohnungsbau, die Entwicklungen im Bereich der Innenstadt oder die Sanierung der Fußgängerzone. Mir hat es sehr viel Spaß gemacht und ja, ich kann mir vorstellen, wieder für die Bevölkerung zu dienen als Oberbürgermeister.

O-T(h)öne: Wann ist denn die Entscheidung bei Ihnen persönlich gefallen? Da muss man sich vermutlich zuerst mit der Familie abstimmen. Wenn ich Sie im letzten Jahr in Gesprächen erlebt habe, dachte ich, für Christian Lösel ist Politik erledigt, der kandidiert weder als Oberbürgermeister noch als Stadtrat. Wann war der Zeitpunkt, dass Sie gesagt haben, ja, ich mache es?

Christian Lösel: Es ist richtig, so wie Sie es beschreiben, es ist ein sehr intensiver Prozess, wo man sich mit seiner Familie, der Ehefrau, genauso wie natürlich mit den Kindern, die ja schulpflichtig sind und alles mitbekommen, bespricht. Gespräche habe ich auch mit vielen Freundinnen und Freunden, mit Leuten innerhalb und außerhalb der Partei und Behördenvertretern geführt, unter anderem, weil ich auf die OB-Kandidatur angesprochen worden bin. Die letztendliche Entscheidung ist in den Tagen, vor dem sehr breit angelegten basisdemokratischen Prozess in der CSU gefallen, der diesmal einzigartig ist und das erste Mal auch so breit alle Parteimitglieder mitnimmt. In den Tagen davor saß ich mit Freunden in der CSU zusammen und wir haben noch einmal alle Für und Wider diskutiert. Ich habe dann gesagt, sollte ich gefragt werden, würde ich mich als Kandidat innerhalb der CSU aufstellen lassen.

O-T(h)öne: Sie sind ja auch dann gefragt worden in der Sitzung des erweiterten Vorstandes, so wie ich das aus dem Kreis der CSU erfahren habe. Sie haben sich nicht selbst das Personaltableau gesetzt.

Christian Lösel: Ich habe ja schon gesagt, das war der DONAUKURIER mit seinem Artikel, wo er die Namen gespielt hat, was dann automatisch zu einer Welle in der Gesellschaft geführt hat, wo viele Leute mich, die mich vielleicht sonst gar nicht angesprochen hätten, angerufen haben, angeschrieben haben über die sozialen Medien, aber auch Mails kontaktiert haben. Es ist so, man wird gebeten und die Leute sagen, kannst du das nicht wieder machen, wir bräuchten hier dies, wir bräuchten hier jenes, wir bräuchten jemanden, der sich für uns einsetzt, der seine Stimme für uns aus der Gesellschaft erhebt und unsere Themen auch abarbeitet und einfach auch dranbleibt. Ich glaube, ich bin dafür bekannt, dass ich Themen durchaus auch umsetzen kann, und ich denke auch, dass deswegen natürlich die Leute auch die Themen mit meinem Namen wieder in Verbindung gebracht haben und dann gesagt haben, bitte mach’s.

O-T(h)öne: Diese Bereitschaft zu kandidieren hat ja dann im politischen Ingolstadt etwas ausgelöst. Das war teilweise sehr erstaunlich, was man dann hören und lesen konnte. Ich gehe mal auf zwei jüngste Äußerungen ein, die es gegeben hat. Wenn man die Aussagen der Stadträte Schäuble und Ettinger von der FDP liest oder von Stadtrat Lange, jetzt UWG, der gesagt hat, Ihr Comeback als Oberbürgermeister wäre eine Katastrophe für den Stadtrat. Eine Unmöglichkeit. Er hat nicht gesagt, eine Katastrophe für die Stadt Ingolstadt. Ich interpretiere die Aussagen von den genannten Stadtratsmitgliedern so: Christian Lösel, ist das personifizierte Böse für viele Stadtratsmitglieder. Was sagen Sie dazu und wie gehen Sie mit derartigen Angriffen um, die ja nicht nur politisch, sondern auch sehr persönlich sind?

