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Transparenz: OB Scharpf muss vorangehen

Von Thomas Thöne

Mehr Transparenz im Stadtrat forderte dieser Tage die CSU-Stadtratsfraktion in einem Schreiben an den Ingolstädter Oberbürgermeister Christian Scharpf (SPD). Es werde zu viel „hinter den Kulissen“ beraten. „Die nichtöffentlichen Bereiche der Tagesordnung haben inzwischen ein Volumen erreicht, bei dem man davon sprechen muss, dass zu viele Themen vollkommen ohne öffentliche Wahrnehmung ablaufen“, machte die CSU deutlich.

Derartige Aussagen sind auch aus anderen politischen Gruppierungen zu hören. Hinzu käme, dass der Ältestenrat des Stadtrates mit einer stets „ellenlangen Tagesordnung“ mittlerweile „ein Schattenkabinett sei“. Dies „diene dazu, dass man mit möglichst viel Abstimmung im Vorfeld und einer Meinung in die öffentlichen Sitzungen gehe“, ist ebenfalls aus dem Stadtrat zu hören.

Weder die Bürgerschaft noch die Medien können prüfen, was richtiger- oder fälschlicherweise in der Nichtöffentlichkeit im Stadtrat und seinen Gremien beraten wird, da dies schlichtweg nicht bekannt ist. Es wird auch nicht transparent, welche Argumente bei dem Ringen nach der besten Lösung von wem angeführt werden.

Es bleibt also nur auf die „Selbstreinigungskraft“ des Stadtrates zu hoffen. Insofern ist der Vorstoß der CSU richtig und wichtig. Es bleibt zu hoffen, dass die Christsozialen ihren öffentlichen Vorstoß künftig auch zielorientiert verfolgen. Dazu gehört vor jeder Sitzung ein schriftlicher Antrag, Tagesordnungspunkte aus der nichtöffentlichen in die öffentliche Sitzung zu verlagern. Beratungen können auch in einen öffentlichen und nichtöffentlichen Teil gesplittet werden.

Es darf abermals darauf hingewiesen werden, dass Scharpf im letzten Oberbürgermeisterwahlkampf mit mehr Transparenz geworben hatte. Dies im Einklang mit der „vereinten Opposition“, die ihn in der Stichwahl unterstützte. Wer dies mittlerweile vergaß, sollte Wahlaussagen der Genannten im Internet nachlesen.

Es muss in Ingolstadt scheinbar immer wieder, wie bei einer tibetanischen Gebetsmühle, wiederholt werden: Stadtratsmitglieder haben einen Vertrauensvorschuss für die laufende Arbeitszeit bekommen. Daher hat die Wählerschaft einen Anspruch darauf, mitzubekommen, wie die Mandatsträger agieren. Das ist durch die Nichtöffentlichkeit von Sitzungen nicht möglich. Stadtratsmitglieder sind die Gewählten, nicht die Erwählten. Sie sind kommunale Mandatsträger auf Zeit und keine Geheimräte.

Gerade in einer Zeit, in der unsere Demokratie so fragil ist wie noch nie nach dem Zweiten Weltkrieg, ist es erforderlich, demokratische Prozesse öffentlich und transparent durchzuführen.

Es sei abermals erinnert an die Ergebnisse einer repräsentativen Befragung des Rheingold Instituts, die ein bedenkliches Licht auf die politische Stimmung in Deutschland warf, ein Alarmsignal – auch für die örtliche Kommunalpolitik.

Von einem Oberbürgermeister in Ingolstadt erwarte ich, dass er sich an die Spitze einer Transparenzoffensive bei Stadtrats- und Gremiensitzungen stellt und nicht, dass er über seine Pressestelle auf angebliche Angriffe der CSU reagiert, die eine Bitte nach mehr Öffentlichkeit in Sitzungen formulierte.

Vom Oberbürgermeister erwarte ich, dass dieser seine Verwaltung anweist, was nur immer vertretbar ist, in die öffentliche Sitzung aufzunehmen und bei nichtöffentlichen Beratungen zu prüfen, ob eine teilweise öffentliche Beratung möglich ist. So geht Transparenz!

Wer Transparenz bei kommunalpolitischen Entscheidungsprozessen und Entscheidungen verweigert, soll weder nach der nächsten Oberbürgermeisterwahl noch bei der Kommunalwahl über Politiker- und Politikverdrossenheit sowie gute Wahlergebnisse einer Ingolstädter Rechtsaußenpartei jammern.

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