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Klinikfusion: Die Katze kam nicht aus dem Sack

Von Thomas Thöne

Um es gleich am Anfang deutlich zu machen: Die bereits exorbitanten Defizite der kommunalen Kliniken und medizinischen Versorgungseinrichtungen in der Region sind durch den Steuerzahler nicht mehr zu tragen. Dabei geht es nicht um Gewinne, die die Häuser künftig erwirtschaften sollen, sondern um den finanziellen Fortbestand der medizinischen Einrichtungen zum Wohle der Bürger.

Die Kommunen sind nicht mehr in der Lage, diese Defizite zu übernehmen. Strukturänderungen in den medizinischen Einrichtungen der Kommunen sind längst überfällig. Wenn die desaströse Finanzsituation der kommunalen Gesundheitseinrichtungen in der Region etwas Gutes hat, dann ist es die Tatsache, dass die Landräte der betroffenen Häuser und der Ingolstädter Oberbürgermeister zur Zusammenarbeit gezwungen wurden. Jahrzehntelang hat eine Zusammenarbeit im gesundheitspolitischen Bereich in der Region entweder nicht stattgefunden oder nicht funktioniert.

„Es wird hartes Brot“, so äußerte sich jüngst der Eichstätter Landrat Alexander Anetsberger in einem Gespräch mit einem Redakteur. Gemeint war das Gutachten zur Zukunft der Krankenhauslandschaft in der Region 10. Dieses „harte Brot“ bekamen die Medienvertreter bei der gestrigen Pressekonferenz zur Vorstellung des Gutachtens auch auf Nachfrage nicht zu sehen.

Man fühlt sich an eine denkwürdige Pressekonferenz des ehemaligen Bundesinnenministers Lothar de Maizière aus dem Jahr 2015 erinnert, der nach der sehr kurzfristigen Absage eines Fußballspiels Deutschland gegen die Niederlande meinte, Teile der Antwort würden „die Bevölkerung verunsichern“.

Welche medizinischen Leistungen in welchen Krankenhäusern künftig nicht mehr angeboten werden, also welche Bereiche und Abteilungen geschlossen werden, erfuhren die Medienvertreter auch auf Nachfrage nicht. Auskünfte darüber, wo die Leistungen nach der Schließung dieser medizinischen Fachgebiete erbracht werden soll, gab es ebenfalls nicht. Ebenso wenig wurden Zahlen genannt, wie viele Millionen Euro notwendig sind, um die nötigen Strukturen zu schaffen und Investitionen zu tätigen, damit das Gutachten mit Erfolg umgesetzt werden kann. Die Frage nach der künftigen Bezahlung der Mitarbeitenden im neuen Konzern spielte auf der Pressekonferenz ebenso keine Rolle wie die der Rechtsform des neuen Unternehmens.

Warum den Medienvertretern der Zugang zu einer Informationsveranstaltung für die Kreisräte der Region, die Stadträte der Stadt Ingolstadt und weitere geladene Gäste verwehrt wurde, wird deutlich, wenn man betrachtet, dass bei dieser Zusammenkunft, die keine Sitzung nach der Bayerischen Gemeindeordnung war, sehr wohl Zahlen genannt wurden. Die nötigen Investitionen in Millionenhöhe, zwischen 53,6 und 117,2 Millionen Euro, wurden den Anwesenden aufgezeigt. Ferner wurde als sogenannte Zielentwicklung dargestellt, welche medizinischen Versorgungen in welchen Kliniken künftig nicht mehr erbracht werden sollen und wo diese, aus Gutachtersicht, künftig erbracht werden. Den Anwesenden wurden sogar sogenannte Patientenströme präsentiert.

An dieser Stelle muss die Frage gestellt werden, warum diese Informationen nicht auch in der Pressekonferenz gegeben wurden, um die Öffentlichkeit entsprechend zu informieren? Schließlich wurde das, nach Angaben aus der Politik, mindestens 700.000 Euro teurere Gutachten aus Steuermitteln bezahlt.

Dem schließt sich gleich die Fragestellung an, von wem wurden die Landräte und Oberbürgermeister in der Öffentlichkeits- und Medienarbeit beraten, dass sie einen derartigen Weg wählten – oder waren diese etwa beratungsresistent? Als vertrauensbildende Maßnahme, auch Richtung Bevölkerung, kann das Agieren nicht bezeichnet werden.

Den Verantwortlichen sei ein Blick in den Leitfaden Krisenkommunikation des Bundesinnenministeriums angeraten, da es ja deren Ziel sein muss, Bürgerreaktionen wie bei der Krankenhausschließung in Tirschenreuth gar nicht erst aufkommen zu lassen. Dort ist zu lesen, dass aktiv und frühzeitig, sachlich, transparent und wahr informiert werden muss. In puncto Risikokommunikation heißt es „Offenheit bildet eine unverzichtbare Grundlage für eine gute Risikokommunikation wie auch für die Reputation einer Behörde oder eines Unternehmens“. „In engem Zusammenhang mit Offenheit steht Transparenz“. Informationsvermittlung muss vertrauens- und glaubwürdig erfolgen, ist dort zu lesen. „Der Bürger ist ein gleichberechtigter Interessenspartner“.

Gute Kommunikation entscheidet auch, ob der von den Landräten und dem Oberbürgermeister angestoßene Prozess zum Erfolg führt. Hier ist derzeit deutlich Luft nach oben. Der Leiter des Presseamtes der Stadt Ingolstadt könnte, als ehemaliger Journalist eines regionalen Fernsehsenders, sicher Tipps im Umgang mit Medienvertretern geben sowie deren Erwartungen und der ehemalige Pressesprecher des Landratsamtes Pfaffenhofen weiß, wie transparente Pressearbeit funktioniert, da er dies schon unter Beweis gestellt hat. Der Gutachter der Firma PricewaterhouseCoopers GmbH könnte gegen entsprechende Bezahlung sicher auch Hilfestellung in Richtung guter Kommunikation geben, ferner gibt es spezialisierte große Agenturen.

Gute Kommunikation würde auch bedeuten, das Gutachten der Öffentlichkeit vollumfänglich zugänglich zu machen.

Im Hinblick auf den Eingangssatz, dass kein Weg daran vorbeiführt, dass die Krankenhäuser in der Region enger und besser zusammenarbeiten, bleibt zu hoffen, dass durch mangelhafte Kommunikation nicht schon jetzt unnötige Steine auf dem Weg dazu gelegt wurden.

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