Christian Lösel: Ich bin viele Jahre älter geworden und ruhe in mir und bin auch jemand, der sachliche Kritik, auch wenn sie etwas lautstark hervorgebracht wird, durchaus ernst nehme und mir dann auch zu eigen mache und die natürlich reflektiere. Es ist wichtig für mich, dass es solche Kritik gibt, die gibt es übrigens an jedermann, und ich denke, nicht jeder kann damit so gut umgehen wie ich, aber da bin ich als ehemaliger Oberbürgermeister auch geübt darin. Sachlich vorgebrachte Kritik reflektiere ich und ja, es gibt Dinge, die dort so, wenn sie so gesagt werden, auch durchaus stimmen.

Ich war sehr dynamisch als Oberbürgermeister, habe versucht, viele Themen auch aufgrund der Bedarfe der Bevölkerung, Schulbauten, Gewerbegrundstücke, Wohnungsbauten, damals vorangetrieben, um eine Mangelsituation in allen Bereichen zu verhindern. Dabei ist es mir nicht gelungen, jeden mitzunehmen, auch im Stadtrat. Dadurch, dass die Klinikum-Affäre gekommen ist, waren die Fronten im Stadtrat verhärtet.

Manche im Stadtrat sind ja auch nicht auf mich zugegangen und haben das, was sie mir vorwerfen, vielleicht auch selbst nicht gemacht. Um das auch klar zu sagen, es geht ja jetzt um mich und ich nehme das wahr. Ein Christian Lösel, der jetzt fast 50 ist, ist anders als ein Christian Lösel unter 40. Sehr viel reflektierender und überlegender.

Mein Wunsch und mein Ziel sind es, mehr einzubinden und mitzunehmen. Ich sage auch, das ist Oberbürgermeister Scharpf sehr gut gelungen. Er hat den Stadtrat mehr eingebunden, mehr mitgenommen. Das muss man machen. Auch wir werden in Zukunft darauf achten müssen, die Gesellschaft in der Breite, alle gesellschaftlichen Gruppen in der Breite, den Stadtrat in der Breite mitzunehmen, einzubinden und eben die Prozesse mitsteuern zu lassen.

Ich möchte es vielleicht mal so sagen, was eigentlich alle so ein wenig erzählen, es müsste heute dynamischer sein, aber gleichzeitig soll es eben sozusagen so eine breite Stadtratsbewegung geben. Ich möchte das auf einen Punkt zusammenfassen, so ein bisschen wie Christian Lösel in der Vergangenheit, aber auch wie Christian Scharpf. Eine Mischung aus dem damaligen Oberbürgermeister Lösel und dem jetzigen Oberbürgermeister Scharpf wäre das, was der Stadt guttun und was uns helfen würde. Die Herausforderungen werden nicht kleiner. Ich denke dabei an die Wirtschaft und den Wohnungsbau. Diese Herausforderungen müssen wir gemeinsam abarbeiten.

O-T(h)öne: Angenommen, Sie würden zum Oberbürgermeister gewählt und am 1. März 2025 das Amt antreten, und es würde sich bei der Stadtratswahl 2026 ergeben, dass die CSU mit einem weiteren „Koalitionspartner“ eine Mehrheit im Stadtrat hätte, so wie sie damals mit den FREIEN WÄHLERN, was würden Sie als Oberbürgermeister dann anders machen als früher?

Christian Lösel: Die Dreiparteien-Konstellation, die Oberbürgermeister Scharpf nach der Wahl gemacht hat, die ist gut. Dies unabhängig von den Parteien, aber es ist gut, den Stadtrat breit aufzustellen und sozusagen hier breite Gruppen im Stadtrat einzubinden. Gleichzeitig ist es gut, den Ältestenrat regelmäßig zu informieren, damit auch alle kleineren Stadtratsgruppierungen eingebunden sind. Das ist ein Muster für die Zukunft. Es wird dann ebenfalls schwierige Entscheidungen geben. Da werden Stadtratsmitglieder auch unterschiedlich abstimmen. Das haben wir ja auch erlebt, dass unterschiedliche Parteien im Stadtrat nicht geschlossen abgestimmt haben. Schwierige Herausforderungen hat es auch jetzt gegeben. Es gab auch jetzt 50-50-Entscheidungen, die mal verloren gegangen sind für das Rathaus, mal gewonnen worden sind.

O-T(h)öne: Ist das nicht normal? Ist das nicht Demokratie und Spiegelbild der Gesellschaft? Wenn ich die Stadtbevölkerung anschaue, wird es zu Themen, die im Stadtrat abgestimmt werden, wenn die Bürgerschaft direkt abstimmen könnte, vermutlich selten ein einstimmiger Beschluss herauskommen.

Christian Lösel: Man muss wissen, etwa 97 Prozent aller Stadtratsbeschlüsse sind fast einstimmig gefasst worden. Die drei Prozent, wo es etwas haariger wird, muss man versuchen auszugleichen. Das ist eigentlich das, was ich sagen möchte. Man muss versuchen, auszugleichen. Auch jetzt hat Oberbürgermeister Scharpf 50-50-Prozent-Entscheidungen. Also, wo es ganz, ganz knapp um eine Stimme hin- oder hergegangen ist. Scharpf zählt in letzter Zeit auch häufiger die Stimmen aus im Stadtrat.

In München gibt es die klare, harte Koalition aus Rot-Grün und die ist auch nicht zur hellen Begeisterung aller anderen Parteien im Stadtrat, sondern Rot-Grün setzt in München geschlossen durch, gegen die Interessen von anderen. Aber noch einmal, ich glaube, das Ziel muss sein, dass solche Sachen gar nicht so hart an die Kante kommen. Deswegen ist es wichtig, vielleicht auch gelegentlich mal eher einen Schritt zurückzugehen. Diese Einstellung ist auch meiner Weiterentwicklung geschuldet. Mit fast 50 sage ich: Führen ja, Dynamik ja, aber wirklich die Leute einbinden, mitnehmen und versuchen, auszugleichen.

O-T(h)öne: Der nächsten Frage möchte ich eine These voranstellen. Es herrscht eine große Politik- und Politikerverdrossenheit in der Gesellschaft, was sich auch in den aktuellen Wahlergebnissen in Thüringen und Sachsen widergespiegelt hat. Ursächlich dafür ist auch, dass nicht genügend Transparenz von politischen Entscheidungen gegenüber der Bevölkerung vorhanden ist. Was würden Sie als Oberbürgermeister, in Hinblick auf diese These, beim Thema Transparenz anders machen?

Christian Lösel: Ich möchte regelmäßig die Notwendigkeit der Nichtöffentlichkeit von Beschlüssen durch den Rechnungsprüfungsausschuss hinterfragen lassen und dieses Ergebnis auch öffentlich machen. Der Rechnungsprüfungsausschuss als Prüfgremium des Stadtrats, also nicht des Oberbürgermeisters. Dies als regelmäßige Routine ein. Es soll geprüft werden, musste ein Beschluss wirklich in der Nichtöffentlichkeit fallen. Es gab auch in der Vergangenheit, etwa die Vergabe der Studie zur NS-Vergangenheit in Ingolstadt, nichtöffentliche Beschlüsse, die öffentlich hätten gefasst werden können. Ich bin überzeugt, dass mehr Öffentlichkeit notwendig ist.

O-T(h)öne: Ist in den Beteiligungsunternehmen der Stadt nicht auch mehr Öffentlichkeit und Transparenz notwendig?

Christian Lösel: Ich denke, dass das Gleiche, die Frage der Öffentlichkeit und Nichtöffentlichkeit, ist ja juristisch leicht zu klären. Und das gilt für den Stadtrat, wie für alle Untergremien, also auch die Ausschüsse, genauso wie für die Tochtergesellschaften. Eine Tochtergesellschaft, die zu 100 Prozent der Stadt gehört, ist nicht anders als eine ausgelagerte Abteilung der Stadtverwaltung. Der Werkeausschuss war früher das Gremium, was heutzutage der Aufsichtsrat der Ingolstädter Kommunalbetriebe ist. Es gibt in den Tochtergesellschaften genauso wenig Gründe, warum Dinge nicht öffentlich sein müssen, wie es im Stadtrat das gibt. Deswegen muss man an der Stelle sicherlich ran.

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